Wiener Experten
Jährlich 1.300 Tote durch Influenza
22.02.2013Jedes Jahr versterben im Raum Wien 316 Personen an einer Influenza.
Die saisonale Influenza-Welle hat in Österreich wahrscheinlich den Höhepunkt erreicht. Ein Wissenschafterteam der MedUni Wien unter der Leitung von Theresia Popow-Kraupp (Virologie) hat jetzt in einer Studie für den Raum Wien die sogenannte Übersterblichkeit erstmals für die Pandemie 2009/2010 im Vergleich zu den jährlichen saisonalen Grippewellen in verschiedenen Altersgruppen erhoben. Ergebnis: Jedes Jahr versterben im Raum Wien durchschnittlich 316 Personen an einer Influenza. "Auf Österreich hochgerechnet sind das durchschnittlich 1.300 Fälle pro Jahr", sagte Popow-Kraupp. Das deckt sich weitgehend mit Zahlen aus einer ähnlichen Studie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) aus dem Jahr 2011.
Influenzaimpfung
Üblicherweise sind ältere Personen stärker von schweren Verlaufsformen der Grippe betroffen und sind daher die Hauptzielgruppe für die Influenzaimpfung. Im Fall der Pandemie in der Saison 2009/2010 war das jedoch anders, so eine Aussendung der MedUni Wien am Freitag. "Das seit 2009 zirkulierende Influenza A (H1N1)- Virus ("Schweinegrippe") ist ein direkter Nachfahre des Pandemievirus von 1918, das relativ unverändert bis in die frühen 1950er-Jahre zirkulierte. Ältere Menschen hatten daher schon Kontakt mit diesem Virus und waren somit vor schwer verlaufenden Infektionen mit dem A(H1N1/2009)-Virus großteils geschützt", so die Expertin.
Zum Vergleich: In der Altersgruppe der über 60-jährigen verstarben während saisonaler Influenza-Epidemien im Raum Wien durchschnittlich 275 Menschen an einer Influenza, während der Pandemie 199. Dagegen stieg die Zahl der Influenza assoziierten Todesfälle in der Altersgruppe der 25- bis 59- jährigen von durchschnittlich 35 im Verlauf saisonaler Grippewellen auf 47 während der Pandemie.
Auch Jüngere gefährdet
Das zeigt, dass nicht nur alte und kranke Menschen durch eine Influenzavirus Infektion gefährdet sind, sondern auch Jüngere", folgerte Theresia Popow-Kraupp. Die Impfung ist derzeit die einzige Möglichkeit zur Vorsorge. "Zur Zeit gibt es keine Alternative zur saisonalen Impfung", sagte die Virologin. "Aber es laufen bereits Studien, in denen an Impfstoffen mit längerer Schutzdauer gearbeitet wird."
In der angeführten Studie erfolgte die Bestimmung der Influenza assoziierten Todesfälle mithilfe eines mathematischen Modells, basierend auf den täglichen Todesfallzahlen der Statistik Austria der Jahre 1999 bis 2010. In diesem Modell wurden die Daten des österreichweiten Überwachungsnetzwerkes für Influenzaviren des Departments für Virologie, das als nationales Referenzlabor der WHO fungiert, sowie die Daten der Respiratory syncytial Virus (RSV)-Zirkulation berücksichtigt. RSV tritt sehr häufig gleichzeitig mit den Influenza-Viren in der kälteren Jahreszeit auf und verursacht unter anderem Influenza-artige Erkrankungen mit Todesfällen, vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern. Daher kann RSV die Berechnung der Influenza assoziierten Todesfälle verfälschen. Das sollte berücksichtigt werden.
Die neuen Berechnungen bestätigen in ihren Globalzahlen de facto eine ähnliche Untersuchung, welche Fachleute der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bereis im November 2011 publiziert haben. Demnach waren zwischen 2001 und 2009 jährlich rund 1.000 Österreicher an der Influenza gestorben - Tendenz steigend.
"Die in Österreich mit der saisonalen Influenza in Verbindung stehende Übersterblichkeit zeigte die höchsten Werte in den Saisonen 2002/2003 (1.060 mehr Tote), 2004/2005 (1.102 mehr Tote) und 2008/2009 (1.192 mehr Tote). Der beobachtete steigende Trend ist parallel zum wachsenden Anteil der österreichischen Bevölkerung im Alter über 65 Jahren im selben Zeitraum (2001: 15,5 Prozent; 2009: 17,5 Prozent)", hieß es in der Studie.
Eine Public Health-Analyse des Instituts für Sozialmedizin der MedUni Wien zeigte 2011 ähnliche Zahlen auf. "Während einer Influenza-Saison erkranken in Österreich durchschnittlich 350.000 bis 400.000 Menschen. 4.400 davon müssen stationär im Krankenhaus behandelt werden. Während der Wintermonate ist die Sterblichkeit durchschnittlich um 16 Prozent höher als während des restlichen Jahres. Wir kommen auf rund 1.500 Todesopfer durch Influenza-Komplikationen. Alle Berechnungen deuten in die gleiche Richtung hin", erklärte der damalige Institutsleiter Michael Kunze.