Star-Regisseur im Talk

Cold Blood: Ruzowitzky gibt Hollywood-Debüt

19.11.2012

Der österreichische Oscar-Regisseur bringt Hollywood-Blockbuster ins Kino.

Zur Vollversion des Artikels
© EPA/Constantin Film
Zur Vollversion des Artikels

Mit dem Oscar für "Die Fälscher" als bester fremdsprachiger Film 2008 haben sich für Regisseur Stefan Ruzowitzky Türen geöffnet, durch die der gebürtige Wiener nur allzu gerne geschritten ist. Am 23. November erscheint sein Hollywooddebüt "Cold Blood", ein blutiger Thriller über ein Geschwisterpaar mit dunkler Vergangenheit, das nach einem Raubüberfall durch das winterliche Michigan flüchtet und dabei auf andere vorbelastete Charaktere trifft. Im APA-Gespräch erzählt Ruzowitzky von den Dreharbeiten im verschneiten Kanada, dem langen Weg zur ersten Hollywoodproduktion und der Arbeit mit Schauspielgrößen wie Kris Kristofferson und Sissy Spacek.

Hier der Trailer zum Film

Hier das Interview mit dem Star-Filmemacher

APA: Mit "Cold Blood" geben Sie Ihr US-Debüt, gedreht wurde aber ausschließlich in Kanada. Konnten Sie trotzdem dabei Hollywoodluft schnuppern?

Stefan Ruzowitzky: Ja, denn das ist so ein klassischer Hollywoodfilm, der in Hollywood zusammengebaut wurde, inklusive Agenten und Anwälten und dieser ganzen Hollywoodinfrastruktur. Eigentlich ist es ja heutzutage der Normalfall, dass - wie in dem Fall - ein österreichischer Regisseur mit einem australischen Hauptdarsteller und einem südafrikanischen Produzenten in Kanada dreht und das Ganze dann als Hollywoodfilm läuft. Da sind wir nicht die einzigen. Das Hollywoodmäßige daran sind eigentlich mehr diese Strukturen innerhalb derer das alles passiert.

APA: Im Vorfeld der Premiere beim Tribeca Film Festival haben Sie angemerkt, dass es sich schwer verkaufen lässt, wenn man weder Arthouse noch klassischen Blockbuster, sondern ein Mittelding macht. Wie hat man denn in den USA auf den Film reagiert?

Ruzowitzky:
Worauf ich sehr stolz bin sind eine ganz enthusiastische Kritik im "Variety" und sehr gute Kritiken in "Hollywood Reporter" und "Indiewire". Das freut natürlich, wenn man wirklich in den Kreis großer amerikanischer Regisseure aufgenommen wird. Ich fand es auch lustig: Die Europapremiere des Films war in Deauville, wo es das große Festival des amerikanischen Films gibt. Ich bin also jetzt amerikanischer Filmemacher, was ich durchaus ehrenvoll finde, angesichts der Tradition des amerikanischen Kinos.

 APA: In der einen oder anderen Kritik wurde auch der Vergleich zu Joel und Ethan Coen gezogen - Vorbilder von Ihnen?

Ruzowitzky: Definitiv. Es gibt einige ganz tolle Coen-Brüder-Filme; gerade jene wie "No Country for Old Men" haben durchaus ähnliche Konzepte. So ein intelligentes Genrekino mit interessanten Figuren, aber eben doch in der Tradition des amerikanischen Unterhaltungskinos für ein breites Publikum. Aber es ist eben kein klassischer Blockbuster, weil die halt doch in der Regel einfacher gestrickt sind und ein größeres Budget haben.

APA: Das Konzept des Films basiert auf Protagonisten aus drei zerrütteten Familien, die am Ende aufeinandertreffen. Was hat Sie daran gereizt?

Ruzowitzky: Der Film hieß ja ursprünglich "Kin", was ein altertümlicher Begriff für "Familie" ist. Das fand ich sehr interessant, auch angesichts dessen, dass die Amerikaner so ein obsessives Verhältnis zur Institution Familie haben. Da gibt es so etwas ganz Idealisiertes, wie die perfekte Familie sein muss. Jeder ist furchtbar frustriert und deprimiert weil die eigene Familie nicht perfekt ist und man das Gefühl hat: "Oh Gott, was mache ich falsch, dass gerade meine Familie so 'dysfunctional' ist?" Man hat jetzt auch bei der Präsidentschaftswahl gesehen, wie sehr die Familie immer mit inszeniert wird und nach der Fernsehdebatte die Gattinnen und Kinder auf die Bühne kommen, was bei uns alles undenkbar wäre. Ich glaube, bei uns hat man ein bisschen ein entspannteres Verhältnis. Da gibt es den Großvater oder die Schwester oder vielleicht auch die Mutter, mit der kann man halt nicht, da lebt man damit. Auch Patchwork-Familien sind bei uns eigentlich mittlerweile was durchaus Positives, was in Amerika glaube ich schon noch anders ist. Und in dieser Geschichte gibt es ein paar sehr interessante Konzepte von solchen Familien, die funktionieren, nicht mehr funktionieren, wieder funktionieren, oder wo halt alles in einem Blutbad endet.

APA: Die Geschichte stammt anders als bei Ihren bisherigen Filmen nicht von Ihnen. Wie viel Einfluss konnten Sie auf das fremde Drehbuch nehmen?

Ruzowitzky:
Das ist dieser Prozess des "Development", der in dem Hollywoodsystem eigentlich ein ganz normaler Arbeitsschritt ist: Dass man als Regisseur dem Drehbuch nochmal so einen Schub in eine gewisse Richtung gibt. Das kann desaströs enden, was ich auch schon erlebt habe, wenn man einfach mit dem Autor nicht kann. In dem Fall hat es sehr gut funktioniert, mit dem Drehbuchautor Zach Dean bin ich immer noch gut befreundet. Wir waren einmal eine Woche gemeinsam in New York, haben an dem Buch gearbeitet, und durch diese Arbeit habe ich es mir auch ein bisschen angeeignet. Es ist dann nichts Fremdes mehr, bei dem ich in der Früh an das Set gehe und nicht weiß, was ich heute mache. Das Buch wird etwas Eigenes. Es ist natürlich schon was anderes, wenn es wirklich von Anbeginn das eigene Baby ist, das kann man nicht bestreiten. Aber man kommt dem dann schon sehr nahe.

Hier gehts zu den aktuellen Kino-Filmtrailern.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel