Testverfahren im Fokus

Dem Coronavirus auf der Spur

03.06.2020

Bereits seit Beginn der „Corona-Krise“ stehen Testungen im Fokus der Wissenschaft. Lesen Sie über wichtige Unterschiede und die neue „Gurgel-Methode“.

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Zahlen über Zahlen: Ob Reproduktionsfaktor, Neuerkrankungen, Genesene, Verstorbene oder Dunkelziffer, die globale Berichterstattung rund um die Corona-Pandemie ist eng mit ihnen verwoben. Fallzahlen sind ein enorm wichtiger Indikator dafür, wie sich das Coronavirus überall auf der Welt verbreitet, wo die Neuerkrankungen noch immer rasch ansteigen und wo das Schlimmste überstanden scheint. Das wichtigste Mittel, um diese so wichtigen Zahlen zu erheben, sind intensive Testungen. Es ist jedoch nicht nur ein Test alleine, der diese Analysearbeit vollbringen kann. Ebenso ist es nicht alleine die Zahl der Neuerkrankungen, die eine Basis für wichtige Prognosen darstellt.

Erbgut oder Antikörper?

Es kommen zwei grundlegend verschiedene Testprinzipien zum Einsatz: PCR- und Antikörpertests. Sie weisen unterschiedliche Stadien einer potenziellen SARS-CoV-2-Infektion nach. PCR-Tests können ausschließlich eine aktive Infektion nachweisen. Dazu wird ein Rachen– und Nasenabstrich entnommen. Im Labor wird das in der Probe enthaltene Genmaterial vermehrt, um Erbgut des Coronavirus sichtbar zu machen. Ist dieses zum Testzeitpunkt vorhanden, ist das Ergebnis positiv. Die Auswertungszeit ist in höchstem Maß von der Laborkapazität abhängig (Im optimalsten Fall dauert der Prozess im Labor 90 Minuten). PCR-Tests sind also ideal, um aktive Infektionen zu erkennen. Jedoch können sie nichts darüber aussagen, ob eine Testperson eine Infektion womöglich bereits überstanden hat – aufgrund der oftmals nur milden oder ganz ausbleibenden Symptomatik eine sehr reale Möglichkeit. Hier kommen die Antikörper-Tests ins Spiel, die auf Basis einer Blutprobe funktionieren: Im Blut lässt sich nachweisen, ob eine Testperson bereits eine Immunreaktion auf das Virus durchlebt und in Folge Antikörper gebildet hat. Diese Werte geben etwa wichtige Aufschlüsse darüber, wie die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung stattgefunden hat. Entsprechend großflächige Testungen in der schwedischen Hauptstadt etwa konnten darlegen, dass mit Stand Ende April bereits jeder fünfte Stockholmer Antikörper in sich trug, also eine Infektion hinter sich hatte. Da die Bildung von Antikörpern einige Wochen dauert, könnte die Zahl mittlerweile deutlich höher sein.

Vereinfachungen durch „Gurgeltest“

Auch innerhalb der beiden Test-Gattungen etablieren sich nach und nach neue Möglichkeiten. Eine dieser noch recht jungen Methoden, um Coronaviren nachzuweisen, ist der sogenannte „Gurgeltest“. Er gehört der Riege der PCR-Tests an und ist somit geeignet, um eine aktive Infektion nachzuweisen. Sein großer Vorteil ist die vereinfachte Entnahme der Probe. Anstatt des unangenehmen und nur durch geschultes Personal durchführbaren Nasen-Rachen-Abstrichs, wie er dem herkömmlichen PCR-Test vorausgeht, reicht für die neue Methode einfaches Gurgeln: Rund eine Minuten lang muss mit einer speziellen Salzlösung gegurgelt werden, um eine adäquate Probe zu erhalten. In mehreren Versuchen haben Forscher der „Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative“ (VCDI) – einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten – bisher „keinen Nachteil“ gegenüber dem Nasen-Rachen-Abstrich entdeckt, wie der Molekularbiologe Prof. DDr. h. c. Michael Wagner im Gespräch mit der APA erklärte. Aufgrund der unkomplizierten Durchführung könnten die Proben eigenständig zu Hause gewonnen und dann zur Auswertung ins Labor weitergeleitet werden. Denkbar wären laut Prof. Wagner etwa öffentlich zugängliche Sammelstellen für Proben. Bei der Gewinnung gilt jedoch erhöhte Vorsicht: Beim Gurgeln können infektiöse Tröpfchen in der Luft verbreitet werden. Darum sollte, so der Rat des Experten, die Probenentnahme möglichst alleine und/oder im Freien erfolgen.

Die Testverfahren
Herkömmlicher PCR-Test

Standard Das bisher hauptsächlich angewandte Testverfahren, das aktive SARS-CoV-2-Infektionen nachweist, basiert auf einer Probe, die mittels Rachen-Nasen-Abstrichs entnommen wird. Unter Anwendung einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wird im Labor das enthaltene Genmaterial aus der Probe vermehrt, um nach Erbgut des Coronavirus SARS-CoV-2 zu suchen. Wird entsprechende Erbinformation gefunden, so besteht zum Testzeitpunkt eine aktive Infektion. (PCR-Tests können nichts über womöglich bereits zurückliegende Infektionen aussagen!) Je nach Laborkapazität kann die Auswertung ein paar Stunden bis ein paar Tage dauern.

„Gurgeltest“

Unkompliziert Der noch neue Gurgeltest ist eine Form des PCR-Tests, er kann also ebenfalls nur aktive Infektionen nachweisen. Der Vorteil ist die simplifizierte Probenentnahme: Mittels einminütigen Gurgelns mit einer Lösung kann eine Probe gewonnen werden. Anhand der darin enthaltenen Rachenflüssigkeit kann eine Infektion nachgewiesen oder ausgeschlossen werden.

Antikörper-Bluttest

Protein Antikörper-Tests beruhen auf dem Prinzip, jene Immunreaktion im Blut (= Bildung von Antikörpern) nachzuweisen, die (normalerweise) nach der Infektion mit einem neuen Erreger entsteht. Bei Schnelltests ist das Funktionsprinzip Folgendes: Auf einer Membran ist ein bestimmtes Protein oder ein Bestandteil des Proteins aufgebracht, an dem spezifische Antikörper andocken. Blutserum – bei Schnelltests soll ein Tropfen aus dem Finger reichen – wird auf diese Membran aufgebracht. Sind Antikörper vorhanden, binden sie an dem Protein. Eine hinzugefügte Farbmarkierung lässt einen positiven Antikörper-Nachweis leicht auslesen. Ein solcher Schnelltest ermöglicht ein Ergebnis binnen weniger Minuten.

 

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