In Österreich geht fast jeder zweite (42 Prozent) Beschäftigte in die Arbeit, obwohl er krank ist, ergab eine Studie des Instituts für Empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich (AKOÖ).
Im Schnitt sind die heimischen Arbeitnehmer im vergangenen halben Jahr neun Tage trotz gesundheitlicher Beschwerden arbeiten gegangen. Frauen (43 Prozent) tun dies etwas häufiger als Männer (40 Prozent). Nach Branchen sind es besonders Arbeitnehmer im Gesundheitswesen (59 Prozent), im Verkehr und Transportwesen (51 Prozent) und im Handel (50 Prozent), die trotz Krankheit arbeiten gehen, sagte Reinhard Raml vom IFES am Montag vor Journalisten.
Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der rund 7.800 Befragten begründeten ihre Entscheidung mit dem Pflichtgefühl gegenüber ihren Kollegen. 37 Prozent meinten, es wäre sonst Arbeit liegen geblieben und 31 Prozent hatten schlichtweg keine Vertretung. Immerhin 14 Prozent sind aus Angst vor Konsequenzen trotz Krankheit zur Arbeit gegangen. Besonders hoch ist die Angst vor dem Jobverlust unter Arbeitern (33 Prozent), während unter den Angestellten nur 7 Prozent Angst vor negativen Konsequenzen eines Krankenstandes haben.
Besonders häufig gehen die Befragten krank in die Arbeit, wenn sie kein gutes Verhältnis zu den Vorgesetzten haben (58 Prozent), allgemein eine niedrig qualifizierte, einseitige Tätigkeit ausüben (57 Prozent) oder unter Zeitdruck stehen (52 Prozent).
Kalliauer: "Chef kann die Gesundheit gefährden"
Personen, die Probleme mit ihrem Chef oder mit Arbeitskollegen haben bzw. durch Zeitdruck belastet sind, haben häufiger gesundheitliche Probleme. "Der Chef kann die Gesundheit gefährden", glaubt der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer. 36 Prozent der Befragten, die Probleme mit ihrem Vorgesetzten haben, leiden an zu hohem Blutdruck, 40 Prozent an Verdauungsbeschwerden und 78 Prozent an Kreuzschmerzen. Zum Vergleich: Unter den Menschen, die keine Probleme mit ihrem Chef haben, leiden laut Studie nur 16 Prozent an zu hohem Blutdruck, 26 Prozent an Verdauungsbeschwerden und 55 Prozent an Kreuzschmerzen.
Auch wenn immer mehr Unternehmen auf das Thema Gesundheit setzen und vom Fitness-Center bis zum Obstkorb alles vorhanden sei, seien Arbeitszufriedenheit, -organisation und -klima viel entscheidender, so Kalliauer. Konflikte mit dem Boss oder Mobbing durch Kollegen seien gesundheitsgefährdend. Wer trotz Krankheit in die Arbeit geht, tut seinem Chef in der Regel keinen gefallen, weil die Arbeitsleistung leidet. Die befragten Arbeitnehmer, die sich trotz Krankheit in die Arbeit schleppten, fühlten sich unkonzentriert und nicht leistungsfähig - davon haben weder Chef, noch Kollegen, noch der Arbeitnehmer selbst was.