Trotz Verletzung ist Veith bei der kommenden Saison am Start
Veith Ein halbes Jahr nach ihrer schweren Knieverletzung ist es fix: Veith will kommende Saison am Start sein. Im neuen gesund&fit sprach der Ski-Star über seinen großen Kraftakt.
In deinem Knie ist eigentlich alles hin“, das waren die Worte des Kniespezialisten Dr. Christian Hoser, nachdem Anna (damals noch) Fenninger (26) nach ihrem Trainingssturz im Oktober in der Privatklinik Hochrum aus dem MR kam. Das Kreuzband im rechten Knie war gerissen, ebenso das Seitenband und – besonders fatal – die Patellasehne. Die Schwere der Knieverletzung bedeutet im Normalfall das sofortige Aus für jede Sportlerkarriere. „In diesem Moment“, so der Ski-Star, „konnte ich mir nicht vorstellen, wie ich je wieder Ski fahren sollte.“
Das Comeback-Wunder
Gute sechs Monate später denkt die Salzburgerin nun sogar daran, bald wieder ganz vorne mitzufahren. Eine erfolgreiche OP, eiserner Wille und hochprofessionelle Betreuung machen das fast Unmögliche möglich. In Wien (im Rahmen einer Präsentation ihres Sponsors Under Armour) gab Veith – kurz nach ihren Flitterwochen mit Ehemann Manuel Veith (30) – offiziell bekannt, dass Sie in der Ski-Saison 2016/ 17 wieder am Start stehen möchte. gesund&fit-Chefredakteurin Nina Fischer traf die zweifache Weltcupsiegerin zum großen Interview über die aufreibende Reha, ihre Motivation, ihre Hoffnungen und ihr großes Glück.
Ihre Knieverletzung, die Sie sich letzten Oktober zugezogen haben, kann man als Kapitalschaden bezeichnen, der normalerweise das Karriereende bedeutet. Wie haben Sie den Moment der Diagnose erlebt?
Anna Veith: Als „Patellasehnenriss“ fiel, dachte ich mir: „Das wird nichts mehr!“ Mein behandelnder Arzt Dr. Hoser war aber so cool und hat mir genau erklärt, wie er operieren wird und was noch alles möglich sein könnte. Nach der OP, als der Arzt sagte, dass alles gut verlaufen ist – sogar besser, als er gedacht hätte –, da war für mich klar: Die Basis ist gelegt. Ich kann es schaffen und ich will es schaffen. Das war ein Wendepunkt.
Gab es einen Punkt während der Reha, an dem Sie aufgeben wollten?
Veith: Ich konnte mir nach der OP gar nicht vorstellen, wie hart das alles werden würde. Das war aber auch gut so, das hat mich vor negativen Gedanken geschützt.
Im Vergleich zu vor der Verletzung: Wie fit sind Sie bereits?
Veith: Schwer einzuschätzen. Ich konnte mir am Anfang der Reha vor sechs Monaten nicht vorstellen, dass ich heute da stehe, wo ich stehe. Ich habe ein gutes Gefühl. Die Bänder sind gut verheilt, das Knie ist stabil. Sie müssen es sich jedoch so vorstellen: Durch die Durchtrennung der Patellasehne wurde die Verbindung zwischen Schienbein und Oberschenkelmuskulatur unterbrochen. Die Information, die die Sehne dem Oberschenkel gibt, also den Reiz, den der Muskel braucht, der ist noch nicht wirklich so, wie er sein sollte. Deswegen kann der Oberschenkel die Information nicht richtig aufnehmen und deswegen wächst der Muskel nicht. Von dem her bin ich – die Kraftverfügung im rechten Bein betreffend – noch nicht die Alte. In den nächsten sechs Monaten kommt die Phase, in der die Informationsweiterleitung stetig besser werden soll. Es wird nun richtig harte Arbeit werden, den Muskel aufzubauen. Ich tue mir schwer zu sagen, wie lange es dauern wird, bis ich die volle Kraft hab.
Wann werden Sie auf Schnee stehen?
Veith: August war immer das grobe Ziel. Wenn es so gut wie bisher weiterläuft, sogar ein bisschen früher. Dann wird einfach mal frei – ohne Tore – Ski gefahren, um wieder ein Gefühl aufzubauen. Aber ich gebe mir Zeit, die Gesundheit ist am wichtigsten.
Haben Sie eigentlich Schmerzen?
Veith: (lacht) Was ist Schmerz? Eine gute Frage. Als Sportler gibt es nie wirklich Tage, an denen man sagen kann: Ich habe keine Schmerzen. Im besten Fall spürt man nur den Muskelkater. Beim Knie ist es so: Ich gehe bis kurz vor meinen Schmerzpunkt. Also ich spür: Da ist die Grenze. Dann lass ich’s. Also habe ich im Moment keine Schmerzen.
Haben Sie Angst, das Knie könnte beim Skifahren nicht halten?
Veith: Nein, bevor ich den Schritt auf Schnee mache, weiß ich, dass es zu 100 Prozent passt. Man fängt ja auch nicht mit dem schnellsten Ski der Welt an.
Wie sieht im Moment Ihr Tag aus?
Veith: Über den Winter war ich viel am Ergometer, da so die Kraftentfaltung vom Oberschenkel sehr gut zu steuern ist. Aber natürlich gebe ich auch Vollgas in der Kraftkammer. Ich trainiere etwa sechs Stunden täglich. Das Training unterscheidet sich nun kaum noch von der herkömmlichen Vorbereitungsphase. Statt 100 Kilo stemme ich jedoch nur 30.
Was motiviert Sie?
Veith: Die Erinnerung an das Gefühl, das ich spüre, wenn ich Ski fahre, und an den Jubel der Menschen, wenn ich vorne bin.
Muss Ihr Konditrainer Peter Meliessnig Ihnen auch mal in den Hintern treten?
Veith: (lacht) Natürlich. Das ist normal. Man braucht jemanden, der einem hilft, über die Grenzen zu gehen. Ich erinnere mich an den ersten Tag ohne Krücken. Ich wusste nicht, wie ich mein Bein belasten sollte. Ich musste das Gehen neu lernen. Da braucht man einen Schubser vom Trainer.
Sie haben im April geheiratet. Wird Ihr Mann künftig eine Rolle in Ihrem Betreuerteam spielen?
Veith: Er ist mein Mann und daher sehr intensiv an meinem Leben beteiligt. Er war selbst Sportler und weiß daher genau, worum es geht. Er hat mich seit jeher zu 100 Prozent unterstützt. Von dem her ist er Teil des Teams. Er ist für mich einer der Wichtigsten, wenn nicht DER Wichtigste im Team. Er ist mein Mann, meine bessere Hälfte. Das sagt das meiste aus.
Bald stehen Sie wieder auf Skiern, worauf freuen Sie sich am meisten?
Veith: Der erste Tag auf Skiern, das erste Mal im Starthaus … das wird sehr emotional werden. Weil ich vor Kurzem noch so weit weg davon war, jemals wieder Ski zu fahren.