Bis zu 300.000 Frauen in Österreich leiden an der gutartigen Erkrankung. Oft wird sie erst nach vielen Jahren diagnostiziert: Experten und Betroffene verraten, wie man sie erkennen und heilen kann.
Acht Jahre lang litt Ariane Broermann, heute 43, an extrem heftigen Regelschmerzen. Als man bei der in Wien lebenden Deutschen schließlich Endometriose diagnostizierte, waren die Verwachsungen bereits so stark, dass sie bei einer Operation nicht entfernt werden konnten (siehe Seite 50).
Rätselhaft
„Immer wenn Menstruationsschmerzen besonders intensiv sind oder schon ein bis zwei Tage vor der Blutung auftreten, es beim Geschlechtsverkehr zu Schmerzen kommt oder der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, könnte Endometriose die Ursache sein“, weiß der Wiener Gynäkologe Gernot Hudelist (siehe Interview auf Seite 51).
Tatsächlich ist das Frauenleiden mit dem sperrigen Namen ein Stiefkind der Medizin. Und dabei alles andere als selten: Bis zu zehn Prozent aller Frauen zwischen der Pubertät und den Wechseljahren sind davon betroffen – etwa die Hälfte davon mit starken Beschwerden. Allein in Österreich sind das zwischen 150.000 und 300.000 Frauen. Dennoch wurde Endometriose – in den Achtzigern aufgrund der vielen kinderlosen PatienKrankheit“ bezeichnet, – lange Zeit von der Forschung vernachlässigt: Im Schnitt dauert es sechs Jahre, bis eine Endometriose-Patientin endlich die richtige Diagnose gestellt bekommt.
Aufklärung
Das soll sich ändern: Mitte Februar startet die Endometriose Vereinigung Austria eine Kampagne, um auf das Frauenthema aufmerksam zu machen. „Endometriose ist eine so weit verbreitete Krankheit und hat für ihre Häufigkeit und Schwere einen noch viel zu kleinen Stellenwert in der Aufmerksamkeit der Medien und der Bevölkerung“, sagt Rita Hofmeister, selbst Betroffene und Obfrau der Vereinigung.
Wie aber kommt es überhaupt zu dieser mysteriösen Erkrankung, unter der so viele Frauen leiden? Nun: Bei der Endometriose siedeln sich Teile der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter an und können Blase, Darm, Eierstöcke oder Bauchfell befallen. Warum das so ist, ist noch weitgehend ungeklärt. Möglicherweise spielen die Gene eine Rolle: „Studien konnten zeigen, dass Endometriose familiär gehäuft auftreten kann. Weiters habe ich selbst einige Zwillingspaare in Erinnerung, die die Erkrankung in derselben Ausprägung hatten – somit kann eine genetische Komponente angenommen werden“, meint Experte Hudelist.
Die Wucherungen selbst sind gutartig, verursachen aber meist massive Schmerzen: Sie reagieren wie die normale Schleimhaut in der Gebärmutter auf die weiblichen Hormone, vor allem auf Östrogene. So kommt es zyklusabhängig zum Anschwellen des Gewebes, während der Menstruation zu Krämpfen, Blutungen und brennenden Schmerzen im gesamten Unterbauch. Die Stärke der Schmerzen muss nicht von Größe und Menge der Herde abhängen. Machen die Wucherungen keine Probleme, muss auch nichts dagegen unternommen werden. Bei Schmerzen jedoch sollten Sie Ihren Gynäkologen unbedingt darauf ansprechen.
Die Therapie
Erfahrene Gynäkologen können typische Kennzeichen einer Endometriose bereits im Ultraschall mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen: Endgültige Klarheit gibt jedoch nur eine Laparoskopie (Bauchspiegelung), im Zuge derer die Herde meist auch gleich entfernt werden können. Allerdings verlangt die vollständige Entfernung einen geschulten Operateur: „Am besten, Patientinnen wenden sich an zertifizierte Endometriose-Zentren“, rät Spezialist Hudelist. Alternative zur OP ist eine Hormontherapie – dabei werden Patientinnen „künstlich“ in den Wechsel versetzt, um die Herde auszuhungern. Nebenwirkungen: Typische Menopausenbeschwerden wie Erschöpfung, Schweißausbrüche oder depressive Verstimmung.
Auch alternative Methoden wie Homöopathie oder TCM können – zumindest ergänzend – Erleichterung schaffen: „Die TCM sieht Endometriose als Blockade im Körper. Mit Kräutern, Akupunktur und der richtigen Ernährung kann man den Energiefluss wieder herstellen“, meint etwa Endometriose-Patientin Ariane Broermann. Zu viel Rohkost und Joghurt zum Beispiel seien „ganz schlecht“ für betroffene Frauen, da sie die Verschleimung im Körper fördern. Besser sind warme, gekochte Mahlzeiten.
Auch Kathrin Steinberger, die bereits zwei Operationen hinter sich hat, sagt: „DIE Therapie schlechthin gibt es nicht. Es ist sehr diffizil, weil jede Frau anders reagiert. Endometriose ist keine Krankheit, die man einfach an den Arzt abgeben kann. Man muss sich selbst fragen: Was will ich? Was brauche ich?“ Eine Aufgabe, die einen in jedem Fall weiterführt – am Weg zu sich selbst.
Lesen Sie den ganzen Artikel und das Interview mit Dr. Gernot Hudelist in Ihrer aktuellen MADONNA.