Sturm verwüstete Croisette, italienischer Kulturminister boykottiert Veranstaltung.
Es wird gehämmert und gesägt, Bagger räumen die letzten Überbleibsel des Sturms der vergangenen Woche vom Strand, planieren den Sand für Bars und lauschige Lounges. Lastwagen verstopfen die Croisette, und Helfer montieren Gerüste für Scheinwerfer, Kameras, Leinwände und Bühnen. Cannes rüstet sich für die Filmstars. Von diesem Mittwoch (12. Mai) an werden sie auf den Roten Teppichen posieren, Interviews geben, Filme vorstellen und ihre Gesichter immer wieder in die Kameras der Fotografen und Touristen aus der ganzen Welt halten.
Robin Hood
Den Anfang machen Schauspieler Russell
Crowe und Cate Blanchett, die mit Ridley Scotts Version des englischen
Heldenepos "Robin
Hood" das 63. Festival in Cannes (12. bis 23. Mai) am Mittwochabend
eröffnen werden. Ebenfalls auf dem Roten Teppich an der Croisette werden
dann die Jurymitglieder der Filmfestspiele erwartet, allen voran ihr
Präsident, der Regisseur Tim
Burton. Ihm stehen unter anderem die Schauspielerin Kate Beckinsale und
ihr Kollege Benicio Del Toro zur Seite.
Meiste Beiträge aus nichteuropäischen Ländern
18
Produktionen konkurrieren in diesem Jahr um die Goldene Palme, wobei die
meisten Beiträge aus nichteuropäischen Ländern kommen: Mahamat-Saleh Haroun
schickt mit "Un Homme Qui Crie" erstmals einen Film aus dem Tschad ins
Rennen, China stellt "Chongqing Blues" von Xiaoshuai Wang vor, Südkorea ist
gleich zweimal vertreten, und aus Thailand bringt Filmemacher Apichatpong
Weerasethakul "Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives" mit an die
Croisette.
Hollywood-Glamour
Frankreich geht mit vier Filmen und damit den
meisten Beiträgen in den Wettbewerb, darunter Mathieu Almaric ("Tournée"),
Xavier Beauvois ("Des Hommes Et Des Dieux"), Rachid Bouchareb ("Hors La
Loi") und Altmeister Bertrand Tavernier, der mit "La Princesse de
Montepensier" um die Goldene Palme konkurriert. Die USA sind nur mit einem
Film im Wettbewerb: Dough Limans "Fair Game" mit Sean Penn. Mit viel
Hollywood-Glamour ist dennoch wie üblich an der Côte d'Azur zu rechnen.
Dafür sorgen vor allem Filme, die außerhalb des Wettbewerbs laufen: Oliver
Stone zeigt mit "Wallstreet 2 - Money Never Sleeps" die Fortsetzung seines
Blockbusters aus den 80er Jahren mit Michael Douglas, Charlie Sheen und
Susan Sarandon. Stars wie Naomi Watts, Antonio Banderas und Anthony Hopkins
sind in Woody Allens neuestem Film "You Will Meet A Tall Dark Stranger" zu
sehen. Diane Kruger, Charlotte Gainsbourg und Isabelle Huppert stellen
ebenfalls neue Werke vor.
Rahmenveranstaltungen
Die regionale Tageszeitung "nice-matin"
kategorisiert denn auch schon mal Filme und Events nach Hollywood-,
Glamour-, Publikums- und Cineasten-Faktor. Schließlich ist da auch noch die
traditionelle Aids-Gala am Rande des Festivals, zu dem sich stets
Schauspieler, Super-Models und Spitzensportler ansagen. Und ein paar
Mittelmeer-Buchten weiter, in Monte Carlo, drehen am kommenden Wochenende
auch noch die Formel 1-Fahrer ihre Runden. Die riesigen Segeljachten entlang
der Küste - mit Stars an Bord oder auf der Lauer nach ihnen - kündigen schon
Tage vorher die großen Ereignisse an.
Italiens Kulturminister verzichtet aus Protest auf Festival in Cannes
Der
italienische Kulturminister Sandro Bondi wird aus Protest nicht am
Filmfestival von Cannes (12. bis 23. Mai) teilnehmen. Der Minister will
damit seine Empörung ausdrücken, weil im Rahmen des Festivals der
Dokumentarfilm der italienischen Satirikerin Sabina Guzzanti "Draquila 1"
gezeigt wird, der im italienischen Regierungslager für Protest gesorgt hat. In
dem Dokumentarfilm geht es um Korruption beim Wiederaufbau in der
Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila nach dem Erdbeben im vergangenen Jahr. Das Werk
basiert auf jüngsten Justizermittlungen, die unter anderem Italiens
Zivilschutzchef Guido Bertolaso, einen Vertrauten von Ministerpräsident
Silvio Berlusconi, und mehrere prominente Politiker der Partei des
Regierungschefs belasten. In einer Presseaussendung drückte Bondi seine
"Überraschung" und sein "Bedauern" wegen des Beschlusses der
Festivalorganisatoren aus, ein "propagandistisches Werk" zuzulassen. "Dieser
Film ist eine Beleidigung für die Wahrheit und das gesamte italienische
Volk", so der Minister.
Berlusconi-Persiflagen
Die 47-jährige Guzzanti ist durch ihre
Persiflagen von Regierungschef Berlusconi zum Star geworden. Die
Verwandlungskünstlerin schlüpft in ihren Shows meist in die Rolle
Berlusconis, hin und wieder mimt sie auch dessen Rivalen. Wegen ihrer langen
Anti-Berlusconi-Monologe im Fernsehen war sie auch von der TV-Gruppe
Mediaset, die sich im Besitz des Premierministers befindet, wegen
Diffamierung angezeigt worden. 2006 hatte Guzzanti den Dokumentarfilm "Viva
Zapatero!" über Medien-Zensur im Italien unter Berlusconi gedreht.