"Der Fremde am See"

Mord erschüttert Sexgemeinschaft

26.11.2013

Alain Guiraudie inszeniert kühlen Psychothriller in schwuler Sexgemeinschaft.

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 Sommer, Sonne, Sex und Mord: Mit dem Cannes-prämierten "Der Fremde am See" entführt der französische Regisseur Alain Guiraudie aus kühlen Wintertagen in die lasziv-hedonistische Sommeridylle der Schwulenszene an einem Badesee, die aber bald von einem Mord erschüttert wird. Dieser Psychothriller ist ein rohes Stück Kino, das aber durchaus nicht grobschlächtig daherkommt. Ab 29. November im Kino.

Hier der Trailer zum Film

sychothriller in schwuler Sexgemeinschaft  
In ruhigen, provozierend langen Einstellungen entblättert Guiraudie den lustbetonten Lebensstil seiner schwulen Männergruppe an einem sommerlichen Seeufer. Die virilen Nackten sonnen sich am Wasser und vergnügen sich im dahinterliegenden Wäldchen miteinander. Ihr Tagesablauf changiert zwischen Sex, Schwimmen, gepflegter Konversationslangeweile und wiederum Sex. Der Neuzugang Franck freundet sich in diesem Mikrokosmos mit dem wohlgenährten Sonderling Henri an und verliebt sich in den schnauzbärtigen Michel. Diese Anziehung ebbt auch nicht ab, als Franck sieht, wie Michel seinen vorherigen Liebhaber im See ertränkt.

Trockene Härte ohne Musik inszeniert  
"Der Fremde am See" hat nichts von der kultivierten Tristesse großbürgerlicher Pariser Wohnungen, sondern zeigt eine eher einfache Schicht aus Holzfällern und Gemüseverkäufern, die sich en detail ihrer Körperlichkeit hingibt - inklusive evidenter Penetration und den sichtbaren Ergebnissen des männlichen Orgasmus, die von Körperdoubles der Hauptdarsteller produziert werden. Ungeachtet aller Körperflüssigkeiten wird die Geschichte dabei in trockener Härte ohne Musik inszeniert.

Fazit
Jeden Tag eröffnet der Regisseur mit der gleichen Schnittsequenz aus Parkplatz-Wald-See und setzt weniger auf einen Spannungsbogen als auf eine kühle Psychostudie in flirrender Sommerhitze, die gleichsam im Kinosaal spürbar scheint. So ist "Der Fremde am See" auch als Parabel lesbar, in der Francks Gang ins eigene Unterbewusste und die Dichotomie aus Begehren und latenter Bedrohung, Verlangen und Angst mitvollzogen wird. Letztlich sind die Figuren des scheinbar so sorglosen Treibens so isoliert wie der See, an dem sie sich täglich treffen.

(Von Martin Fichter-Wöß/APA)

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