Mangel erkennen

Vitamin D: So viel brauchen Sie

19.11.2019

95 Prozent aller Europäer leiden in den sonnenarmen Monaten an einem Vitamin-D-Mangel. Dieser kann Wohlbefinden und Gesundheit beeinträchtigen. Wir klären über Risiken, Symptome und Versorgung auf.

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Vitamin D genießt einen Sonderstatus unter den Nährstoffen. Diesen hat es seiner außergewöhnlichen Bildung und Wirkkraft im Organismus zu verdanken. Vitamin D ist alles andere als ein „gewöhnliches“ Vitamin. Denn es kann fast ausschließlich – zu 95 Prozent – über die Haut ausgebildet werden. Und das nur, wenn auch ausreichend Sonne auf unsere Körperoberfläche trifft. Unter Einwirkung von UV-B-Strahlung wird aus einer Vorstufe von Vitamin D (Provitamin D3) in der Haut das sogenannte Prävitamin D3 hergestellt. Dieses gelangt über den Blutkreislauf in Leber und Niere, wo es schließlich (umgewandelt zum biologisch aktiven Vitamin D) wie ein Hormon wichtige Prozesse im Körper steuern kann. Es regelt u. a. den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel und somit die Knochen- und Zahngesundheit. Zudem senkt Vitamin D die Gefährlichkeit von Erkältungsviren, indem es die Produktion von Abwehrstoffen im Körper steigert. Es fungiert weiters als eine Art Regelschalter im Immunsystem, der eine gesunde Immunantwort fördert, und verhindert, dass sich die Abwehrreaktionen gegen körpereigenes Gewebe richten oder sich Autoimmunerkrankungen bilden. Um Umkehrschluss: Ein Mangel schwächt die Abwehr und erhöht das Risiko für Störungen des Knochenstoffwechsels (bei Kindern Rachitis), Karies, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus) aber auch für Autoimmunerkrankungen (Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Lupus erythematodes). Besonders aufsehenerregende Ergebnisse liefern aktuelle Studien. Diese zeigen, dass Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Zelldifferenzierung sowie der Hemmung von schnellem Zellwachstum spielt. Der Vitalstoff ist also ein wirkungsvoller Krebshemmer. Und ein Mangel konnte von Forschern in Zusammenhang mit Brust-, Prostata- und Darmkrebs gebracht werden. Kurzum: Vitamin D ist ein Alleskönner und ein essenzielles Rädchen, um den Körper vital, jung und gesund zu halten.

Ursachen auf der Spur
Im Winter ist Sonne bekanntlich Mangelware. Von Oktober bis März trifft in unseren Breiten nicht genug UV-B-Strahlung für eine relevante körpereigene Produktion auf die Erdoberfläche. Zwar kann Vitamin D einige Monate im Fettgewebe und in den Muskeln gespeichert werden. Allerdings schaffen es die meisten nicht über die Sommermonate, ihre Speicher ausreichend aufzuladen. Denn ein Großteil des Lebens findet – auch in den warmen Monaten – in geschlossen Büroräumen und Verkehrsmitteln statt. Daher leiden 95 Prozent aller Europäer in den düsteren Monaten unter einem Vitamin-D-Mangel.

Wie viel Vitamin D brauche ich?

Das Wieviel hängt von mehreren Faktoren ab: Die Hautfarbe spielt z. B. eine wesentliche Rolle. Je dunkler die Haut ist, desto mehr Sonne ist nötig. Weiters ist Fettleibigkeit kein zu unterschätzender Faktor. Sie sorgt dafür, dass weniger aktives Vitamin D zur Verfügung steht. Auch das Alter ist entscheidend. Denn mit den Jahren lässt die Fähigkeit der Haut zur Vitamin-D-Bildung um bis zu 70 Prozent nach. Zudem bestehen erhöhte Bedarfszustände in der Schwangerschaft und Stillzeit.

Einen Mangel messen

Ein Mangel kann sich in zahlreichen Symptomen äußern – diese sind allerdings äußerst unspezifisch und werden daher oft nicht erkannt beziehungsweise fehlinterpretiert. Zu den Anzeichen zählen häufige Erkrankungen oder Infektionen, dauerhafte Erschöpfung und Müdigkeit, Knochen- und Rückenschmerzen, Depressionen, schlechte Wundheilung, brüchige Knochen, Haarausfall, Muskelkrämpfe und Muskelschmerzen.
 Ob eine Unterversorgung besteht, lässt sich am besten mittels Blutuntersuchung beim Hausarzt eruieren. Im Rahmen dieser wichtigen Vorsorgeuntersuchung kann der Mediziner ermitteln, ob und wie viel Vitamin D in Form von Nahrungsergänzung zugeführt werden sollte. Ein Wert von 1–25 ng (Nanogramm)/ml Blut gilt als schwerer Mangel, 25–35 ng/ml beschreiben eine Unterversorgung. Eine wirklich optimale Versorgung ist erst im Bereich zwischen 40 und 60 ng/ml gegeben.

Wie führe ich es am besten zu?

Kann der Vitamin-D-Bedarf nicht durch die Körperspeicher und (derzeit ob Sonnenmangels) die körpereigene Vitamin-D-Produktion in der Haut gedeckt werden, gilt es, auf alternative Quellen zurückzugreifen:
Einen kleinen – aber im Winter sehr wichtigen – Beitrag bei der Bedarfsdeckung leistet die Ernährung. Räucheraal, Lachs, Sardinen, Kalbsfleisch, Avocado, Eier, Champignons, Rindsleber, Emmentaler und Milchprodukte tragen zu einer besseren Versorgung bei.


Das an Vitamin D reichste Nahrungsmittel ist übrigens der nicht besonders beliebte Lebertran. Deshalb wurde er früher Kindern vorbeugend gegen Rachitis (mit Vit.-D-Mangel verbundene Erkrankung des wachsenden Knochens) verabreicht. Das zusätzliche Löffelchen täglich vom braungelben Öl muss es heutzutage nicht mehr sein. Denn mittlerweile gibt es Vitamin D in Form von alltagstauglicher und geschmacksneutraler Nahrungsergänzung. Neuen Studien zufolge empfiehlt sich eine tägliche Einnahme der Vitamin-D-Ergänzungen (die Dosis gibt im Idealfall der behandelnde Arzt vor).

Da Vitamin D zu den fettlöslichen Vitaminen zählt, empfiehlt Prof. Dr. Jörg Spitz (Autor von „Vitamin-D-Mangel“; Verlagshaus der Ärzte um 17,90 Euro) eine gemeinsame Einnahme mit einer Portion Fett, um im Darm die Fettresorption anzustoßen – unabhängig davon, ob das Nahrungsergänzungsprodukt auf öliger Basis hergestellt ist oder nicht. Ergänzend empfiehlt der Experte die maßvolle, ­regelmäßige Einwirkung künstlicher UV-B-Strahlen (siehe auch Tipps oben).

Kann ich auch überdosieren?
Theoretisch könnten extrem hohe Dosen zur sogenannten Hyperkalzämie führen. Das Risiko ist allerdings gering. „Werden die empfohlenen Tagesdosen eingehalten“, so Dr. med. Frank Horbach, FA für Nuklearmedizin und Schilddrüsenspezialist, „kann es zu keiner Überdosierung bzw. Vergiftung kommen.“ Lassen Sie sich in jedem Fall vom Arzt Ihres Vertrauens beraten.

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Symptom-Check:
Ein Mangel an Vitamin D äußert sich nur durch sehr unspezifische Symptome. Deshalb bleibt er häufig über viele Jahre unentdeckt. ­Einige mögliche Anzeichen im Überblick:
l Häufige Erkrankungen/
Infektionen
l Dauerhafte Erschöpfung und Müdigkeit
l Knochen-und Rückenschmerzen
l Depressionen
l Schlechte Wundheilung
l Knochenschwund
l Haarausfall
l Muskelschmerzen
l Muskelkrämpfe
l Konzentrationsschwierigkeiten
l Kopfschmerz

Einen Mangel messen:
Bei Verdacht auf einen Vitamin-D-Mangel ist ein Vitamin-D-Bluttest zu empfehlen. Dieser kann vom Hausarzt durchgeführt werden, der auch über Gegenmaßnahmen zum Ausgleich eines Mangels berät.

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