Kneippen für Hartgesottene

Eisbad-Enthusiasten feiern gerade Hauptsaison

12.01.2017

Das frostige Eisbad stärkt das Immunsystem und verbessert die Durchblutung.

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Während ein großer Teil der Österreicher angesichts der arktischen Temperaturen die gut beheizten Räume nur sehr ungern verlässt, feiern Eisbad-Enthusiasten gerade ihre Hauptsaison. In Wien triff sich etwa eine stetig wachsende Gruppe junger Leute, um gemeinsam in die teilweise zugefrorenen Gewässer im Umland einzutauchen. "Es ist so etwas wie Kneippen für Hartgesottene", sagte Matthias Berger.

Argumente gegen das Warmduschen

Für den durchschnittlichen "Warmduscher" drängt sich natürlich vor allem eine Frage auf: "Warum bitte tut man sich das an?" "Wir wollen uns sowohl körperlich als auch mental stärken", erklärte Berger der APA - kurz bevor er gemeinsam mit seinen fünf Mitstreitern in einem Eisloch im Windradlteich in Niederösterreich verschwand. Tatsächlich gibt es auch Untersuchungen, die bescheinigen, dass sich der regelmäßige - wenn auch nicht zwingend so intensive - Kontakt mit kaltem Wasser positiv auf Körper und Geist auswirken. So wird etwa nachweislich das Immunsystem gestärkt und somit die Infektanfälligkeit gesenkt. Die Venen werden ebenfalls trainiert und somit die Durchblutung verbessert. Auch Angststörungen, Depressionen und Schlaflosigkeit können zumindest gelindert werden.

"Für ungeübte Personen kann das gefährlich sein"

Dennoch rät Berger davon ab, sich kurzerhand in den nächsten gefrorenen See zu stürzen. "Für ungeübte Personen kann das gefährlich sein", unterstrich er. Berger unterrichtet gemeinsam mit Dominik Graef eine Methode, die auf den niederländischen Fitnessguru und Extremsportler Wim Hof zurück geht. Um den Körper auf das Eisbaden vorzubereiten, werden dabei über mehrere Wochen hinweg Wechselduschen praktiziert - bis die Teilnehmer schließlich problemlos mehrere Minuten unter der kalten Dusche ausharren können. Gleichzeitig lernen sie eine spezielle Atemtechnik, mit der der Körper durch gesteuertes Hyperventilieren länger warm gehalten werden kann.

"The Iceman" machte Eisbaden zum Fitnesstrend

Dem charismatischen Wim Hof aka "The Iceman" und seiner zunehmenden medialen Präsenz ist es auch zu verdanken, dass sich Eisbaden inzwischen zu einem regelrechten Fitnesstrend entwickelt hat. Dabei entstand seine Methode eher zufällig. Nach einem schweren persönlichen Schicksalschlag vor 17 Jahren fühlte sich der Niederländer plötzlich extrem von kaltem Wasser angezogen. "Als ich das erste Mal hineinging, fühlte es sich total richtig an. Inzwischen ist es eine mystische Erfahrung", sagte Hof der APA. In der Kälte entwickelte Hof auch seine spezielle Atemtechnik.

Inzwischen hält der 57-Jährige 18 Weltrekorde - darunter das längste Eisbad (1:52 Stunden) oder einen 50 Meter Tauchgang im arktischen Ozean nur in der Badehose. Ebenfalls nur in Shorts absolvierte er einen Marathon bei minus 20 Grad in Finnland. Und Hof ist überzeugt, dass dies alle könnten.

Das Geheimnis hinter seinen Fähigkeiten:

Hof behauptet, dank seiner Atem- und Konzentrationstechniken sein vegetatives Nervensystem und sein Immunsystem beeinflussen zu können. Dies ließ er inzwischen auch von der Wissenschaft absegnen. Bei einem Versuch mit Ärzten der niederländischen Radboud University im April 2011 wurden dem Extremsportler Endotoxine injiziert, die eigentlich grippeartige Symptome hervorrufen. Hof konnte diese aber offenbar tatsächlich willentlich unterdrücken. In kommenden Experimenten soll dieses Phänomen noch genauer untersucht werden. Auch während seiner extremen Eisbäder gelang es dem 57-Jährigen, seine Körpertemperatur wissenschaftlich überwacht bei 37 Grad zu halten.

Doch es braucht gar keine übermenschlichen Ziele, um von einem Aufenthalt in eisigem Wasser zu profitieren. "Natürlich muss ich mich überwinden. Aber wenn ich es schaffe, bei Minustemperaturen ins Wasser zu gehen, dann traue ich mir auch im Alltag mehr zu", erklärte Berger. Und auch der Grippesaison kann man trotzen: "Man wird tatsächlich weniger krank - und wenn doch, dann sind die Symptome wesentlich milder."

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