Krankheit auch eine hohe Belastung für die Angehörigen.
Während die gesundheitlichen Probleme bei Diabetes
weitgehend bekannt sind, bilden die hohen psychosozialen Belastungen für Patienten und ihre Angehörigen noch einen weitgehend blinden Fleck in der Gesundheitspolitik. Eine groß angelegte Studie hat nun ergeben, dass jeder siebente Patient an Depressionen leidet. Die Krankheit ist aber auch für viele Angehörige eine starke Belastung, hieß es heute, Mittwoch, beim European Health Forum Gastein (EHFG).
Krankheitsfolgen
83 Millionen Menschen sind in den OECD-Ländern von Diabetes betroffen, bis zum Jahr 2030 werden es Schätzungen zufolge 100 Millionen sein. Wie dramatisch die psychosozialen Krankheitsfolgen sein können, zeigt die in 17 Ländern und vier Kontinenten durchgeführten Studie „Diabetes Attitudes, Wishes and Needs 2“ (DAWN 2), die auf dem EHFG diskutiert wurde. Mit insgesamt 15.438 Teilnehmern, (8.596 Patienten, 2.057 Angehörige und 4.785 Behandler) ist sie die umfassendste wissenschaftliche Erhebung zu den psychosozialen Belastungen von Diabetes-Patienten und deren Angehörigen.
Hohe Belastung
Einige zentrale Ergebnisse der Erhebung: Nahezu jeder zweite Mensch mit Diabetes empfindet die Krankheit als hohe Belastung, jeder siebente leidet deshalb an Depressionen. Für rund ein Fünftel aller Diabetiker wirkt sich ihre gesundheitliche Situation auch negativ auf familiäre und soziale Beziehungen aus. Nur knapp die Hälfte aller Menschen mit Diabetes nimmt an Diabetes-Schulungsprogrammen teil. Trotz neuer Medikamente und Therapieformen verfehlen viele Betroffene den angestrebten Blutzuckerwert. Und auch wenn 85 Prozent der Menschen mit Diabetes auf die Hilfe aus dem familiären Umfeld zurückgreifen können, ist die öffentliche Unterstützung in vielen Ländern unzureichend.
"Die Studie zeigt deutlich Defizite im Management chronischer Krankheiten auf", sagte Jens Kröger, Leiter des Diabeteszentrums Hamburg Bergedorf und Vorstandsmitglied der Deutschen Diabetes-Hilfe. "Probleme bei der psychosozialen Unterstützung der Patienten, bei den Rahmenbedingungen, sowie der interdisziplinären Versorgung müssen behoben werden."
Auch Angehörige leiden
Erheblich sind aber auch die psychosozialen Folgen, denen die Angehörigen von Diabetikern ausgesetzt sind. Für mehr als ein Drittel stellt die Erkrankung des Angehörigen eine hohe Belastung dar, geht aus der Studie hervor. Fast jeder zweite Angehörige sprach von negativen Auswirkungen auf das emotionale Befinden. Jeder Dritte hat keine Ahnung, wie er unterstützend zur Seite stehen kann, und zwei Drittel der Familienmitglieder belastet die Sorge um eine mögliche Unterzuckerung ihres Angehörigen. Zugleich haben knapp 40 Prozent der Familienmitglieder das Bedürfnis, stärker in die Diabetesversorgung ihres Angehörigen eingebunden zu werden. An Schulungsprogrammen nehmen derzeit nur 23,1 Prozent der Angehörigen Teil.
"Angesichts dieser Ergebnisse muss das gesundheitspolitische Ziel im Diabetes-Management sein, die patientenzentrierte Versorgung, das Selbstmanagement und die psychosoziale Unterstützung zu fördern sowie Angehörige stärker einzubinden", forderte Kröger.