Hohe Dunkelziffer für Neuropathie
Nervenschmerzen - Was steckt dahinter?
20.04.2016
Neuropathie: Wenn die Nerven leiden
Zehn bis zwölf Prozent der österreichischen Bevölkerung dürften an Störungen des Nervenstoffwechsels leiden. Diese Polyneuropathien mit zum Teil schweren Schmerzen und Lähmungserscheinungen werden aber zu einem hohen Anteil nicht oder nicht ausreichend diagnostiziert und therapiert, sagte der Wiener Neurologe Udo Zifko am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.
Neuropathie bleibt oft unbehandelt
"Viele Patienten gehen mit ihren Symptomen erst gar nicht zum Arzt. Eine Neuropathie kann in jedem Alter auftreten. Das ist 'geschlechtsneutral' (gleich häufig bei Männern und Frauen; Anm.). Die Neuropathie, das sind eigentlich 500 verschiedene Erkrankungen", sagte Zifko, Vorstand der Neurologischen Abteilung am Evangelischen Krankenhaus in Wien.
So macht sich eine Neuropathie bemerkbar
Die Symptome können schleichend auftreten oder auch akut einsetzen. Das reicht von Gefühlsempfindungsstörungen, Brennen an den Fußflächen und strumpfartig verbreiteten Schmerzen an den Beinen bis zu schwersten Schmerzzuständen und Lähmungen.
Diabetes oft als Auslöser
Es gibt vererbbare Neuropathien, sie können aber auch Langzeitfolgen von Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen sein. "Innerhalb von fünf Jahren hat jeder zweite Diabetiker eine Polyneuropathie", betonte der Neurologe.
Die oft unklaren Beschwerden und das mangelnde Bewusstsein für diese Störungen behindern aber offenbar die genaue Abklärung von Verdachtsmomenten und bei exakter Diagnose auch eine mögliche zielgerichtete Therapie. Der Experte sagte: "Die Polyneuropathie ist ein wenig ein Stiefkind." Und dies, obwohl es in Österreich wohl bis zu einer Million Betroffene gebe.
Patienten erhalten oft keine ausreichende Diagnose
An sich könnte die Diagnose einer Polyneuropathie per Erhebung der Krankengeschichte, einer klinischen Untersuchung sowie Labortests und Bestimmung der Nerven-Leitgeschwindigkeit leicht gestellt werden. Nach einem Medienbericht zu dem Thema registrierte Zifko mehr als hundert Anfragen von unzufriedenen Patienten. "68 Prozent hatten keine ausreichende Diagnose. Zehn Prozent hatten keine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit gehabt", sagte der Neurologe. 30 Prozent der Kranken hätten keine entsprechende therapeutische Option erhalten. Wirksame Medikamente, zum Beispiel bei Nervenschmerzen wirksame Antiepileptika, würden oft unterdosiert.
Was die Medizin bewirken kann, versuchte Jörg Leiter, Obmann der Selbsthilfegruppe Polyneuropathie, darzustellen. Nach 25 Jahren Leidensweg saß er vor einigen Jahren bereits im Rollstuhl. Durch die entsprechende Behandlung besserte sich sein Zustand deutlich. "2015 im November habe ich wieder die ersten Schritte machen können. Ein Wunder, dass ich da aus dem Rollstuhl gekommen bin (...)." Am Freitag (22. April) findet in Wien ein Fachtag zu dem Thema statt (www.fachtag-neuropathie.at), an dem auch Patienten teilnehmen können.