Untersuchung eines Grazer Wissenschaftlers zeigt: Frauen reagieren anders.
Man liegt hilflos im Zahnarztstuhl, den Mund weit offen, und der Bohrer summt in höchsten Tönen. Das ist für niemanden angenehm, für Zahnbehandlungsphobiker jedoch der schlimmste Albtraum. Die Panik vor dem Bohrer gleicht der krankhaften Angst vor Spinnen und nicht wie bisher angenommen der vor Blut, Verletzung und Spritzen, fanden Grazer Forscher in einem kürzlich abgeschlossenen Projekt heraus.
Die Untersuchung
Die Forscher zeigten in dem vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Projekt Patienten mit Zahnarzt-Panik und solchen, die beim Betreten der Praxis cool bleiben, verschiedene Bilder. Darauf waren Zahnärzte und ihre Bohrer aus der Selbst-Perspektive, die Mündung einer Pistole, ekelige Motive wie Maden sowie neutrale Dinge wie Tassen und Bügeleisen zu sehen. Dabei ermittelten sie die Gehirnströme der Versuchspersonen, ihren Puls und wie sehr sie die Gesichtsmuskeln verzerrten.
Höherer Puls
Zahnbehandlungsphobiker hatten einen höheren Puls und veränderte Gehirnströme, wenn sie Bilder sahen, die etwas mit Zahnarztbesuchen zu tun haben, die Forscher konnten also größere Angst und eine erhöhte Aufmerksamkeit messen. "Wir beobachteten, dass bei den Phobikern der Gehirnbereich aktiver war, in dem optische Reize verarbeitet werden, sie starrten also viel intensiver und aufmerksamer auf die Bilder", erklärte Anne Schienle vom Institut für Psychologie der Universität Graz im Gespräch mit der APA. Während diese erste Schreckreaktion kaum vermeidbar ist, könne man bei der Therapie dort ansetzen, wie die Patienten mit der Furcht umgehen.
Unterschiede
"Unsere Studien zeigen, dass Frauen und Männer intuitiv eine andere Herangehensweise haben", erklärte sie. Während Männer versuchen, ihre Aufmerksamkeit nach außen zu richten, um die Situation kontrollierbarer zu machen, würden Frauen eher in sich gehen und sich um die Schmerzen sorgen. Außerdem spannten die weiblichen Patienten einen Gesichtsmuskel namens "Oberlippenheber" stärker an. So zeigt man Ekel. "Dies spricht für eine größere emotionale Ausdrucksfülle der Frauen", so die Forscher.
Insgesamt ähnelt das Reaktionsprofil dem bei Tier-Angst, passt jedoch nicht zum Blut-Verletzungs-Spritzen-Typ, wo die Psychologen die Zahnbehandlungspanik laut Klassifikationssystem für psychische Störungen aktuell einordnen. Man sollte die gängige Einteilung des Syndroms also "kritisch hinterfragen", meinen die Forscher.
"In der Behandlung von Tierphobien hat man schon ein gutes Repertoire an Therapien, das man nun auch bei Zahnbehandlungsphobikern einsetzen kann", so Schienle. Mit Entspannungstechniken ausgerüstet oder durch Hypnose gestärkt, könnten sie sich etwa zunächst für eine Zahnreinigung in eine Zahnarztpraxis wagen.
Die übertriebene Angst ist nicht nur für die Nerven schlecht, sondern auch für die Zähne - denn sie führt dazu, dass die Betroffenen einen weiten Bogen um Zahnärzte machen und ihre Beißwerkzeuge entsprechend leiden. Worauf es wiederum unwahrscheinlich ist, dass die nächste Zahnbehandlung nur eine schmerzlose Kleinigkeit wird.