Konferenz in Wien
Wenig Hoffnung auf effektive Alzheimer-Therapien
29.03.2017Nach Fehlschlag ist die Wissenschaft auf die Grundlagenforschung zurückgeworfen
Auch mehr als 110 Jahre nach der Entdeckung der Alzheimer-Krankheit gibt es noch keine Hoffnung auf eine ursächliche Behandlung der Krankheit. Nach dem Fehlschlag einer Studie mit einem monoklonalen Antikörper Ende vergangenen Jahres ist die Wissenschaft auf die Grundlagenforschung zurückgeworfen. Das zeigte sich am Mittwoch bei der Internationalen Alzheimer und Morbus Parkinson Konferenz in Wien.
Tickende Zeitbombe
Die Demenzerkrankungen - die häufigste Form ist Morbus Alzheimer - stellen weltweit eine tickende Zeitbombe dar: In Europa gab es im Jahr 2000 rund 1,9 Millionen neue Demenzpatienten (eine Million an Morbus Alzheimer neu Erkrankte). Für 2020 wird mit 2,6 Millionen neu diagnostizierten Demenzkranken (1,4 Millionen Alzheimerpatienten) gerechnet. Der Neuzuwachs im Jahr 2050 dürfte bei 4,2 Millionen Patienten liegen (Morbus Alzheimer-Neudiagnosen: 2,4 Millionen Patienten). In Europa gab es im Jahr 2001 insgesamt 7,7 Millionen Demenzpatienten. 2020 werden 10,8 Millionen Personen betroffen sein, im Jahr 2040 15,9 Millionen. Für Österreich wurde für das Jahr 2000 eine Zahl von 90.500 von Demenz Betroffenen errechnet. 2010 waren es bereits 112.600 Patienten. Bis 2050 soll die Zahl auf 262.200 Betroffene steigen.
Krankheitsmechanismus bleibt ein Rätsel
Die bisher verwendeten Arzneimittel - vor allem die sogenannten Cholinesterase-Hemmer und das Medikament Memantine - können nur die Symptome der neurdegenerativen Alzheimer-Krankheit etwas bremsen. Nach wie vor ist nicht klar, welcher Krankheitsmechanismus wirklich hinter der Mehrheit der Erkrankungen hauptsächlich steckt. Weiterhin suchen Wissenschafter nach biochemischen Merkmalen der Erkrankung, welche sich eventuell für die Diagnose oder gar als Ziele für eine Therapie verwenden ließen.
Pathologe Gerard Schellenberg von Universität des US-Bundesstaates Pennsylvania in Philadelphia stellte am Mittwoch bei der Konferenz mit rund 3.000 teilnehmenden Experten dazu ein großes Genom-Sequenzierprojekt vor. Die Gendaten von Betroffenen mit erblich bedingter früh auftretender Alzheimer-Demenz werden mit jenen von Gesunden verglichen. Ähnliches geschieht in einer Gegenüberstellung der Genom-Sequenzdaten zwischen Gesunden und Personen mit nicht erblich bedingtem Morbus Alzheimer. Die Studien sind ausgesprochen kompliziert, weil sie auch über die verschiedensten Bevölkerungsgruppen in den USA hinweg durchgeführt werden. 500 Personen mit kaukasischer Abstammung werden genauso untersucht wie 500 Afroamerikaner und 500 Personen mit hispanischem Familienhintergrund.
Amyloid-Protein (Amyloid-Beta)
Lange Jahre konzentrierte man sich auf die bei Morbus Alzheimer ursprünglich von dem für die Krankheit namensgebenden deutschen Pathologen Aloys Alzheimer im Gehirn festgestellten vermehrten Ablagerungen einer nicht abbaubaren Variante des Amyloid-Proteins (Amyloid-Beta) als möglichen Angriffspunkt für Therapien. Doch erst Ende Dezember 2016 zeigte eine groß angelegte Studie mit 2.100 Patienten, dass der vom US-Pharmakmonzern Eli Lilly entwickelte monoklonale Antikörper Solanezumab die chronische Verschlechterung der Gehirnleistung bei Alzheimer-Patienten nicht bremsen kann. Analysten hatten dem Medikament im Falle der Marktzulassung einen Jahresumsatz von fünf Milliarden US-Dollar zugetraut.