Sehbehinderte Menschen spüren bei taktilen Untersuchungen bereits kleinste Veränderungen im Gewebe. Was das für die Krebsvorsorge bedeuten könnte.
Mit ihrem ausgeprägten Tastsinn können geschulte blinde oder sehbehinderte Frauen eine Veränderung im Brustgewebe besonders früh erkennen, womöglich sogar vor Ärzten und Ärztinnen. Die Brustkrebsvorsorge könnte durch das Erkenntnis von dem Gynäkologen Frank Hoffman revolutioniert werden, und nebenbei Berufsmöglichkeiten für blinde Frauen schaffen.
"Discovering Hands"
Hoffmanns Projekt unter dem Namen "Discovering Hands" geben immer mehr Studien in dem Punkt recht, dass die Tastuntersuchung durch Menschen mit Sehbehinderung die Brustkrebsvorsorge deutlich verbessern kann. Zum Vergleich: Wenn ein Gynäkologe oder eine Gynäkologin einen Knoten an der Brust ertastet, ist dieser häufig bereits ein bis zwei Zentimeter groß. Doch ausgebildete Tasterinnen könnten bereits Veränderungen ab einer Größe von sechs Millimetern erkennen. Der besonders frühe Vorhersagewert ist entscheidend, denn wenn Brustkrebs früh erkannt wird, liegen die Heilungschancen bei 80 Prozent.
Brustkrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung bei Frauen. In Österreich erkranken jährlich knapp 5.600 Frauen an Brustkrebs, etwa 1.600 sterben an den Folgen der Krankheit.
Ergänzende Maßnahmen
Auch in Österreich hat man schon ähnliche Daten gesammelt. Medizinisch-taktile Untersucherinnen, kurz MTUs, erkennen doppelt so viele Veränderungen im Gewebe wie sehende Ärztinnen und Ärzte, wie aus einer österreichischen Studie hervorging. Die faszinierenden Ergebnisse wurden Ende des Jahres 2021 dem österreichischem Gesundheitsministerium vorgelegt – und überzeugten. Seit eineinhalb Jahren ist es nun möglich, diese Tastuntersuchungen als freiwillige ergänzende Maßnahme zur Brustkrebs-Früherkennung durchzuführen.
Derzeit gibt es in Österreich drei MTUs, weitere drei Frauen sind momentan in Ausbildung.