„Sonnenhormon“

Dieses Vitamin ist jetzt besonders wichtig!

02.11.2018

80 bis 90 Prozent der Bevölkerung unter einer Vitamin-D-Unterversorgung. Diese kann unsere Gesundheit gefährden. 

Zur Vollversion des Artikels
© Getty
Zur Vollversion des Artikels

Von geradezu existenzieller Bedeutung, appelliert Prof. Dr. med. Jörg Spitz, FA für Nuklearmedizin und renommierter Ratgeberautor, sei Vitamin D für unsere Gesundheit. Denn der Vitalstoff, der zum größten Teil unter Einfluss von Sonnenlicht in der Haut gebildet wird, ist an einer Reihe von Stoffwechselvorgängen beteiligt. Er regelt den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel und somit die Knochen- und Zahngesundheit. Zudem fungiert Vitamin D als Immunmodulator, der eine gesunde Immunantwort fördert und verhindert, dass sich die Abwehrreaktionen gegen körpereigenes Gewebe richten oder sich sogar chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen bilden. In den letzten Jahren hat sich zudem gezeigt, dass Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Zelldifferenzierung, der Hemmung von schnellem Zellwachstum sowie für das Immunsystem spielt.
Der Umkehrschluss: Mangelt es an Vitamin D erhöht sich das Risiko für  Störungen des Knochenstoffwechsels (bei Kindern Rachitis), Karies, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Stoffwechsel­erkrankungen (Diabetes mellitus), aber auch für Autoimmunerkrankungen (Multipler Sklerose, Morbus Crohn, Lupus erythematodes). Ebenso wurde ein Zusammenhang zwischen Brust-, Prostata und Darmkrebs und niedrigem Vitamin-D3-Spiegel beobachtet.


Wie ein Mangel entsteht

Zu einem geringen Teil kann Vitamin D über die Nahrung zugeführt werden. Unser Hauptlieferant ist allerdings die Sonne. „Unter ausreichender Sonnenbestrahlung“, erklärt Dr. med. Frank Horbach,  FA für Nuklearmedizin und Schilddrüsenspezialist, „kann Vitamin D zu 95 Prozent in der Haut gebildet werden.“ Unter Einwirkung von UV-B-Strahlung wird aus einer Vorstufe von Vitamin D (Provitamin D3) in der Haut das sogenannte Prävitamin D3 hergestellt. Dieses gelangt über den Blutkreislauf in Leber und Niere, wo es schließlich zum biologisch aktiven Vitamin D (Calcitriol) umgewandelt wird und wie ein Hormon wichtige Prozesse im  Körper steuern kann. Eine weitere Besonderheit – neben der komplexen Bildung – ist, dass der Organismus den Vitalstoff für einige Monate im Fettgewebe und in den Muskeln speichern und somit einen Vorrat für sonnenarme Monate anlegen kann. Denn von Oktober bis März trifft in unseren Breiten nicht genug UV-B-Strahlung für eine relevante körpereigene Produktion auf die Erdoberfläche.
Da unser Leben allerdings – auch im Sommer – zu einem Großteil in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen stattfindet, werden die Speicher der meisten Menschen nie ausreichend gefüllt, wodurch es zu einer chronischen Unterversorgung und damit zu einem erhöhten Risiko für die Gesundheit kommen kann. Faktoren wie das Alter, Schwangerschaft und Stillzeit, ein dunkler Hauttyp  sowie Übergewicht begünstigen ein Defizit.

Vitamin D richtig tanken
Ob eine Unterversorgung besteht, lässt sich mittels Blutuntersuchung beim Hausarzt eruieren. Im Rahmen der Statuserhebung kann der Mediziner zudem ermitteln, ob und wie viel Vitamin D in Form von Nahrungsergänzung zugeführt werden sollte. „Die täglich empfohlene Menge an zusätzlichem Vitamin D“, so Dr. med. Horbach, „ist nämlich u. a.  abhängig vom Alter und besonderen Bedarfszuständen wie Schwangerschaft und Stillzeit.“


Tipps für die Supplementation
Es gibt laut Prof. Spitz wesentliche neue Erkenntnisse zur Wirkungsweise von Vitamin D, die im Praxisalltag berücksichtigt werden sollten, um den vollen Nutzen der ergänzenden Aufnahme des Stoffes zu unterstützen: Neuen Studien zufolge empfiehlt sich eine tägliche Einnahme der Vitamin-D-Ergänzungen. „Lange Zeit wurde kein Unterschied gemacht, ob die benötigte Menge“, so Prof. Spitz, „täglich, wöchentlich oder monatlich zugeführt wurde. Hauptsache, die über die Zeit verabreichte Gesamtdosis stimmte.“ Doch mittlerweile weiß man: Vitamin D3 hat eine äußerst kurze Halbwertszeit von etwa 24 Stunden im Blut – kurze Einnahmeintervalle sind daher effektiver. Nicht nur das Wann, auch das Wie ist für eine ausreichende Versorgung entscheidend. Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. „Es benötigt“, so Prof. Spitz, „bei der Einnahme  eine Portion Fett, um im Darm die Fettresorption anzustoßen – unabhängig davon, ob das Nahrungsergänzungsprodukt auf öliger Basis hergestellt ist oder nicht. Wer also dem Modetrend folgend alles nur in der Low-fat-Variante isst, der riskiert eine eingeschränkte Aufnahme des Sonnenhormons im Darm.“

Auch wenn über die Wintermonate keine relevante Versorgung über die Haut erreicht werden kann, raten Experten zu täglicher Bewegung an der frischen Luft bei Tageslicht. Dabei sollten einige Hautstellen, z. B. die Unterarme, für einige Zeit unbedeckt sein. Und auch auf Sonnenschutz sollte in dieser Zeit verzichtet werden. Zu einer besseren Versorgung kann auch eine gezielte Ernährung (s. Liste o.) beitragen. Denn etwa 15 bis 20 Prozent des Vitamin-D-Bedarfs kann durch die Nahrung gedeckt werden.

Gefahr einer Überdosis?
Ob es auch zu viel des guten Sonnenhormons sein kann? Theoretisch könnten extrem hohe Dosen zur sogenannten Hyperkalzämie führen. Das Risiko ist allerdings gering. „Werden die empfohlenen Tagesdosen eingehalten“, so Dr. med. Horbach, „kann es zu keiner Überdosierung bzw. Vergiftung kommen.“ Lassen Sie sich in jedem Fall vom Arzt Ihres Vertrauens beraten.

Fakten über Vitamin-D

 

Was ist Vitamin D?
Unter Vitamin D versteht man eine Gruppe fettlöslicher Substanzen, die der Körper für den Stoffwechsel benötigt. Aus dieser Gruppe ist das Vitamin D3  das bedeutendste. D-Vitamine gelangen in einer Vorstufe in den Organismus.


Wie wird es gebildet?

Vitamin D wird in der Vorstufe über die Nahrung (zu einem sehr geringen Teil) aufgenommen. Hauptsächlich bildet es sich durch Sonnenlicht in der Haut zur Vorstufe aus.


Bildung durch Sonne:

Unter ausreichender Sonnenbestrahlung kann Vitamin D zu 95 Prozent in der Haut gebildet werden.“ Unter Einwirkung von UV-B-Strahlung wird aus einer Vorstufe von Vitamin D (Provitamin D3) in der Haut das Prävitamin D3 hergestellt. Dieses gelangt über den Blutkreislauf in Leber und Niere, wo es schließlich zum biologisch aktiven Vitamin D (Calcitriol) umgewandelt wird. Diese Substanz steht dem Körper dann zur Verfügung.


Wie viel brauchen wir?

Aktuelle europäische Leitlinien sprechen von einem täglichen bedarf von 800 i. e. Vitamin D3. Der BEdarf ist allerdings individuell – und hängt u. a. von Alter, Gewicht und speziellen Bedarfszuständen wie Schwangerschaft und Stillzeit ab. Der individueller Bedarf wird mit einem Bluttest ermittelt.

Funktionen:
– Regulation des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels (wichtig für Knochen- und Zahngesundheit).
– Immunmodulator: Vitamin D fördert eine gesunde Immunantwort und verhindert, dass sich die Abwehrreaktionen gegen körpereigenes Gewebe richtet oder sich chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen bilden.
– Hemmung von schnellem Zellwachstum (schützt vor Krebs)

 

❯❯ So erhöhen Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel

 
✏ Bewegung im Freien
Generell gilt: Machen Sie viel Bewegung im Freien und setzen Sie Teile ­Ihrer Haut – ungeschützt (also ohne UV-Schutz – etwa 15 Minuten pro Tag der (moderaten) Sonne aus. Über die Sommermonate (von April bis Ende September) trifft genug UV-B-Strahlung in unseren Breiten auf die Erdoberfläche, so dass über die Haut ausreichend Vitamin D gebildet werden kann. Dies wird im Fett- und Muskelgewebe gespeichert und dient so als Vorrat für die sonnenarmen ­Wintermonate.

✏ Spiegel erheben
Ob unseres haus- und bürogebundenen Lebensstils besteht bei vielen Menschen nach dem Sommer eine Vitamin-D-Unterversorgung. Diese kann u. a. mit Nahrungsergänzung ausgeglichen werden. Im Rahmen der Statuserhebung kann der Mediziner zudem ermitteln, ob und wie viel Vitamin D in Form von Nahrungsergänzung zugeführt werden sollte. Die ­benötigte Menge ist abhängig vom Alter, dem Gewicht und besonderen Bedarfszuständen wie Schwangerschaft und Stillzeit. Empfehlungen die Einnahme betreffend lauten:
– führen Sie die Supplemente täglich zu.
– Befolgen Sie die vom Mediziner empfohlene Tagesdosis, um Über­dosierung zu vermeiden.
– Nehmen Sie die Präparate mit etwas Fett ein. Da Vitamin D ein fettlösliches Vitamin ist, unterstützen Sie so die Aufnahme im Darm.  

✏ Lichttherapie
Spezielle Lichttherapien mit UV-B-Anteil wirken unterstützend. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten.  

✏ Vitaminreiche kost
15 bis 20 Prozent des Bedarfs kann durch Nahrung gedeckt werden. Der Vitalstoff steckt vor allem in fetten­ ­Fischen. Vegetarier können auf Milchprodukte und Eier zurückgreifen, Veganern bleiben Champignons, Shiitake- und Steinpilze.
Zur Vollversion des Artikels