Große Sorge um Hollywood-Star: Bruce Willis ist nach Angaben seiner Familie an frontotemporaler Demenz erkrankt. Wir haben einen Neurologen gefragt, was man genau darunter versteht und ob man diese Krankheit therapieren kann.
Bereits im März 2022 hat die Familie des Schauspielers bekannt gegeben, dass er seine Karriere beendet. Damals hieß es, Bruce Willis (67) leide an Aphasie - einer Sprachstörung. Doch nun sei die Erkrankung weiter fortgeschritten und sie haben nun eine genauere Diagnose -frontotemporale Demenz.
Im Interview. gesund&fit fragte DDr. Raphael Bonelli, Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, was man sich unter dieser Diagnose vorstellen kann.
Zunehmende Taktlosigkeit
"Frontotemporale Demenz (FTD) - früher auch bekannt unter den Namen 'Morbus Pick' oder 'Pick-Krankheit' - ist eine neurodegenerative Krankheit, das heißt die Gehirnzellen gehen nach und nach zugrunde", so DDr. Bonelli. Es handelt sich laut dem Neurologen um eine relativ seltene Demenzform - sie mache bis zu zehn Prozent der Demenzen aus. Betroffen sei das Frontalhirn bzw. der Stirnlappen -der Sitz der Persönlichkeit.
Keine Rücksicht mehr auf gesellschaftliche Normen. Das sei sehr tragisch für die Betroffenen, weil sie sich infolgedessen völlig unangepasst und enthemmt verhalten. "Sie reden frei von der Leber weg und können soziale Situationen nicht richtig einschätzen", führt der Mediziner fort. Das liege daran, dass sozial relevante Daten im Frontalhirn verarbeitet werden. Ein gesunder Mensch spricht nicht alles aus, was er sich denkt -eine Person, die an frontotemporaler Demenz erkrankt ist, schon, denn sie hat die Kontrolle über das soziale Handeln verloren. Manche FTD-Patient:innen können sogar kriminell werden, weil sie soziale Hemmungen verloren haben. Sie können sich nicht mehr in das soziale Ganze einordnen -sie haben kein Gefühl dafür, was richtig und was falsch ist. Typisch seien auch Sprachstörungen, wie bei Bruce Willis, der aus der Öffentlichkeit abgezogen worden ist.
Gedächtnisstörungen sind selten. Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz zeige sich bei der frontotemporalen Demenz in den meisten Fällen zu Beginn jedoch keine Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Im Endstadium können aber auch ausgeprägte Lang- und Kurzzeitgedächtnisstörungen auftreten.
Verlauf. Klassischerweise liege der Erkrankungsbeginn etwa nach dem 60. Lebensjahr und es komme zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Symptomatik. "Die Lebenserwartung der Patient:innen ist eingeschränkt, durchschnittlich sterben die Betroffenen etwa acht Jahre nach der Diagnose", informiert der Mediziner.
So erfolgt die Diagnose
Die Diagnose wird DDr. Bonelli zufolge zunächst klinisch gestellt, das heißt aufgrund der typischen Symptome -in dem Fall anhand des auffälligen Verhaltens. Sinn mache auch darüber hinaus ein MRT (Magnetresonanztomographie). Üblicherweise kommt insbesondere ein SPECT (Single-Photon-Emissionscomputertomographie) zum Einsatz -eine nuklearmedizinische Untersuchung. Sie könne die Krankheit im Stirnlappen ersichtlich machen. Man könnte auch bei neurologischen Erkrankungen zudem eine Liquoruntersuchung (Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit) durchführen. Sie würde ein erhöhtes Tauprotein darstellen (Tauprotein: biochemischer Marker für die Demenz-Krankheit). Die endgültige Diagnose erfolge jedoch erst in der Obduktion, also nach dem Versterben der Patient:innen.
Ursache und Therapie
Die genaue Ursache dieser Krankheit sei noch nicht bekannt. FTD sei noch nicht zur Gänze erforscht worden. Laut DDr. Bonelli gibt es gewisse Hinweise, auf eine genetische Komponente. Das Gen könnte eine Rolle spielen, doch die frontotemporale Demenz werde vermutlich nicht vererbt. Bekannt sei aber - wie bereits erwähnt - dass das Gehirn langsam abbaue, aber hauptsächlich frontal, also vorne.
Therapie. Es gibt zwar Medikamente, die schwach wirken, aber eine kausale Therapie existiere noch nicht.
Schutz der Betroffenen. "Auf diese Menschen muss man jedenfalls gut aufpassen", so der Arzt abschließend.
Hollywood-Star Bruce Willis:
Kindheit
Geboren wurde er im März 1955 in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz als Sohn eines US-Soldaten und einer deutschen Mutter. Die Familie zog dann zwei Jahre später nach New Jersey in Amerika. Da Bruce Willis schüchtern war und stotterte, griff man als Therapieansatz während der Schulzeit auf Theaterspiel zurück.
Schauspielkarriere
Nach der Schulausbildung wurde Willis kurzzeitig Privatdetektiv. Zum Fernsehstar wurde er ab 1985 mit der Serie "Das Model und der Schnüffler" als Privatermittler David Addison an der Seite von Cybill Shepherd. Zur Legende wurde er schließlich als New Yorker Polizist John McClane in der Actionreihe "Stirb langsam". Zu sehen war der Schauspieler auch im Kultfilm "Pulp Fiction", in "Das Fünfte Element", "Armageddon" und "The Sixth Sense".
Patchwork-Familie
Willis heiratete 1987 Schauspielkollegin Demi Moore -mit ihr hat er drei erwachsene Töchter. Seit 2009 ist der Hollywood-Star mit dem Model Emma Heming verheiratet, das Paar hat zwei Töchter.
Info kompakt: Frontalhirn
Lage
Das Frontalhirn befindet sich im vorderen Bereich des Großhirns. Er wird in drei Regionen unterteilt: die motorische, die prämotorische und die präfrontale Region.
Funktion und Aufgaben
Komplex und wichtig. Das Frontalhirn steuert Denken, Entscheiden, Planen, Konzentrationsfähigkeit, Sozialverhalten wie Taktgefühl, Urteilsvermögen, Schamempfinden sowie Anstand, Zielstrebigkeit, generelle intellektuelle Fähigkeiten bzw. Problemlösung, Humor und steht in Verbindung mit der Persönlichkeit. Außerdem zeichnet es verantwortlich für die Sprachmotorik, die Augenmotorik, die Blasen- und Enddarmmotorik und die Gesichtsmotorik.
Erkrankungen des Gehirns
Abbau. Ist das Frontalhirn geschädigt, verliert man -je nachdem, welcher Teil betroffen ist -viele der genannten Fähigkeiten. Im Bereich des Frontallappens können unterschiedliche Krankheiten oder Beschwerden auftreten wie etwa die frontotemporale Demenz oder Tumore. Auch ein Schlaganfall kann die Fähigkeiten des Frontalhirns beeinträchtigen. Außerdem können sich Alterseffekte im Frontalhirn bemerkbar machen.
Die Gesundheit des Gehirns fördern
Sport. Durch Bewegung verbessert man die Durchblutung sowie Sauerstoffversorgung des Gehirns und kann das Risiko für Schlaganfälle reduzieren. Ernährung. Durch eine pflanzenbasierte, fettreduzierte Ernährung vermindert man laut Studien das Risiko für die Entstehung von Demenzerkrankungen. Sozialleben. Zwischenmenschlicher Austausch kann laut einer Harvard-Studie das Stressniveau senken, glücklich machen und somit auch die Gesundheit des Gehirns fördern.