Gesundheitsminister Alois Stöger (S) hat am Sonntag (15. November) die Krankenkassenreform verteidigt, deren Umsetzung kommende Woche im Ministerrat auf dem Programm steht. Sie sei ein "Riesenerfolg" und ein "ganz gewaltiger Schritt", denn man habe die Ärzte einbinden können, sagte er in der ORF-Pressestunde. Von Ablösegerüchten zeigte er sich unbeeindruckt, er habe viel zustande gebracht.
Den Vorwurf, dass nur ein "Reförmchen" beschlossen werde, ließ Stöger nicht gelten: "Wir haben noch nie so viele Sanierungsschritte gesetzt wie jetzt." Die Ärztekammer sei erstmals bereit, Veränderungen mitzumachen und Verantwortung für die Kostenentwicklung zu übernehmen. Noch vor einem Jahr habe es zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen Auseinandersetzungen gegeben, und es sei nicht weitergegangen.
Ablehnend zeigte sich der Minister zu der im Vorjahr diskutierten "aut idem"-Regelung, wonach der Arzt nur mehr Wirkstoffe verschreiben und der Apotheker das günstigste Präparat aussuchen sollte. "Ich bin zutiefst überzeugt, dass der Weg, den wir jetzt da beschreiten, der bessere ist." Das Medikament solle vom Arzt verschrieben werden, es handle sich um eine ärztliche Entscheidung.
"Das billigste Medikament ist das Medikament, das beim Patienten wirkt", so Stöger. Er sprach vom "heilenden" Verhältnis zwischen Arzt und Patient. "Insofern habe ich als Gesundheitsminister Vertrauen in die Ärzte zu setzen."
Von Ablösegerüchten zeigte sich Stöger unbeeindruckt: "Ich habe viel zustande gebracht, was viele andere vor mir in dieser ruhigen Art und Weise nicht zustande gebracht haben." Er habe das Vertrauen im Gesundheitsbereich wieder in den Vordergrund gestellt, und Rankings beurteile er nicht.
Kritik von Opposition
Für seinen Auftritt in der ORF-"Pressestunde" erntete der Gesundheitsminister Kritik von der Opposition. Die FPÖ sprach von allgemeiner Überforderung, das BZÖ bezeichnete ihn gar als "größere Gefahr für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher als die Schweinegrippe". Seitens der ÖVP vermisste der Wirtschaftsbund Zukunftskonzepte, wogegen die Grünen immerhin Lob für die rezeptfreie "Pille danach" übrig hatten. Uneingeschränkt zufrieden zeigte sich die SPÖ.
FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein ortete in einer Aussendung einen peinlichen Auftritt des Ministers: "Stöger hat eindrucksvoll bewiesen, dass er mit allen angesprochenen Themen überfordert ist. Egal ob Schweinegrippe, Rauchen, Pille danach oder Gesundheitsreform, Stöger schwamm zwischen Unprofessionalität, Unwissenheit und Unwahrheiten hin und her."
BZÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Spadiut meinte, dass Stöger bei Kassenreform oder Rauchergesetz die Verantwortung nur wegschiebe und nicht selbst bereit sei, zu handeln und Maßnahmen zu setzen. Bei den Maßnahmen gegen die Schweinegrippe agiere er völlig inkompetent.
Kurt Grünewald, Gesundheitssprecher der Grünen, ortete ein "Reförmchen" bei der Kassensanierung, die wahre finanzielle Situation werde verschwiegen. "Stöger schont den Koalitionsfrieden. Essenzielle Punkte werden von ihm nicht angegangen, wie etwa die Auflösung der Zersplitterung von Kompetenzen und Verantwortung und die Beseitigung der kostentreibenden föderalen Strukturen des Gesundheitswesen", erklärte er.
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner vermisste bei Stöger die Bereitschaft, nachhaltige und gesamtheitliche Reformen anzudenken. Für den Wirtschaftsbund sei klar, dass am Ende einer echten Gesundheitsreform die Finanzierung aus einem Topf stehen müsse. "Die Unternehmerinnen und Unternehmer sind die maßgeblichen Finanzierer des Gesundheitssystems und haben ein Recht auf sparsame und effiziente Verwendung ihrer Beiträge", meinte er.
SPÖ-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser zeigte sich dagegen mit ihrem Parteikollegen zufrieden. Die "neue Grippe" werde sehr ernst genommen, Österreich sei hervorragend gerüstet. Die geplanten Gesetzesänderungen stellten eine Trendwende in der Gesundheitspolitik dar. Lob kam auch von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, der die "polemischen und unsachlichen Anwürfe" von BZÖ und FPÖ kritisierte.