Deutlicher Anstieg an Infektionen
HIV-Situation in Osteuropa spitzt sich zu
17.10.2017Deutsche Aids-Hilfe fordert stärkeres Engagement der Regierung
Angesichts eines teilweise dramatischen Anstiegs der HIV-Infektionen in Osteuropa haben deutsche Experten ein stärkeres Engagement der internationalen Gemeinschaft gefordert. "Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass Osteuropa von den Erfahrungen in Deutschland profitieren kann", sagte Sylvia Urban vom Vorstand des Aktionsbündnisse gegen Aids und der Deutschen Aidshilfe am Dienstag in Berlin.
Schwierige Prävention
Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass nicht weiter Diskriminierung der am stärksten betroffenen Gruppen den Zugang zu Prävention und Versorgung erschwert. "Die Verfolgung von Homosexuellen, Drogenkonsumenten und anderen Minderheiten ist eine menschliche Katastrophe und macht HIV-Prävention unmöglich", warnte Urban.
Mit der Konferenz "HIV in Osteuropa - Die unbemerkte Epidemie?!" am Dienstag in Berlin wollten den Organisationen die HIV-Epidemie in Osteuropa stärker in den öffentlichen Fokus rücken. Während weltweit die Zahl der Neuinfektionen zurückgeht, immer mehr Menschen HIV-Medikamente bekommen und immer weniger sterben, ist in vielen Ländern Osteuropas ein ungebremster, teils dramatischer Anstieg der HIV-Infektionen zu verzeichnen. In Russland wurde 2016 die Marke von 100.000 jährlichen Neuinfektionen überschritten.
Starker Anstieg von Neuinfektionen
Die UN-Organisation UNAIDS zeigt sich "äußerst besorgt" über die HIV-Epidemie in Osteuropa. Dies gelte vor allem für den Anstieg der Neuinfektionen und Todesfälle, erklärte der stellvertretende Exekutivdirektor von UNAIDS, Luiz Loures. Es sei "unerlässlich", die am stärksten betroffenen Gruppen zu erreichen, einschließlich Drogenkonsumenten, Homosexueller, Prostituierter und Gefängnisinsassen.
Die bisherigen Konzepte zu HIV/Aids in Osteuropa reichen nach Ansicht der Organisationen bei Weitem nicht aus. Stattdessen sei das internationale Engagement in der Region in den vergangenen Jahren trotz der zugespitzten Situation immer weiter reduziert worden.
Einige internationale Geldgeber wie beispielsweise der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) hätten sich aus der Region weitgehend zurückgezogen. Einerseits sei die Wirtschaftskraft einiger Länder durch die Weltbank neu eingestuft worden, sodass sie nun selbst mehr beitragen müssen. Andererseits werde das politische Klima immer schwieriger. Organisationen, die Fördermittel aus dem Ausland erhalten, müssen sich beispielsweise als "Auslandsagenten" registrieren lassen und unterliegen staatlichen Restriktionen. "Diese Situation ist ethisch untragbar und kann nicht ohne Auswirkungen auf das restliche Europa bleiben", erklärten die Verbände.