Neuer Therapie-Ansatz
Wird Krebs heilbar?
07.10.2016
Ein neuer vielversprechender Therapieansatz will nun die Wurzel des Übels bekämpfen – die Krebsstammzellen.
Obwohl viele Tumorarten heute als sehr gut behandelbar gelten und sich Krebs dank des medizinischen Fortschritts in zahlreichen Fällen von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit wandeln lässt, verlieren nach wie vor rund 20.000 Österreicher jährlich den Kampf gegen die bösartigen Zellveränderungen. Wissenschaftler auf der ganzen Welt forschen unter Hochdruck, um ein Heilmittel gegen Krebs zu finden. Der Molekularbiologe Wolfgang Gruber von der Universität Salzburg wurde nun für seine Entdeckung eines potenziell neuen Krebsmedikaments mit dem Dissertationspreis der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaft und Biotechnologie (ÖGMBT) ausgezeichnet. Der neue Therapieansatz bietet die Möglichkeit, die extrem gefährlichen Krebsstammzellen zu eliminieren.
Hierarchie der Krebszellen
Tumore setzen sich, ähnlich wie Organe, aus einer Vielzahl von Zellen zusammen, die sich in Funktion und Aufgabe unterscheiden. Am Ende der Hierarchie stehen hoch spezialisierte Zellen, die die Funktion von Tumorgewebe aufrecht halten. Da sie keine Fähigkeit zu Zellteilung und Zellwachstum und nur eine kurze Lebensdauer haben, müssen sie ständig erneuert werden. Dafür sorgen die sogenannten Vorläufer- oder Progenitorzellen. Diese besitzen eine sehr hohe Zellteilungs- und Zellwachstumsrate, verlassen bei Bedarf den Zellzyklus, differenzieren aus und ersetzen so die fehlenden Spezialzellen. In entarteten Geweben bilden diese Vorläuferzellen somit die laufend wachsende Tumormasse. An der Spitze der Hierarchie steht auch beim Krebs die Stammzelle, die Urgroßmutter aller Krebszellen, die in vielen Tumoren bereits nachgewiesen wurde. „Krebsstammzellen wurden als Erstes in Leukämien entdeckt. Da konnte man sehr genau zeigen, dass eine einzelne Krebsstammzelle einen ganzen Tumor initiieren kann. Inzwischen ist das Konzept der Krebsstammzellen weitgehend anerkannt“, erklärt Molekularbiologe Wolfgang Gruber von der Universität Salzburg.
Behandlungsresistent
Die Krebsstammzellen befinden sich meist in einer metabolischen Tiefschlafphase, werden nur in bestimmten Situationen aktiv, um sich zu teilen. Während die eine Tochterzelle zur Vorläuferzelle differenziert und für Zellnachschub sorgt, kann sich die andere als Stammzelle wieder zur Ruhe begeben, lange Zeit unbemerkt in diesem Schlafzustand verharren und jederzeit wie aus dem Nichts zu einem Tochtertumor heranwachsen. Der Krebs, der scheinbar wiederkehrt, war in Wirklichkeit nie weg. Da Chemotherapie und Bestrahlung hauptsächlich auf Zellen wirken, die sich gerade teilen, sind die Stammzellen relativ behandlungsresistent.
Neuer Therapieansatz
An der Universität Salzburg wurde nun ein potenziell neues Krebsmedikament entdeckt, beziehungsweise die Möglichkeit aufgezeigt, die extrem gefährlichen Krebsstammzellen zu eliminieren. Damit Stammzellen in der Lage sind, sich unendlich zu teilen und Gewebe zu erneuern, müssen bestimmte Signalwege in den Zellen aktiv sein. Von zentraler Bedeutung bei den Krebsstammzellen ist der sogenannte Hedgehog-Signalweg. So wichtig dieser Signalweg während der embryonalen Entwicklung ist, so problematisch kann er bei Erwachsenen werden und Krebs verursachen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei ein bestimmtes Protein (DYRK1B). Und genau hier setzt das neue Therapiekonzept an. Durch Blockierung des Proteins DYRK1B soll der Hedgehog-Signalweg ausgeschaltet, die Krebsstammzellen direkt angegriffen und so das Tumorwachstum gestoppt werden. Damit könnte man in Zukunft den Krebs direkt an der Wurzel packen.