Vor einem Jahr ganz unten, nun der Superstar. So tickt der Adler.
Zufrieden und überglücklich lehnt Andreas Kofler beim Kaminfeuer im ÖSV-Mannschaftshotel "Hechl" in Tauplitz. Sein Blick ist in die lodernde Glut gerichtet. Ganz so, als wolle er damit sagen: Ich weiß, wie es sich da drinnen anfühlt. "Wenn man erfolgreich sein will, muss man dafür durchs Feuer gehen!", lacht Kofler.
Er weiß, wovon er spricht
Denn im besten Skispringer-Team
der Welt war vor 12 Monaten kein Platz mehr für ihn. Nachdem er in
Bischofshofen nicht einmal die Qualifikation schaffte, reifte der
Entschluss: "Ich werde mich selber retten." In Coach Markus
Maurberger fand er rasch einen Förderer. Er weckte in ihm wieder die
Leidenschaft fürs Springen. Kurios: Der Trainer ließ Kofler auf jener
Kinderschanze in Natters trainieren, wo er als Knirps seine Karriere
startete. Dort fand er sich plötzlich neben achtjährigen Kindern. Kofler: "Das
war der Knackpunkt." Und machte den ewigen Zweiten zum Siegertypen.
Schon fast ganz oben
In Turin 2006 sah er wie der sichere
Olympiasieger aus. Doch am Ende schnappte ihm Thomas Morgenstern die
Goldmedaille um lächerliche 0,1 Punkte (5 Zentimeter) weg.
"Krieger des Lichts"
Ein Esoterik-Buch rettete ihn vor
dem Einbruch. "Krieger des Lichts" von Bestseller-Autor Paulo
Coelho ist seither sein ständiger Begleiter. "Ich identifiziere
mich stark mit diesen Lehren." Coelhos Botschaft wurde zu Koflers
Credo: Für jede Niederlage gibt es zwei Siege. Und: Im Leben gibt es immer
eine zweite Chance.
Starke Frau
Hinter seiner Wiedergeburt als Star steht aber eine
starke Frau: Sie heißt Michaela (29). Mit seiner Langzeitfreundin führt "Mr.
Eightpack" eine Fernbeziehung. Die Karrierefrau managt in Wels und
Vöcklabruck zwei SnowboardShops. "Wir sind zwei
selbstständige Menschen, denen Freiraum wichtig ist."
So kam es heuer im Sommer dazu, dass Kofler alleine eine Drei-Zimmer-Wohnung in Thaur bezog. In seinem Hobbykeller schaltet er am liebsten ab. Dort hängt auch ein Poster von seinem Vorbild. Es zeigt Hermann Maier bei seinem legendären Olympiasturz. Kofler: "Er hat immer gekämpft. Genauso wie ich."
Der neue Vier-Schanzen-König im Intimtalk
ÖSTERREICH: Andreas, mit Ihrer Geschichte haben Sie Millionen
von Menschen berührt. Hatten Sie schon überhaupt Zeit, das Erlebte zu
realisieren?
Andreas Kofler: Wenn ich ganz ehrlich bin:
Nein. Da sind so viele Emotionen und Gefühle frei geworden, das muss ich
erst einmal alles verarbeiten, wenn ich wieder nach Hause komme.
ÖSTERREICH: Was wird das Erste sein, das Sie dort tun werden?
Zeitungsausschnitte über Ihren Triumphzug studieren oder Tournee-Highlights
auf DVD schauen?
Kofler: Weder noch: Ich werde
staubsaugen! Ich bin ja seit Ende Dezember nicht mehr zu Hause gewesen. Da
fällt einiges an Arbeit an. Außerdem lese ich so gut wie nie Schlagzeilen
über mich. Ruhm ist etwas Vergängliches, das bedeutet mir nichts.
ÖSTERREICH: Ihre Freundin Michaela ist letztes Jahr nicht mit
Ihnen in die neue Wohnung nach Thaur gezogen. Das hat zu vielen
Spekulationen geführt.
Kofler: Ich habe befürchtet,
dass einige Leute daraus ein Thema machen würden. Ich kann nur sagen, dass
es zwischen uns beiden passt und die Michaela und ich zusammen sind.
ÖSTERREICH: Weil Sie in Tirol sind und Ihre Freundin in
Oberösterreich lebt?
Kofler: Ja. Für einige ist das
schwer zu begreifen. Aber ich habe im Sommer vieles umgestellt. Sowohl im
beruflichen als auch im privaten Bereich. Mir ist Eigenständigkeit einfach
wichtig. Nur weil man jemandem Freiräume lässt, heißt das nicht, dass man
getrennt ist.
ÖSTERREICH: Viele beschreiben Sie als Sonnyboy. Sind Sie privat
auch immer fröhlich und gut drauf?
Kofler: Klar bin
ich nachdenklich, wenn es einmal nicht so gut läuft. Aber eigentlich bin ich
ein froher Typ, der das Leben genießt.
ÖSTERREICH: Sie kennen aber auch die Schattenseiten des Sports.
Genießen Sie die Augenblicke im Rampenlicht jetzt mehr als früher?
Kofler:
Jeder Moment, den man als Sportler erleben darf, ist schön. Vor allem, wenn
man erfolgreich ist. Aber es gibt auch die andere Seite. In meinem
Lieblingsbuch „Krieger des Lichts“ heißt es: Für jede Niederlage gibt es
zwei Siege. Man muss einfach an sich glauben und seinen Weg gehen.
ÖSTERREICH: Im Buch heißt es auch, man muss an Wunder glauben, um
erfolgreich zu sein. Sind Sie ein gläubiger Mensch?
Kofler:
Das bin ich mit Sicherheit. Ich glaube an eine höhere Kraft, die mich leitet
und meinen Weg gehen lässt.
ÖSTERREICH: Hat Sie diese auch wieder an die Spitze zurückkehren
lassen?
Kofler: Ja. Dazu kommen aber auch Menschen, die
mir Kraft gegeben haben, dass alles durchzustehen.
ÖSTERREICH: Hatten Sie jemals an Rücktritt gedacht?
Kofler:
Nein. Ich wusste, ich werde mich selber retten.
ÖSTERREICH: Welchen Anteil am Erfolg hat Ihr Trainer Markus
Maurberger?
Kofler: Markus hat mir geholfen, mich top zu
motivieren. Es ist echt cool, mit ihm zusammenzuarbeiten. Die Chemie hat von
Anfang an zwischen uns gepasst.
ÖSTERREICH: Cheftrainer Alex Pointner sagt über Sie: Das ist der
stärkste Andreas Kofler aller Zeiten. Können Sie auch bei Olympia die ganz
große Sensation schaffen?
Kofler: Ich sag es einmal
so: Mit Olympia habe ich noch eine Rechnung offen. Ich bin in der Form
meines Lebens. Jetzt ist alles für mich möglich. Auch Gold in Vancouver.