Wiens First Lady Dagmar Koller wird 70: Warum sie nicht feiern will
Sie lacht noch immer wie ein Mädchen und in ihren Augen blitzt die Neugier aufs Leben. Kaum zu glauben: Österreichs Grand Dame Dagmar Koller feiert heute, Mittwoch, ihren 70. Geburtstag – auf ihre eigene Art. Weit weg von Wien, bei Dreharbeiten für das ZDF, wie sie im ÖSTERREICH-Interview verrät. Denn mit eiserner Disziplin, die sie als Balletttänzerin von klein auf trainiert hat, hält die gefeierte Operetten-Diva (My Fair Lady, Mann von La Mancha) das Trauerjahr für ihren am 24. Oktober 2008 verstorbenen Mann, Altbürgermeister Helmut Zilk, ein.
Was sie danach vorhat und warum sie trotz ihrer Trauer nicht verbittert ist, erzählt Sie in ÖSTERREICH:
ÖSTERREICH: Zuallererst: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 70.
Geburtstag, Frau Koller!
Dagmar Koller: Vielen Dank. Ich
hatte wirklich ein erfülltes Leben und habe trotz aller Arbeit dieses schöne
Alter erreicht. Doch es ist auch eine schrecklich große Zahl!
ÖSTERREICH: Feiern Sie deswegen Ihr rundes Jubiläum nicht?
Koller:
Nein! Ich habe mich dazu entschlossen, weil ich noch immer im Trauerjahr
bin. Das bin ich meinem geliebten Helmut schuldig. Er hat mich mein Leben
lang gestärkt und gibt mir jetzt noch so viel Kraft.
ÖSTERREICH: Sie sind an Ihrem Ehrentag auch nicht in Wien. Wo sind
Sie? Was machen Sie?
Koller: Ich arbeite an meinem
Geburtstag. Ich habe einen Drehtag mit dem ZDF, der über mich ein
persönliches Porträt macht.
ÖSTERREICH: Vermissen Sie an solchen Tagen Ihren verstorbenen Mann
Helmut Zilk besonders?
Koller: Ich vermisse ihn immer –
und immer mehr. Aber die öffentliche Anerkennung zu meinem Geburtstag gibt
mir Trost und hilft mir über die Einsamkeit hinweg. Ich bekomme noch immer
am Tag 40 Briefe. Diese Anteilnahme der Wiener rührt mich sehr. Ich habe
auch vor, alle zu beantworten. Und ich bekomme so viele Einladungen – ich
werde sie nach dem Trauerjahr alle annehmen. Ich will ins Theater gehen, mir
Sommerfestspiele ansehen – wieder mehr am Leben teilnehmen.
ÖSTERREICH: Vermissen Sie das gesellschaftliche Leben von früher?
Koller:
Ehrlich gesagt, hat man mit 70 das Glück, nicht mehr überall dabei sein zu
müssen. Da geht mir mein Mann auch ab. Er hat mich immer angetrieben und
gesagt: So, da gehen wir jetzt noch hin! Ich sag jetzt viel öfter nein, wenn
es mir zu beschwerlich ist.
ÖSTERREICH: Wie gehen Sie jetzt, zehn Monate nach seinem Tod, mit
Ihrer Trauer um?
Koller: Ich habe in Portugal zwei Bücher
über meinen Mann gelesen. Er hat früher immer zu mir gesagt: Die brauchst
nicht lesen, da steht nur politisches Zeug drin! (lacht). Es war für mich so
schön und wichtig, das zu tun. Gerade lese ich – zum ersten Mal – das Buch
meiner verstorbenen Mutter, in dem sie über ihr Leben geschrieben hat. Ich
habe aus Scham verhindert, dass es je veröffentlicht wird. Jetzt verstehe
ich vieles, was ich früher nicht begreifen konnte. Warum sie so überaus
stolz war und keinen Kontakt zu Menschen hatte. Das Buch hilft mir, mich mit
ihr zu versöhnen.
ÖSTERREICH: Trotz Ihrer Schicksalsschläge wirken Sie nicht verbittert.
Wie schaffen Sie das?
Koller: Das will ich auch nicht
sein. Ich blicke zurück auf ein erfülltes Bühnenleben und kann so dankbar
dafür sein. 70 ist eine Zahl, die ich mir nie vorstellen konnte. Ich fühle
mich innerlich wie 55. Ich merke nur, dass man vorsichtiger leben muss.
Letztens bin ich ausgerutscht, weil ich mir neue High Heels angezogen hatte,
und habe mich furchtbar verknackst. Da hab ich mir gedacht: Mit 70 kannst du
nicht mehr jede Mode mitmachen.
ÖSTERREICH: Was wäre für Sie das schönste Geschenk?
Koller:
Ich brauch doch nichts.
ÖSTERREICH: Die Realisierung des Helmut-Zilk-Platzes?
Koller:
Das hat man geplant und ich gehe davon aus, dass es passieren wird. Wichtig
ist, dass ein würdiger Platz gefunden wird. Natürlich im ersten Bezirk. Dort
hat Helmut sogar die Papierdln vom Boden aufgeklaubt.
ÖSTERREICH: Wenn Sie in Ihre Zukunft blicken: Planen Sie auch ein
berufliches Comeback?
Koller: Ich mache keine Pläne mehr,
sondern lasse das Leben auf mich zukommen. Ich war jetzt drei Jahre lang,
weil ich mich um Helmut gekümmert habe, weg. Wenn man mir ein interessantes
Angebot macht, sag ich sicher Ja.
ÖSTERREICH: Und privat? Ist das Kapitel Liebe abgeschlossen oder kann
es – nach dem Trauerjahr natürlich – einen neuen Mann in Ihren Leben geben?
Koller:
Ich habe eine große Liebe in meinem Leben, mit der ich 38 Jahre lang
zusammen war. Helmut Zilk! Er war der Einzige und den habe ich erst mit 40
Jahren geheiratet – und ich werde es jetzt nachher sicher nie mehr tun. Ein
neuer Mann ist unvorstellbar in meinem Leben. Ich bin ausgeglichen und
dankbar, für das, was ich erreicht habe und erleben durfte.