Michael Haneke und sein neuester Film "Amour" ("Liebe")
sorgten am Montag Abend für tumultartige Szenen vor dem Wiener Gartenbaukino. Auf dem roten Teppich der Österreichpremiere tummelte sich ein Großaufgebot an Medien, Prominenz und Politikern. So ließen sich weder Kulturministerin Claudia Schmied (S), noch der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (V) den Film entgehen. Eines war jedoch über alle Parteigrenzen hinweg gleich: Die Daumen für den Auslandsoscar für "Amour" sind fest gedrückt.
"Wir sind beide sehr glücklich und zufrieden mit dem Erfolg des Filmes", betonte die 85-jährige Hauptdarstellerin des Films, Emmanuelle Riva, die an der Seite des Regisseurs dem Medienansturm trotzte. Sehr zufrieden zeigte sie sich auch mit dem Ausflug nach Wien. "Wir haben eine Rundfahrt gemacht und das Panorama der Stadt und die Donau genossen", so Riva, "leider hatten wir nur sehr wenig Zeit."
Ob es nach der Goldenen Palme in Cannes dieses Jahr auch mit dem Oscar klappen wird? "Da lassen wir uns überraschen", meinte Haneke. Ginge es nach der heimischen Prominenz, wäre dem österreichischen Regisseur die kleine Goldstatue jedoch schon sicher. "Da kann man nur die Daumen halten, ich würde es ihm wünschen", meinte Hannes Androsch, den eine lange Freundschaft mit Haneke verbindet. Diesem Wunsch schloss sich auch das restliche Premierenpublikum durchgehend an. "Verdient hätte er es sich schon mit seinen bisherigen Filmen allemal", erklärte Regisseur Harald Sicheritz, der vor allem die Genauigkeit und Kompromisslosigkeit seines Kollegen schätzt. "'Amour' ist ein makelloses Meisterwerk", urteilte Andre Heller, der den Film bereits im Vorfeld zweimal gesehen hatte.
Film erzählt Geschichte eines alten Paares Doch trotz der ausgelassenen Stimmung vor dem Saal erwartete das Premierenpublikum mit "Amour" ein durchaus ernsthafter Film. Er erzählt die Geschichte eines Ehepaars, die beide in ihren Achtzigern immer noch glücklich verheiratet sind. Als die Frau Anne (Emmanuelle Riva) einen Schlaganfall erleidet und zunehmend verfällt, wird die Ehe der beiden auf eine harte Probe gestellt. Haneke selbst beschäftigt sich ununterbrochen mit dem Tod. "Da bleibt einem auch gar nichts anderes über", so der Filmemacher. Auch Schauspieler Otto Schenk denkt nicht nur im Angesicht von "Amour" über das Alter und den Tod nach. "Haben Sie sich schon einmal meinen Taufschein angesehen?", schmunzelte er.
Im Allgemeinen waren sich die Besucher der ernsten Thematik jedoch bewusst. "Ich nehme an, dass es ein sehr trauriger Film werden wird", erzählte Ministerin Schmied, die es nicht nach Cannes, aber ins Gartenbaukino geschafft hatte, "vor allem wenn man wie ich auch Eltern in diesem Alter hat." Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele erwartete ebenfalls einen Film, der Betroffenheit erzeugt.
"Ich bin glücklich, dass ich ihn mit vielen Freunden sehen kann. Wir sind sehr froh, dass wir einen Menschen wie Haneke haben, der für den Film etwas tut, indem er selbst die besten Filme macht", erklärte Rabl-Stadler weiter. Landeshauptmann Pröll wurde dagegen von Haneke persönlich vorgewarnt, "dass es heute nicht unbedingt eine Komödie zu werden scheint." Dabei wollte der Regisseur mit "Amour" gar keinen bestimmten Eindruck bei seinen Zusehern hinterlassen. "Ich habe keine Wünsche an die Empfindungen der Zuschauer. Wir haben ihnen ein Angebot gemacht, jetzt muss das Publikum selbst überlegen, was es empfindet", so der Regisseur..
Haneke selbst sah sich seinen Film nicht an. "Ich habe ihn schon so oft gesehen, ich glaube, ich muss ihn nicht noch einmal sehen", erklärte der Regisseur und entschwand nach Applaus und vor Filmbeginn mit seiner Hauptdarstellerin in Richtung Abendessen.
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