Schmerzen ohne klare Ursache? In vielen Fällen steckt ein Problem im peripheren Nervensystem dahinter.
Schmerz erfüllt eine wichtige Schutzfunktion im Körper und warnt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Diese akuten, plötzlich auftretenden Schmerzen verschwinden normalerweise mit Abklingen des Auslösers. Bei rund 1,5 Millionen Österreichern ist dies nicht der Fall. Sie leiden an dauerhaften, chronischen Schmerzen, haben oft bereits einen langen Leidensweg hinter sich, und die Ursache des Problems bleibt unklar. Dass ein Problem im peripheren Nervensystem dahinterstecken kann, wird selbst von Top-Medizinern viel zu selten bedacht. Die gute Nachricht: Es gibt Hilfe! Durch einen kleinen chirurgischen Eingriff ist es möglich, Nervenschmerzen vollständig zu beseitigen.
Sensibles Netzwerk
Das Nervensystem ist das Kommunikations- und Koordinationsnetzwerk des menschlichen Organismus. Wie Leitungen laufen die Nerven durch unseren ganzen Körper und melden dem Gehirn, was im und außerhalb des Körpers passiert. Die Kommunikation zwischen Milliarden von Nervenzellen erfolgt durch chemische und elektrische Signale. Dieses wichtige, aber auch äußerst sensible Netzwerk besteht aus dem Zentralnervensystem und dem peripheren Nervensystem. Die Nervenbahnen des peripheren Nervensystems, das im Gegensatz zum Zentralnervensystem außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegt, leiten Reize wie Wärme, Kälte, Berührung, aber auch Schmerz ans Gehirn. Kommt es in diesem System zu einem Problem – etwa in Form einer Nervenverletzung oder Einengung – kann dies zu Schmerzen, Empfindungsstörungen, Taubheitsgefühl oder anderen Missempfindungen führen.
✏ Schmerzreiz Werden die kleinen Sinneszellen am Ende der peripheren Nerven gereizt, wird dieser Schmerzreiz als elektrisches Signal zum Rückenmark geleitet. ✏ Botenstoffe Die Signalübertragung von peripheren Nerven erfolgt durch Ausschüttung schmerzauslösender Botenstoffe. Diese Neurotransmitter docken an den passenden Rezeptoren an und werden zum Gehirn transportiert. ✏ Schmerzhemmung Bei Verarbeitung des Schmerzreizes setzt das Gehirn schmerzhemmende Botenstoffe frei. Mit denen wird die Übertragung der Schmerzsignale gehemmt. ✏ Schmerzgedächtnis Wird ein Nerv geschädigt oder eingeengt, stört das die Reizleitung. Folge: unspezifische Beschwerden. Lang anhaltende Schmerzreize verändern die Nervenzelle, die auch ohne Reiz Schmerzsignale an das Gehirn sendet (Schmerzgedächtnis). |
Wenn der Nerv schmerzt
Der Nervenschmerz hat viele Gesichter. Chronische Kopfschmerzen, Beschwerden in den Gelenken, der Leistengegend oder Missempfindungen in Armen und Beinen sind zu einem Großteil auf geschädigte, durchtrennte oder gequetschte Nerven zurückzuführen. Die Symptome treten häufig nach Unfällen, Operationen, bei Migränepatienten oder Diabetikern auf. Um diese meist sehr intensiven Schmerzen wieder loszuwerden, ist ein Experte für Nervenschmerzen gefragt.
Hilfe durch Nervenchirurgie
Während die meisten von uns bei dem Begriff Plastische Chirurgie nur an Schönheitsoperationen denken, wissen die wenigsten, dass sich dieser Fachbereich auch mit Erkrankungen des peripheren Nervensystems beschäftigt. Ein Spezialist auf dem Gebiet der Nervenchirurgie ist Dr. Veith Moser, Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. Der Oberarzt am Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler ist Mitbegründer des 1. Wiener Nervenschmerzzentrums. Sein Anliegen ist es, Bewusstsein zu schaffen, dass es diese Art von Schmerzen gibt. Die Grundlage für eine zielführende Behandlung von Nervenschmerzen ist eine schrittweise interdisziplinäre Diagnose. Auf diesem Behandlungskonzept baut das 1. Wiener Nervenschmerzzentrum durch ein Team von Experten aus den Bereichen Neurologie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie sowie der Plastisch Rekonstruktiven Chirurgie auf. Wird nun festgestellt, dass der Schmerz tatsächlich peripheren Ursprungs ist und konservativ nicht zu behandeln ist, kann ein mikrochirurgischer Eingriff dauerhaft Abhilfe schaffen. Dr. Moser führt als einer der wenigen österreichischen Fachärzte mikrochirurgische Denervationen durch. Dabei wird der den Schmerz verursachende Nerv aufgesucht und durchtrennt.
Exakte Lokalisation
Ein Nerv ist ein sehr dünnes Gebilde, oft nicht dicker als einen oder zwei Millimeter. Dank moderner Nervenultraschalluntersuchung (hochauflösender Ultraschall) ist es möglich, Einengungen oder Beschädigungen von Nerven genau zu lokalisieren und darzustellen. „Diese Nervenultraschalluntersuchung hat die Nervenchirurgie in den letzten Jahren revolutioniert, weil wir viel mehr Informationen gewinnen und viel exakter therapieren können“, erklärt Dr. Moser. „Man sieht auch, ob kleine Nervenverbindungen bestehen. Wenn da ein Verbindungsnerv ist, muss dieser auch entfernt werden. Bei der Operation findet man einen Nerv, der unter einem Millimeter klein ist, aber nur, wenn man weiß, dass er dort ist. Daher wird vor dem Eingriff genau markiert, wo ich meine Nerven zu erwarten habe“, so der Experte.
Die Behandlung
Operiert wird nur, wenn es für den Patienten einen Benefit bringt. Um festzustellen, ob eine Operation angemessen ist, wird der entsprechende Nerv durch Injizieren eines lokalen Betäubungsmittels blockiert. „Führt diese Testblockade zu einer Schmerzfreiheit über einige Stunden, kann man davon ausgehen, dass auch die Operation zu einer dauerhaften Schmerzfreiheit führt. Zeigt sich keine Besserung, liegt der Schmerz bereits im Schmerzgedächtnis und eine Operation wird nichts bringen“, erklärt der Plastische Chirurg. Besteht ein Schmerz über einen längeren Zeitraum und hat er sich einmal im Schmerzgedächtnis (Zentralnervensystem im Gehirn) eingebrannt, stößt die Nervenchirurgie an ihre Grenzen. „Dann lässt sich der Schmerz nicht mehr heilen, sondern wir müssen Maßnahmen ergreifen, um den Schmerz erträglich zu machen“, so Dr. Moser. Zeigt die Testblockade eine positive Wirkung, erfolgt der mikrochirurgische Eingriff. „Entweder befreie ich den Nerv von seiner Einengung oder ich muss ihn durchtrennen, weil er dort abgestorben ist. Das kann man aber vorher oft nicht sagen“, erklärt der Experte.
Eigenleben von Nerven
Nerven sind sehr sensibel. Der Chirurg kann vor einer Operation nicht garantieren, dass sich die Funktion eines eingeengten Nervs wieder einstellt, auch wenn er ausreichend Platz hat. Die Notwendigkeit von Folgeoperationen kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. In 10 bis 20 Prozent der Fälle kommt es nach der Operation zu einem neuerlichen Auftreten von Schmerzen, da sich der Nerv entweder einen anderen Weg sucht (etwa über die Beinhaut) oder andere Schmerzen in den Vordergrund treten, die bisher nur ausgeblendet wurden. Eines kann Dr. Moser aber versprechen: Die für den Eingriff verantwortlichen Schmerzen werden zu 90 Prozent durch die Operation besser oder verschwinden völlig.
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Wie werden Nervenschmerzen behandelt?
Wie ist die Erfolgsaussicht der OP?
Dr. Veith Moser |