Aber die Kenntnis einer allfälligen Infektion wäre ausschlaggebend für Zurückdrängung von HIV/Aids.
In Österreich hat es bisher bestätigte 3.792 Aids-Erkrankungen
gegeben. 1.986 Personen sind daran gestorben. Die Zahl der diagnostizierten Infektionen ist leicht rückläufig. Doch für das Zurückdrängen von HIV/Aids wäre es extrem wichtig, dass möglichst alle Infizierte davon wissen und behandelt werden. Das erklärten Fachleute am Donnerstag bei einer Pressekonferenz der Aids Hilfe Wien.
Prävention
Der Obmann der Organisation, Dennis Beck, betonte aus Anlass des Welt-Aids-Tages (1. Dezember) die Bedeutung von Prävention, Tests und Therapie: "Die Nachrichten zum Welt-Aids-Tag werden immer besser. Die Vereinten Nationen haben eine Strategie. Mit dieser Strategie ("90-90-90") soll der entscheidende Wendepunkt erreicht werden, Aids ist zu besiegen. Die Waffen, um den Kampf gegen HIV/Aids zu gewinnen sind Prävention, Früherkennung und Therapie."
Bis 2020 sollen laut WHO 90 Prozent der weltweit mit HIV Infizierten diesen Status auch kennen. Davon sollen 90 Prozent eine hoch wirksame Therapie erhalten - und bei 90 Prozent von ihnen soll das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar sein. Beck: "Dafür sind bis 2016 weltweit umgerechnet rund zwölf Milliarden Euro notwendig."
Weniger Neuinfektionen
An sich hat international der Trend zu einer niedrigeren HIV-Neuinfektionsrate und weniger Aids-Todesfällen bereits vor einiger Zeit begonnen. In Österreich mit seinem Gesundheits- und Sozialsystem wären die Voraussetzungen für einen Sieg über HIV/Aids besonders gut. Dem steht das Faktum gegenüber, dass sich pro Tag noch immer ein bis zwei Menschen mit dem Immunschwächevirus anstecken. Beck nannte an sich positive Zahlen: "In den ersten drei Quartalen wurden in diesem Jahr 307 Neuinfektionen festgestellt, im vergangenen Jahr waren es (im Vergleichszeitraum; Anm.) 360. Wir gehen für 2014 jetzt von 400 bis 420 festgestellten Neuinfektionen aus. Vergangenes Jahr waren es 481."
Doch ob diese Entwicklung - bei insgesamt in Österreich rund 10.000 bis 15.000 Menschen mit HIV - auch wirklich eine Verbesserung darstellt, lässt sich schwer sagen. Auch in Österreich handelt es sich bei den HIV-Diagnosen nämlich um Spätdiagnosen, die schon viel früher erfolgen hätten können.
Der Wiener Pulmologe und Aids-Pionier Norbert Vetter: "Wenn die Therapie so unglaublich wirksam ist, müssen wir wissen, wem man die Therapie geben kann. Man will ja verhindern, dass die Infektion weitergegeben wird." Die antiretrovirale Behandlung drückt die Konzentration von HI-Viren unter die Nachweisgrenze. Damit wird HIV/Aids zu einer chronischen Erkrankung. Die Infektiösität der Betroffenen aber wird dadurch faktisch beseitigt, wie mehrere wissenschaftliche Studien belegt haben.
Vetter nannte dazu ein schlagendes Beispiel: An seine Abteilung am SMZ Baumgartner Höhe war ein 17-jähriger um 3.00 Uhr früh von seinem Vater gebracht worden. Der Bursch hatte erzählt, er hätte sich Blut von einem HIV-Positiven injiziert. Sofort erhielt der 17-Jährige eine Notfall-Anti-HIV-Therapie zur Prophylaxe. Er wies Antikörper auf, die wohl von dem Infizierten stammten. Sie verschwanden wieder. Gleichzeitig wurde nachgefragt, welches Blut sich der Bursch injiziert hatte. Man kam auf einen Patienten der Abteilung, der hervorragend behandelt war. Der 17-Jährige wurde nicht HIV-positiv - obwohl es sich um eine Höchstrisiko-Situation gehandelt hatte.
Tests möglichst früh
Deshalb sollten HIV-Tests möglichst früh und niederschwellig stattfinden, sagte der Aids Hilfe Wien-Geschäftsführer Philipp Dirnberger: "Wir haben ein europäisches Phänomen, dass die Menschen sehr spät in Behandlung kommen." Bis morgen, Freitag, läuft noch die europäische HIV-Testwoche, bei der man sich speziell an Menschen richtet, die ein vermehrtes Risiko aufweisen. Die an von ihnen frequentierten Orten angebotenen Tests seien um ein vielfaches zielgenauer als Millionen Tests unter der Allgemeinbevölkerung in Spitälern etc., meinen Fachleute.