Apotheker: Wenig Sparpotenzial bei Medikamenten

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Nicht von einer Dauerkrise im Gesundheitswesen, sondern von einer "andauernden Phase der Weiterentwicklung", sprach der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Heinrich Burggasser, im Rahmen der Alpbacher Gesundheitsgespräche gegenüber der APA. Bei Arzneimitteln sieht er einen immer geringeren Spielraum um Kosten einzusparen.

Die österreichische Ärzteschaft will vor allem mit gedämpften Honorarabschlüssen und eventuell mit strukturellen Änderungen im niedergelassenen Bereich ihren Beitrag zur Sanierung der Krankenkassen versprochen bzw. teilweise bereits geleistet haben. Die Pharma-Industrie meint, zum Teil allerdings über den in jedem Fall erfolgenden Ablauf von Patentfristen von Originalpräparaten, gar eine Mrd. Euro bis zum Jahr 2013 beizusteuern.

Und die österreichischen Apotheker? Burggasser: "Im Frühjahr 2008 wurde ein neues Sanierungskonzept der Apothekerschaft mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger vereinbart. Wir leisten einen Solidarbeitrag von 24 Mio. Euro."

Die Vereinbarung läuft bis einschließlich kommendes Jahr, Ende 2008 wurde die erste Tranche an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger überwiesen. Der Kammerpräsident: "Darüber hinaus gibt es sehr, sehr korrekte Gespräche mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger. In diesen ersten Gesprächen geht es darum, was man für die Zeit nach 2010 auf die Beine stellen kann."

Bei den Arzneimitteln werde - so Burggasser - der Spielraum für zusätzliche Kostendämpfungsmaßnahmen allerdings immer geringer: "Ich kann Zahlen, wonach man noch hunderte Millionen Euro bei den Arzneimitteln einsparen könnte, nicht nachvollziehen. Für das Jahr 2009 war eine Steigerung der Arzneimittelausgaben von rund sechs Prozent eingeplant. Bisher sind es etwas über ein Prozent. Die österreichischen Apotheker machen ganz klar nur drei Prozent der Ausgaben der Krankenversicherungen aus." Da wäre nicht mehr viel drin.

Insgesamt sollte man die erreichten Kostendämpfungen bei den Arzneimitteln in Österreich von Seiten der Zahler eher als Positivum bewerten. Burggasser: "Die Arzneimittelpreise sind unter dem EU-Durchschnittsniveau, weil der Hauptverband der Sozialversicherugnsträger so gut verhandelt. Der Hauptverband ist ein exzellenter Verhandler mit der (Pharma-)Industrie. Das ist der Grund dafür, dass wir ein so niedriges Preisniveau haben."

Pharma-Manager: Ökonomische Verschreibung o.k.

Auch die Pharmainsustrie betrachtet die Sparpotenziale als erschöpft. Erst vor wenigen Tagen hat die Vereinigung der Pharmazeutischen Unternehmen (Pharmig) erklärt, dass sie keine weiteren Einsparungsmaßnahmen bei Arzneimitteln mehr sehe. Die Pharmig ist der Organisator der Alpbacher Gesundheitsgespräche.

Ein differenziertes Bild zu der Situation zeichnete nun Berthold Cvach, Österreich-Chef des Pharmakonzerns Astellas, aus Anlass der Tagung gegenüber der APA: "Ich habe nichts gegen eine ökonomische Verordnung von Arzneimitteln. Wo das Problem beginnt, ist, dass Krankenkassen und Ärztekammer vereinbaren, was die Industrie zu leisten hat."

Cvach, von der Ausbildung her Apotheker und seit vielen Jahren in der Pharmaindustrie tätig, sieht die Sparbemühungen durch das Konzept, das der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer erstellt haben, pragmatisch: "Wenn der Hauptverband und die Ärztekammer über die ökonomische Verordnung von Arzneimitteln sprechen, habe ich nichts zu sagen. Die sollte es allerdings schon längst geben. Es ist schon klar, dass man bei vergleichbaren therapeutischen Mitteln das günstigste wählen sollte." Daran könnten sich die Ärzte ja relativ leicht halten.

Dass in Österreich durch mehr Generika-Verschreibungen noch sehr viel einzusparen wäre, bezweifelt der Pharma-Manager allerdings: "Wir hatten im März dieses Jahres vor den verordneten Arzneimittelpackungen bereits rund 30 Prozent Generika. Dieser Anteil ist schon relativ groß."

Freilich, das Kassensanierungspaket hinterließe in der Pharmabranche allerdings einen herben Nachgeschmack. Cvach: "Wo ich das Problem sehe? Dass Krankenkassen und Ärztekammer vereinbaren, was die Industrie noch leisten soll. Das ist eine Abmachung zulasten Dritter." Wie man beispielsweise Maßnahmen wie die Beschränkung von Marketingausgaben oder deren Kopplung an die Forschungsinvestitionen ergreifen wolle, sei völlig unklar.

"Niedrigste Preise in Euroa"

In den Diskussionen werde - aus Mangel einer Gesamtsicht des Gesundheitswesens über die Krankenhäuser und den niedergelassenen Bereich samt den volkswirtschaftlichen Konsequenzen von Krankheit - der Nutzen von Arzneimitteln oft übersehen. Der Manager. "Wir haben ziemlich die niedrigsten Preise in Europa. Wenn man bei Medikamenten spart und dafür Krankenhaustage verursacht, ist das wohl nicht wirtschaftlich. Nehmen wir das Beispiel der sogenannten Protonenpumpen-Hemmer (gegen Gastritis und Magengeschwüre, Anm.). Hier wird kritisiert, dass sie so oft verschrieben werden. Aber kein Mensch hat je ausgerechnet, wie viele Ulkus-Operationen man sich mit diesen Arzneimitteln erspart." Astellas stellt solche Produkte nicht her.

Stattdessen würden Innovationen oft erst spät in der Kassenmedizin ankommen. Cvach: "Wir haben ein Mittel gegen Harninkontinenz. Es ist in Europa überall Marktführer. Damit sind binnen zwölf Wochen 50 bis 60 Prozent der Patienten 'trocken'. In Österreich darf das Medikament auf Kassenkosten aber erst in dritter Wahl verschrieben werden (nach zwei Versuchen mit anderen, billigeren Arzneimitteln, Anm.). Dabei haben wir in Europa für dieses Präparat mit Spanien den niedrigsten Preis. Und die Einlagen für die Patienten, wenn eine andere Therapie nicht wirkt, kosten auch etwas."

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