Den genetischen Code eines auch für die Medizin höchst interessanten Tieres hat ein internationales Wissenschafterteam mit Beteiligung der Unis Innsbruck und Wien aufgeschlüsselt und in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht. Der Süßwasserpolyp - Hydra - ist mit seinen nun ermittelten rund 20.000 Genen annähernd so komplex wie der Mensch.
Was man an den kleinen Hohltieren beneiden könnte: Sie können ewig leben und bekommen keinen Krebs. Überraschendes Ergebnis: 57 Prozent der Erbsubstanz kommen ursprünglich von Viren, erklärte Bert Hobmayer vom Institut für Zoologie der Uni Innsruck gegenüber der APA.
Die Regenerationsfähigkeit der bis zu einigen Millimeter großen Süßwasserpolypen beschäftigt und fasziniert die Wissenschaft schon seit langem. So kann man die Tiere zerstückeln und zerhacken - solange einige Zellen unversehrt bleiben, finden diese wieder zu einander und bilden eine neue Hydra. Die Regenerationsfähigkeit ist den laufend frisch gebildeten Stammzellen zu verdanken und diese sind letztendlich auch dafür verantwortlich, dass die Tiere nicht altern. Selbst Nervenzellen regenerieren und verjüngen sich.
Dabei gehören die Süßwasserpolypen zu den ältesten und einfachsten vielzelligen Organismen überhaupt. Die sogenannten Nesseltiere, die im Prinzip nur aus zwei Zellschichten bestehen, besiedeln seit rund 600 Millionen Jahre den Planeten. Die meisten leben als frei schwimmende Quallen oder auch fest sitzende Polypen zum Großteil im Meer, ein kleiner Teil eroberte wie Hydra das Süßwasser.
Durch die Einfachheit ihrer Organisation - sie besitzen beispielsweise keine Gehirn - sind die Süßwasserpolypen beliebte Modellorganismen in der Wissenschaft geworden. Dabei werden grundlegende und vielfach allgemeingültige Mechanismen des Lebens studiert. Bei der Aufschlüsselung des Hydra-Genoms, an der auch zwei Forschergruppen des Biozentrums Althanstraße der Universität Wien beteiligt waren, zeigte sich, dass 57 Prozent aus sich wiederholenden Abschnitten bestehen, die ursprünglich von Viren stammen.
Virenreste im Erbgut
Durch genaue Vergleiche konnten sogar die Angriffe der Viren in der Vergangenheit nachvollzogen werden, sie erfolgten in drei Wellen. Die effektiven Immunsysteme der Tiere konnten die Viren zwar unschädlich machen, doch die Reste sind immer noch im Erbgut. Auch auf der menschlichen DNA finden sich zahlreiche Relikte von Viren-Erbgut.
Es zeigten sich aber auch Gene innerhalb des Genoms von Hydra, deren Ursprung in Bakterien vermutet wird. Welche Einflüsse die fremden Abschnitte auf die Biologie der Süßwasserpolypen hatten und haben, soll nun weiter untersucht werden.
Nachdem die Tiere zu den ältesten vielzelligen Organismen zählen, stehen auch die Kontaktstellen zwischen den Zellen im Mittelpunkt der Forschungen. Es soll geklärt werden, wie erstmals in der Entwicklung des Lebens Kanäle zwischen Zellen entstanden und über diese kommuniziert wurde. Die Gene, welche für den Bau dieser Kanäle verantwortlich sind, konnten bereits aufgespürt werden.