Etwa 25 Prozent aller Menschen haben nach Abklingen einer Atemwegsinfektion oft noch mehrere Wochen mit einem hartnäckigen Husten zu kämpfen. Lungenfachärztin Dr. Michaela Popp verrät, was hilft und ob die ungute Nachwirkung gefährlich werden kann.
Wien im Winter. Eine Frau flüchtet vor der Kälte in ein Taxi. Nach wenigen Minuten bereut sie es. Der Fahrer hustet sich – ohne Unterbrechung – die Seele aus dem Leib. Die Frau vergräbt sich hinter Mantel und Maske – das Autofenster weit geöffnet. Am Ende der Fahrt entschuldigt sich der Mann geknickt: „Ich bin seit drei Wochen wieder gesund. Nur der Husten will nicht weggehen.“ Nachsatz: Er sei sicher nicht ansteckend.
Verschleppter Husten – eine Volkskrankheit. Der Taxler zählt vermutlich zu jenen 25 Prozent, die nach einer Erkältung oder einer anderen Atemwegsinfektion wie Covid-19 nicht mehr zum Husten aufhören können, obwohl die eigentliche Erkrankung abgeklungen ist. Die Medizin bezeichnet diese „Nachwehen“ als postinfektiösen Husten. Ob man wirklich nicht mehr ansteckend ist, wie man die Symptome lindert, wie gefährlich das Verschleppen sein kann und was hilft, wenn man regelmäßig mit einer beleidigten Lunge zu kämpfen hat, verrät Lungenfachärztin Dr. Michaela Popp.
Die Bronchien sind weit verzweigt. An ihrem Ende befinden sich die Lungenbläschen.
Warum kann ein Husten so lange andauern – auch wenn man längst gesund ist?
Dr. Michaela Popp: Häufig kommt es vor, dass nach einem Infekt der Husten länger bleibt, auch wenn alle anderen Symptome schon verschwunden sind. Das kommt von einer Reizung der Bronchien, die andauert, auch wenn die Bakterien oder Viren bereits besiegt sind. Durch die Überempfindlichkeit reagiert man bereits auf kleine Reize wie Kälte oder intensives Parfüm mit Husten.
Also ist man nicht mehr ansteckend?
Dr. Popp: Das lässt sich nicht pauschal sagen. Meistens ist man nicht mehr ansteckend. Wenn nur noch der Husten zurückbleibt und alle anderen Symptome verschwunden sind, ist die akute Erkältung abgeklungen. Dann ist nur noch das Bronchialsystem gereizt. Es gibt aber Erkrankungen, wie Keuchhusten, bei denen man lange husten kann und dabei infektiös bleibt. Da eine Unterscheidung zwischen einem harmlosen Husten und z. B. einem ansteckenden Keuchhusten allerdings sehr schwer ist, sollte ein andauernder Husten immer abgeklärt werden.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Dr. Popp: Mittels Anamnese und Ausschlussdiagnose. Die Ärztin, der Arzt befragt die Patientin, den Patienten ausführlich über die Symptome und den Beginn des Hustens. Gab es tatsächlich einen Infekt? Falls nicht, könnten diverse andere Ursachen dahinterstecken. Ein Beispiel ist Reflux. Fließt die Magensäure die Speiseröhre nach oben bis zum Kehlkopf, , kann das zu einem sehr langdauernden Husten führen. Auch eine Allergie kann ursächlich sein.
Gibt es wirksame Hausmittel?
Dr. Popp: Wichtig ist es, für feuchte Luft in den Innenräumen zu sorgen – z. B. indem man im Wohn- und Schlafraum nasse Wäsche aufhängt. Außerdem sollte auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden: entweder Wasser oder Tees mit Salbei, Thymian oder Ingwer. Honig, entweder im Tee oder zweimal täglich pur, wirkt antibakteriell und beruhigend und kann so auch gut helfen. Auch Hustenzuckerl können den Rachen beruhigen und Hustenreiz lindern, ebenso Salben zum Einreiben mit ätherischen Ölen. Bei diesen ist allerdings Vorsicht bei Babys oder Kleinkindern geboten. Nicht alle Öle dürfen angewendet werden – siehe Packungsbeilage.
Wenn das nicht hilft?
Dr. Popp: Manchmal kann der Husten besonders hartnäckig sein. Dann können entzündungshemmende Inhalatoren (Anm.: kortisonhaltige Asthmasprays) Linderung bringen. Diese werden vom Lungenfacharzt, der Lungenfachärztin verschrieben. Generell ist bei einem Husten, der länger als vier Wochen dauert, eine lungenfachärztliche Kontrolle gut.
Muss man Angst haben, dass der postinfektiöse Husten chronisch wird?
Dr. Popp: Nein. Wenn das tatsächlich ein postinfektiöser Husten ist, ist er nicht gefährlich für die Gesundheit. Wenn ein Husten nach einer Atemwegsinfektion drei bis fünf Wochen andauert, ist das unbedenklich. Sobald sich leichte Besserung einstellt, ist das ein gutes Zeichen, dass der Husten am Abklingen ist.
Wir haben über Therapien gesprochen. Gibt es auch Behandlungen, von denen man die Finger lassen sollte?
Dr. Popp: Ein Thema sind Hustensäfte und -tropfen mit Codein – ein Morphin-Präparat. Diese rezeptpflichtigen Arzneien sollte man mit Vorsicht einnehmen. Codein unterdrückt den Hustenreiz im Hirnstamm. Husten ist jedoch ein Schutzreflex des Körpers, der z. B. in der Lunge verbliebenen Schleim auswirft. Wird der Hustenreiz ständig unterdrückt, verbleibt der ,Dreck‘ in der Lunge. Das will man vermeiden. Kann man allerdings einmal gar nicht schlafen, darf man das Codein-Präparat ohne Bedenken nehmen. Jedoch nicht über zwei Wochen hindurch mehrmals täglich.
Kann man einer Verschleppung des Hustens vorbeugen?
Dr. Popp: Vor allem bei Menschen mit der chronisch entzündlichen Erkrankung Asthma und mit Allergien können Atemwegsinfekte länger andauern und sich auf die Lunge schlagen. Diesen Patient:innen rate ich, sobald ein Husten beginnt, einen entzündungshemmenden Inhalator (Anm.: Asthma-Spray) zu verwenden. Mit diesem kann man gut vorbeugen. Auch eine Befeuchtung der Bronchien durch hohe Luftfeuchtigkeit und viel Trinken ist wichtig. Falls Schnupfen dabei ist: darauf achten, dass die Nase frei bleibt – vor allem vor dem Schlafengehen. So verhindert man den Post-Nasal-Drip – also das Hinuntertropfen von Sekret in den Rachenraum. Das kann nämlich ebenfalls zu einem sehr mühsamen Husten führen. Ich empfehle eine Zeit lang (Anm.: nicht länger als zehn Tage – Gefahr des Gewöhnungseffekts) vor dem Schlafengehen Nasentropfen einzunehmen, um die Nase frei zu halten und so eine Reizung der Bronchien zu reduzieren.