Initiative „MeineRaumluft"
Warum Luft ein Lebensmittel ist
17.11.2016So belastet uns der Konsum von schlechter Luft
Mit einer täglichen Aufnahme von ca. 15 kg, stellt Luft unser wichtigstes Lebensmittel dar. Die unabhängige Plattform „MeineRaumluft“ forderte anlässlich des Tages der gesunden Raumluft mehr Aufklärung und Förderung der Eigeninitiative bei der Vermeidung von Luftschadstoffen im Innenraum und die Schaffung von klaren, für den Normalbürger verständlichen Richtwerten und Kennzeichnungen. Gemeinsam mit einer interdisziplinären Expertenrunde zeigte die Plattform im Rahmen einer Pressekonferenz auf, wie sehr uns der Konsum von schlechter Luft belastet. Sasha Walleczek, eine der bekanntesten ErnährungsexpertInnen im deutschsprachigen Raum, sowie weitere Experten spannten den Bogen von Nahrung zu Raumluft als Lebensmittel.
Aktuellste Zahlen der WHO zeigen, wie belastet die Luft bei uns in Österreich ist. Denn unsere Luft, die wir täglich einatmen, besteht nicht nur aus Sauerstoff, Stickstoff, Edelgasen und CO2. Vielmehr ist sie mit Schadstoffen wie z.B. Feinstaub oder Schwefeldioxid belastet und kann bei dauerhafter Belastung in hohen Konzentrationen massiv unsere Gesundheit beeinflussen. So atmen wir bei einer PM10 Belastung von täglich ca. 50 µg/m³ jährlich 27 dag Feinstaub ein. Das betrifft jedoch nicht nur – wie allgemein angenommen – die Außenluft. Ganz im Gegenteil: Die Qualität der Luft im Innenraum kann aufgrund zusätzlicher Faktoren, wie Schimmelsporen oder VOC´s (flüchtige organische Verbindungen), eine wesentlich stärkere Belastung für Gesundheit und Wohlbefinden darstellen.
Luft als Lebensmittel
Tag für Tag nehmen wir ca. 1 kg feste Nahrung, 2,5 kg flüssige Nahrung, aber 15 kg Luft auf. Und da wir ca. 90 % unserer Lebenszeit in geschlossenen Räumen verbringen, konsumieren wir vorrangig Raumluft. Nach geltendem Recht sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, dass sie von Menschen aufgenommen werden. Damit ist nach Meinung der Plattform „MeineRaumluft“ auch die Luft – und im speziellen die Raumluft - als Lebensmittel zu klassifizieren. „Es hat nicht nur das, was wir essen und trinken Einfluss auf unsere Gesundheit - sondern vor allem auch das, was wir einatmen“ weiß auch Mag. Sasha Walleczek als diplomierte Ernährungstherapeutin um die Bedeutung der Raumluft Bescheid. „Inhaltsstoffe bzw. Zusatzstoffe werden in der Ernährung mittlerweile stark thematisiert. Aber wir nehmen sie nicht nur durchs Essen auf, sondern auch über die Haut - und natürlich ganz wichtig: wir atmen sie ein. Wir machen uns als Gesellschaft häufig Gedanken, wie sich Nahrung auf unsere Gesundheit auswirkt. Denn wir wissen, was wir zu uns nehmen, hat unmittelbar kurzfristige und langfristige Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden“, schließt sie den Kreis zwischen Nahrung und Luft.
Wie Luftschadstoffe in unseren Körper gelangen
Beim Einatmen nehmen wir Schadstoffe, Schmutz, Bakterien und Ähnliches auf wie ein Staubsauger. Zwar ist der Körper mit Filtern und Abwehrmechanismen ausgestattet. Dennoch ist Luftverschmutzung schlecht für unsere Gesundheit. Schadstoffe und Allergene in der Atemluft gelangen über die Atmung in den Atemwegstrakt. Je nach Partikelgröße werden diese in der Nase, in den großen und kleinen Luftwegen und/oder in den Lungenbläschen abgelagert. „Neben Viren und Bakterien, die eine Infektion hervorrufen können, dringt vor allem „Feinstaub“ in die Lunge ein. Sehr kleine Partikel können mit der Atemluft über die Atemwege sogar die Lungenbläschen erreichen und von dort in den Blutkreislauf übertreten“, erklärt Priv. Doz. Dr. Arschang Valipour, Oberarzt am Otto-Wagner-Spital und wissenschaftlicher Studienleiter am Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und PneumologischeEpidemiologie. Dabei gelangen Schadstoffe wie Feinstaub nicht nur über die Außenluft in unsere Räume. Vor allem durch Rauchen, aber auch Holzöfen, Kerzen, Räucherstäbchen und beimKochen entsteht Feinstaub hausgemacht und belastet zusätzlich die Raumluft.
Einfluss auf die Gesundheit
„Feinstaub zählt zu den gefährlichsten Luftschadstoffen für die Gesundheit, da die Staubteilchen vielfältige schädliche Wirkungen in den Atemwegen und – mittels entzündlicher Prozesse – im ganzen Körper entfalten“ führt Valipour die Gefährlichkeit dieses Luftschadstoffes an.
Zudem leidet jeder fünfte Österreicher unter Allergien. „Die häufigste allergische Erkrankung ist der Heuschnupfen, welcher während der Pollenzeit, aber auch ganzjährig auftreten kann. Heuschnupfen führt zu deutlicher Verschlechterung der Lebensqualität und kann einerseits saisonal durch Pollen verursacht werden, andererseits ganzjährig durch Allergene wie die Hausstaubmilbe oder die Katze“, führt Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrum in Wien, die gesundheitlichen Auswirkungen weiter aus. Und Wantke weiter: „Der allergische Schnupfen ist aber auch ein Risikofaktor, denn 40% der Patienten entwickeln Asthma bronchiale. Beschwerden von Asthma bronchiale sind pfeifendes Atemgeräusch, Husten in Ruhe, Husten bei Belastung oder bei Kontakt zu kalter Luft. Typisch für Asthma ist anfallsartig auftretende Atemnot.
Schutz vor Schadstoffkonsum
Eine Reduktion der Feinstaubbelastung (Innenraumluft und Außenluft) geht mit einer deutlichen Abnahme von Atembeschwerden einher. Bereits einfache Rezepte können den Feinstaubanteil im Alltag deutlich senken. Beispielsweise: Nicht in Räumen rauchen; während des Kochens Dampfabzug benutzen bzw. Küche lüften; regelmäßiges Staubreinigen; glatte Oberflächen feucht wischen; Teppiche regelmäßig saugen; auf Räucherstäbchen und zu viel Kerzenlicht verzichten. Hinsichtlich der Pollenbelastung können technische Hilfsmittel wie Pollenschutzgitter oder Luftreiniger Abhilfe schaffen. Aber auch richtiges Lüften ist angesagt: Generell ist die Pollenbelastung der Luft am Land in der Früh höher und in der Stadt am Abend. Deswegen sollte zu Zeiten, in denen der Pollenflug niedriger ist, kurz und intensiv stoßgelüftet werden.
Aufforderung zur „Kennzeichnungspflicht“
Wenn wir unsere Luft als Lebensmittel verstehen und akzeptieren, müsse sie auch als dieses anerkannt und entsprechend mit Qualitätskriterien zum Schutz der Gesundheit geregelt werden, so die Forderung von der Plattform „MeineRaumluft“. „Für uns als KonsumentInnen ist es bereits zur Selbstverständlichkeit geworden, dass Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen. Eine Fülle von Vorschriften regeln die unterschiedlichsten Angaben wie Herkunftsbezeichnung, Kalorien- und Nährwertangaben, Inhaltsstoffe, Haltbarkeitsdatum, Allergene etc. - aber warum gibt es keine Hilfestellung für die Qualitätsbeurteilung der Raumluft?“ zeigt sich Mag. Thomas Schlatte, Sprecher der Plattform „MeineRaumluft“, über die stiefmütterliche Behandlung unseres wichtigsten Lebensmittels erstaunt. „Vorstellbar wäre auch eine Regelung der Raumluft ähnlich der Trinkwasserverordnung, in der klare Richtwerte und Verantwortlichkeiten geregelt sind“ so Schlatte weiter.
Außenluftbedingungen, Bauweise, Baumaterialien, Einrichtungsgegenstände, Wohnhygiene – all das und vieles mehr beeinflussen unsere Raumluftqualität und damit unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. „Beim täglichen Einkauf treffen die Menschen bewusst die Entscheidung für mehr oder weniger gesunde Lebensmittel und achten auf die Inhaltsstoffe. Mit unserer Forderung „Luft als Lebensmittel“ wollen wir Politik und Gesellschaft auffordern, Maßnahmen zu setzen und zu fördern, die auf ein gesundes Raumluftumfeld im privaten, schulischen und beruflichen Bereich einwirken und Rahmenbedingungen dafür zu schaffen“ so Schlatte weiter.