Schon jedes fünfte Paar hat Probleme, ein Baby zu kriegen.
Ungeduld ist sicher kein förderlicher Faktor, wenn sich ein Paar ein Kind wünscht. Doch das ist leichter gesagt als getan: Wenn sich trotz „Liebe nach Plan“ oder „fleißigen Übens“ der ersehnte Nachwuchs nicht einstellen will, liegen die Nerven oft blank.
Magische Grenze 30
Allein in Österreich wartet bereits jedes fünfte Paar schon länger als ein Jahr auf den Storch. Warum aber haben so viele Paare Probleme damit, auf natürlichem Weg ein Kind zu empfangen? „Eine der Hauptursachen ist sicher die Tatsache, dass sich viele Frauen erst in einem späteren Lebensabschnitt für ein Baby entscheiden“, erklärt Frauenfacharzt Martin Imhof. Denn: Bekamen Frauen ihr erstes Kind vor 25 Jahren noch in einem Alter von 24 Jahren, liegt das Durchschnittsalter nun bei 29. „Und ab 30 wird es zunehmend schwieriger, Kinder zu bekommen“, sagt Imhof. Die kritische Grenze liegt bei 40 Jahren: „Da beträgt die Wahrscheinlichkeit, auf natürlichem Wege schwanger zu werden, nur mehr zwei Prozent“, so Imhof. Gemeinsam mit zwei anderen Top-Experten beantwortet er die brennendsten Fragen zum Thema Kinderwunsch:
Was ist denn das beste
Alter für eine Frau, um
Kinder zu kriegen?
Martin Imhof: Die Frage kann eher umgekehrt beantwortet werden: Wann ist kein gutes Alter mehr, an Kinder zu denken? Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, nimmt ja bekannterweise mit fortgeschrittenem Alter ab. Das Risiko, dass es aus verschiedenen Gründen nicht klappt, nimmt ab 35 deutlich zu. Rein biologisch ist zwischen 20 und 35 der optimale Zeitraum für die Familienplanung.
Wie oft ist der Mann schuld, wenn es mit dem Baby nicht klappt?
Claus Riedl: In vielen Fällen liegt die Ursache tatsächlich beim Mann. Um eine Fertilität oder Zeugungsfähigkeit festzustellen, ist eine urologische Untersuchung notwendig. Der Check ist auch wichtig, um Krankheiten oder angeborene Fehlbildungen der männlichen Geschlechtsorgane auszuschließen oder zu finden und zu behandeln. Der Facharzt für Urologie und Andrologie (Männerheilkunde) ist Experte für krankhafte Veränderungen am männlichen Genital und für Störungen der männlichen Hormonfunktion.
Primär wird neben einer Ultraschall-Untersuchung von Hoden, Samenblasen und Prostata ein Spermiogramm angefertigt, bei dem die Anzahl und Funktionsfähigkeit der Samenzellen überprüft wird. Abnormale Befunde, die mit einer Einschränkung der Zeugungsfähigkeit einhergehen, werden weiter abgeklärt und dann, soweit möglich, behandelt.
Ab wann sinkt die Spermienqualität des Mannes?
Martin Imhof: Auch die männliche Fruchtbarkeit sinkt kontinuierlich – hält aber oft, wenn auch im verminderten Maße, bis ins hohe Alter an. Dieser langsame „Sinkflug“ wird ab dem 35. Lebensjahr etwas steiler. Zu diesem Zeitpunkt beginnt auch die genetische Qualität abzusinken, ein Faktor, der oft im normalen Spermiogramm nicht erkennbar ist.
Kann man die Spermienqualität positiv beeinflussen?
Martin Imhof: Ja, indem man nicht raucht, Bewegung macht und sich gesund ernährt. Es hat sich auch herausgestellt, dass gewisse Mikronährstoffe die Qualität des Spermiogramms verbessern können.
Claus Riedl: Einige zuletzt erhobene Studien zeigen: Gerade wenn sich keine sichere Ursache für die Fruchtbarkeitsstörung eruieren lässt, können Therapien mit Nahrungsergänzungsstoffen die Spermienqualität verbessern.
Wann macht es Sinn, sich an ein IVF-institut zu wenden?
Wilfried Feichtinger: Üblicherweise liegt Sterilität vor, wenn nach einem Jahr ungeschützten Verkehrs keine Schwangerschaft vorliegt. Dann sollte man zum Fertilitäts-Check beim Arzt. Besteht eine Indikation – etwa wenn die Eileiter nicht durchlässig sind –, dann macht eine In-vitro-Fertilisation (IVF) Sinn.
Wie hoch ist das Risiko einer Zwillingsgeburt bei IVF?
Wilfried Feichtinger: Das lässt sich steuern: Das hängt von der Zahl der transferierten Eizellen ab. Der Trend geht wieder dahin zurück, dass man nur eine befruchtete Eizelle einsetzt. Es gibt aber auch Paare, die wollen gleich zwei. Die Chance, dass man bei zwei eingesetzten Eizellen Zwillinge bekommt, liegt bei 19 Prozent.
Vom Erstgespräch bis zum positiven Schwangerschaftstest: Wie viel Zeit vergeht da im Schnitt?
Wilfried Feichtinger: Im günstigsten Fall, also wenn es gleich klappt, zwei Monate. Ist der Mann unter 50 und die Frau unter 40, übernimmt der Fond 70 Prozent der Kosten und es bleibt ein Selbstbehalt von etwa 1.000 bis 1.200 Euro pro Versuch. Die Erfolgsquote ist sehr altersabhängig. Anfang 30 kann man fast garantieren, dass eine Frau spätestens nach zwei, drei Versuchen ein Kind bekommt. Ab 40 sinkt die Erfolgsquote auf 10 bis 35 Prozent. Aber wir weisen niemanden ab. Ich hatte eine Patientin über 40, die wollte es so lange mit IVF versuchen, bis es klappt: Beim neunten Versuch wurde sie schließlich mit 45 Jahren schwanger.
Beim ersten Kind war ich sofort schwanger; beim zweiten will es nicht klappen: Wie ist das möglich?
Martin Imhof: Das hängt stark ab von der Zeit, die nach der letzten Geburt vergangen ist. Selten ist in der ersten Schwangerschaft oder bei der Geburt etwas passiert, das weitere Schwangerschaften verhindert. Häufig ist es einfach ein Problem des fortgeschrittenen Alters, das Probleme in den Vordergrund rückt, die bis dahin keine Rollen gespielt haben. Eine gründliche Untersuchung auch des Mannes ist oft hilfreich. Auch sollte man die oft nach dem ersten Kind stark veränderten Lebensumstände nicht unterschätzen.
Warum gibt es immer mehr Zwillingsgeburten?
Nicht nur bei den Stars... Noch vor zwei Jahrzehnten kam auf 85 Schwangerschaften gerade einmal eine Zwillingsgeburt. Doch in den vergangenen zwei Jahrzehnten stieg der Zwillingsanteil stetig an. Die Gründe: Zum einen sind Zwillinge eine „Nebenwirkung“ der Fruchtbarkeitsmedizin. „Viele Frauen lassen sich gleich zwei Eizellen einsetzen“, sagt IVF-Spezialist Wilfried Feichtinger. Aber auch Hormonbehandlungen spielen eine Rolle. Außerdem werden heute mehr Frauen als früher zwischen 35 und 39 schwanger. Eine Altersgruppe, in der Zwillingsschwangerschaften statistisch öfter vertreten sind, weil häufiger zwei Eizellen heranreifen. Zweieiige Zwillinge sind übrigens zweimal so häufig wie eineiige.
Wie viel Zeit habe ich noch?
Wenn die Uhr tickt... Jetzt noch nicht – vielleicht später, so denken immer mehr Frauen über ein Baby. Das Problem: „Ab dem fünfunddreißigsten Lebensjahr nimmt die weibliche Fertilität leicht ab; manchmal schon früher“, weiß Johannes Seidel von Woman and Health (www.womanandhealth.com). Und: Mit jedem Jahr wird die Zahl der Eizellen geringer – bis das Reservoir schließlich versiegt. „Auskunft über die Eizellenreserve gibt ein Fruchtbarkeits-Check“, sagt Seidel. Neuester Marker zur Bestimmung der Eizellenreserve ist das Anti-Müller-Hormon (AMH, wird mit einfachem Bluttest ermittelt). Bei einem AMH von 1,6 ng/ml haben altersunabhängig 97 Prozent aller Frauen nur noch eine geringe Reserve an Eianlagen. Frauen um die 40 mit Kinderwunsch sollten auf keinen Fall länger warten.
Die Kinderwunsch-Spezialisten
AO. UNIV.-ROF. DR. WILFRIED FEICHTINGER
Begründer des Wunschbaby- Zentrums und einer der ersten Mediziner weltweit, dem die Geburt eines IVF-Babys zu verdanken ist. Lainzer Straße 6, A-1130 Wien, Tel.: 01/877 77 75, www.wunschbaby.at
PRIM. UNIV.-DOZ. DR. MARTIN IMHOF
Ist Gründer des IMI Zentrums für Kinderwunschmedizin. Schwerpunkte: Kinderwunschdiagnostik. 24 Stunden nach der Diagnose wird mit der richtigen Therapie gestartet. Dorotheergasse 7/19 und 20, 1010 Wien, Tel.: 01/513 06 07, www.imi.co.at
PRIM. UNIV.-DOZ. DR. CLAUS RIEDL
Ist Vorstand der Urologischen Abteilung am Landesklinikum Thermenregion Baden, Feldgasse 30, 2512 Tribuswinkel, Tel.-Nr.: 02252/ 205-430, www.baden.Iknoe.at