Schönheit
Twiggy: "Ich wäre zu feig für Castingshows"
24.01.2012
Das erste Supermodel der Welt spricht mit SOCIETY über ihr Leben heute.
Lesley Hornby , die Tochter einer Londoner Verkäuferin und eines Zimmermanns, wurde in der Schule stets gehänselt. Ihr Körper war nämlich so zart, dass das Mädchen von seinen Klassenkameraden "Twigs“, also Zweiglein, gerufen wurde. Als Lesley ein 15-jähriger Friseurinnenlehrling war, erwiesen sich ihr knabenhafter Körper und ihr kindlicher Look jedoch als Jackpot. Vidal Sassoon, damals der hippste Friseur Londons, fotografierte mit Miss Hornby nämlich eine Kampagne, für die sie einen Bubikopf und lange Wimpern verpasst bekam. Twiggy war geboren, das erste Supermodel der Welt. Die Bohnenstange machte den Minirock berühmt und wurde darin zur Ikone der Swinging Sixties. Heute modelt die 62-Jährige nur mehr, wenn sie Lust hat, und geht stattdessen ihrer zweiten Leidenschaft, dem Singen, nach. Außerdem saß Twiggy fünf Jahre lang in der Jury von America’s Next Topmodel – und hat eine ungewöhnliche Meinung, was Castingshows betrifft.
Im Interview mit Madonna SOCIETY sprichtTwiggy darüber, was sie von Castingshows hält und über ihr Leben.
Wie stehen Sie zu Model-Castingshows, die ja auf der ganzen Welt boomen?
Twiggy: Als das Angebot von ANTM kam, sagte ich gleich: Ich werde nicht böse zu den Mädchen sein, denn das ist nicht mein Stil. Denn ich war ja auch einmal ein junges Mädchen mit Träumen und will diese nicht zerstören. Mit der Moderatorin der Show (Anm.: Topmodel Tyra Banks) bin ich gut ausgekommen, denn Tyra ist nicht nur wunderschön, sondern auch eine sehr talentierte Geschäftsfrau.
Aber ist es wirklich möglich, aus einer Castingshow eine Modelkarriere zu starten?
Twiggy: Ja, Castingshows können heutzutage hilfreich sein, denn es wird ja für junge Menschen immer schwieriger, eine Karriere zu starten – selbst, wenn sie Talent haben. Aber natürlich kommt das immer auf das jeweilige Mädchen an.
Hätten Sie an einer Show teilgenommen, hätte es diese in den 60ern gegeben?
Twiggy: Höchstwahrscheinlich nicht, denn dazu war ich ja viel zu schüchtern...
Hand aufs Herz: Sind Shootings mit Spinnen und Kakerlaken wirklich die Realität?
Twiggy: Natürlich nicht, so etwas dient einzig und allein der Quote. Es heißt ja nicht umsonst Showbusiness...
Wie wichtig ist Schönheit heute für Sie?
Twiggy: Wir sind doch alle eitel und wollen in Form bleiben. Das ist auch okay und gesund, solange die Eitelkeit nicht andere wichtige Dinge im Leben überdeckt.
Was fühlen Sie, wenn Sie die eine oder andere Falte in Ihrem Gesicht entdecken?
Twiggy: Ich fürchte, die sind Teil des Lebens (lacht)! Im Ernst: Ich kann nicht verstehen, wie man sich sein Gesicht mit dieser Chemie aufpumpen lassen kann, denn Botox ist pures Gift! Dabei bin ich grundsätzlich nicht gegen Schönheits-OPs, denn wenn sich eine Frau dadurch besser fühlt: warum nicht? Man muss nur einen guten Arzt finden und darf nicht zu viel machen. Denn mit 50 oder 60 darf man nicht wie eine 20-Jährige aussehen.
Wie wichtig ist Ihnen das Dünnsein?
Twiggy: Natürlich bin ich heute nicht mehr so dünn wie damals, Gott sei Dank! Aber ich habe ein gutes Gewicht für mein Alter und bin gesund. Doch wenn ich all das essen würde, was mir schmeckt, würde ich zunehmen. Denn der Stoffwechsel ändert sich, wenn man älter wird. Dabei bin ich eine großartige Köchin – ich liebe es, meine Familie einzukochen. Ich serviere hauptsächlich Bio-Gemüse, denn mir ist der Appetit vergangen als ich las, was heute alles in den Boden gepumpt wird. Die Sache ist doch die: Ernährt man sich gesund, fühlt man sich besser.
Sie wurden als Dürre eine Ikone. Was raten Sie Müttern von magersüchtigen Töchtern, die diesem Idol nacheifern?
Twiggy: Ich war ein natürlich dünnes Mädchen und kam ganz nach meinem klapperdürren Vater. Ich versuchte verzweifelt, zuzunehmen, doch das gelang mir nicht. Ich fraß wie ein Pferd, doch mein Körper setzte nichts an. Doch heute fordert die High-Fashion-Industrie diesen superdünnen Look ein, das ist ein Problem. Ich finde, die Designer sollten kontrolliert werden, was sie da so bewerben... Denn mir tun die Mädchen leid, die für dieses Ideal hungern – das ist gefährlich.
Hatten es Models in den Sixties leichter?
Twiggy: Ja, denn damals gab es ja viel weniger Druck als heute...
Wer ist Ihre legitime Supermodel-Erbin?
Twiggy: Das ist Kate Moss, die nun schon seit 20 Jahren im Geschäft und noch immer ganz oben ist. Natürlich gibt es auch viele andere schöne Mädchen, und jedes Jahr werden neue hochgejubelt, doch keine hat so viel Stehvermögen wie Kate.
Bereuen Sie etwas in Ihrem Leben?
Twiggy: Natürlich gab es viel Traurigkeit, aber das gehört dazu. So starb zum Beispiel mein erster Ehemann, weil er ein Alkoholproblem hatte. Manche Leute schmeißen eben ihr Leben weg. Aber aus traurigen Dingen lernt man etwas. Meine Tochter wurde durch den Tod ihres Vaters nämlich eine extrem starke Person. Außerdem schweißte uns dieses Erlebnis extrem zusammen. Man muss sich im Leben eben immer auf die positiven Dinge konzentrieren...
Haben es schöne Frauen leichter, ihren Mister Right zu finden?
Twiggy: Ich kann nur für mich sprechen: Ich bin mit meinem zweiten Mann jetzt schon 26 Jahre zusammen und 23 Jahre verheiratet. Und es fühlt sich noch immer ganz wunderbar an...