"Vertrauensverhältnis zum Autor zerrüttet"
Verlag feuert Rammstein-Sänger Lindemann wegen Pornovideo
02.06.2023Der deutsche Verlag Kiepenheuer & Witsch beendet mit sofortiger Wirkung seine Zusammenarbeit mit Rammstein-Sänger Till Lindemann.
Der Verlag aus Köln, der die Bände "In stillen Nächten" und "100 Gedichte" mit Gedichten Lindemanns herausgebracht hatte, gab seine Entscheidung am Freitag bekannt. "Mit Erschütterung haben wir in den letzten Tagen öffentlich gewordene Vorwürfe gegen Till Lindemann verfolgt", so Verlegerin Kerstin Gleba.
"Im Zuge der aktuellen Berichterstattung haben wir Kenntnis erlangt von einem Pornovideo, in dem Till Lindemann sexuelle Gewalt gegen Frauen zelebriert und in dem das 2013 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienene Buch 'In stillen Nächten' eine Rolle spielt", heißt es in der Begründung des Verlags. In dem seit drei Jahren im Netz kursierenden Video zum Lindemann-Song "Till The End" ist der Sänger in zahlreichen pornografischen Szenen mit jungen Frauen zu sehen. In einigen Sequenzen wird ein Gedichtband dabei verwendet und ein Gedicht zitiert.
Vom Verlag war zunächst nicht zu erfahren, seit wann dieses Video bei den zuständigen Stellen bekannt ist. Der ebenfalls bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Band "100 Gedichte" war 2020 in der Diskussion wegen Vergewaltigungsfantasien in dem Gedicht "Wenn du schläfst". Der Verlag hatte Lindemann damals in Schutz genommen: "Die moralische Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten "lyrischen Ich" mit dem Autor Till Lindemann", hieß es in einer Stellungnahme.
"Grober Vertrauensbruch und rücksichtsloser Akt"
Nun rückt der Verlag vom Sänger ab. "Wir werten dies als groben Vertrauensbruch und als rücksichtslosen Akt gegenüber den von uns als Verlag vertretenen Werten", schrieb Verlegerin Gleba. "Wir verteidigen aus voller Überzeugung die Freiheit der Kunst. Durch die Frauen demütigenden Handlungen Till Lindemanns im besagten Porno und die gezielte Verwendung unseres Buches im pornografischen Kontext wird die von uns so eisern verteidigte Trennung zwischen dem "lyrischem Ich" und dem Autor/Künstler aber vom Autor selbst verhöhnt."
Aus Sicht des Verlags "überschreitet Till Lindemann für uns unverrückbare Grenzen im Umgang mit Frauen". Die Zusammenarbeit werde beendet, "da unser Vertrauensverhältnis zum Autor unheilbar zerrüttet ist".