Thriller im Kopf
Das hilft gegen Albträume
14.07.2014
Albträume sind beängstigend, können aber gebändigt werden.
Es ist wieder einmal später geworden. Susanne tritt aus dem Büro, überquert den Parkplatz und steuert zielstrebig auf ihr Auto zu. Ihre Schritte hallen durch die Dunkelheit, sie meint, schemenhaft Schatten wahrzunehmen. Plötzlich ist da dieses Prickeln im Nacken, eilig kramt sie nach ihrem Autoschlüssel. Sie spürt Blicke auf sich, fühlt sich beobachtet. Sie geht schneller, läuft beinahe. Als Susanne vor ihrem Auto steht, wird sie von hinten gepackt. Noch bevor sie schreien kann, wacht sie schweißgebadet aus ihrem wiederkehrenden Albtraum auf.
Susanne ist keine Ausnahme
Studien zufolge sind rund fünf Prozent der erwachsenen Österreicher regelmäßig Hauptdarsteller eines Horrofilms im eigenen Kopf. Albträume sind zwar nicht gefährlich, können aber unsere Stimmung tagsüber stark beeinflussen und durch Schlafmangel zu Leistungsabfall und Stress führen. Manchmal lohnt es sich also, bei Albträumen etwas mehr zu tun, als einen Traumfänger zu montieren.
Lebenselixier Schlaf
Jeder Mensch verbringt rund ein Drittel seines Lebens schlafend. Diese Zeit dient der körperlichen Regeneration, dem Aufbau des Immunsystems und der Zellen. Ausgeschlafene Menschen wirken außerdem nicht nur attraktiver, sondern haben auch weniger Heißhunger und sind weniger anfällig für Entzündungen, Stress oder Stoffwechselstörungen. Wie viel Schlaf wir benötigen, um ausgeschlafen zu sein, ist individuell höchst unterschiedlich und genetisch festgelegt. Eine Schlafdauer von viereinhalb bis zehn Stunden gilt bei gesunden Erwachsenen als normal, bis zu zwei Stunden davon verbringen wir pro Nacht in unserer Traumwelt.
Nächtliches Kopfkino
Warum der Mensch träumt, gilt bisher noch nicht als restlos geklärt. In der Wissenschaftsliteratur finden sich unterschiedlichste Erklärungsmodelle für die Funktion des Träumens; feststeht, dass Träume, die in der REM-Schlaf-Phase stattfinden, besonders intensiv erlebt und meist gut erinnert werden.
Ist das Traumerleben geprägt von Angst und Furcht und mit einer Steigerung oder Schwankung der Herz- und Atemfrequenz verbunden, spricht man von einem Albtraum. Häufige Inhalte sind eine massive Bedrohung des Lebens, der Sicherheit oder des Selbstwertes.
Botschafter Albtraum
Die Psychotherapeutin Dr. Brigitte Holzinger, die sich beruflich den Bereichen Schlaf und Traum widmet, weiß: „Der Traum und der Albtraum spiegeln uns, wie es uns gerade geht – körperlich, geistig und seelisch.“
Einen möglichen Erklärungsansatz für die Funktion von Albträumen bietet die „Bedrohungssimulationstheorie“. Sie geht davon aus, dass wir im Traum immer wieder durchspielen müssen, was uns Angst macht, da uns diese Angst vor tatsächlichen Bedrohungen warnt und uns dieses „Trockentraining“ erlaubt, tagsüber mit der tatsächlichen Bedrohung besser zurechtzukommen. Demnach üben wir im Schlaf also den Umgang mit unseren Ängsten.
Es sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen Menschen im Schlaf außerdem auf eine körperliche Erkrankung hingewiesen wurden oder ihnen sogar ein möglicher Genesungsweg aufgezeigt wurde.
„Träume als Heilhelfer sind für Skeptiker sicherlich so etwas wie unzulässiger Unfug. Aber dennoch gibt es sehr eindrucksvolle Beispiele dafür“, so Dr. Holzinger.
Eine Sonderstellung nehmen sogenannte „Alertträume“ ein. Sie verlangen vom Träumenden besondere Aufmerksamkeit und können Hinweise darauf geben, wie sich der Betreffende in einer Situation entscheiden oder wie er handeln soll.
Hinzusehen lohnt sich
Obwohl sich die Menschheit seit jeher mit Albträumen beschäftigt, handelt es sich immer noch um ein Phänomen mit vielen offenen Fragen, um das sich viele Mythen ranken. Sicher ist: (Alb-)Träume gehören ebenso zu unserem Leben wie der tägliche Schlaf. Manchmal handelt es sich dabei aber wohl um mehr als nur eine Bilderflut im schlafenden Gehirn und verdient unsere Aufmerksamkeit.
Buchtipp: Dr. Brigitte Holzinger: Albträume. Was sie uns sagen und wie wir sie verändern können, Nymphenburger Verlag um 19,99 Euro.