Cannes-Blog

Rockstar Nick Cave schrieb Gangsterfilm

20.05.2012

ÖSTERREICH-Filmchef Gunther Baumann berichtet aus Cannes.

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Musikfreunde kennen Nick Cave vor allem als Rock-Poeten und Bandleader der Bad Seeds. Doch beim Filmfest Cannes macht der Star aus Australien derzeit als Drehbuch-Autor Furore. Cave schrieb das Skript (und auch den Soundtrack) zum Gangsterfilm „Lawless“ mit Shia Labeouf, der am Samstag im Wettbewerb um die Goldene Palme Premiere hatte.

Dritter Cave-Film
„Lawless“ ist bereits der dritte Abstecher des Musikers in die Welt der Film-Autoren. 1988 schrieb er das Thriller-Drama  „Ghosts… Of The Civil Dead“, 1995 den Western „The Proposition“. Damals wie heute hatte Cave den Regisseur John Hillcoat und, beim Western, auch den Darsteller Guy Pearce mit an Bord – ein Australier-Trio, das sich jetzt in „Lawless“ einem ur-amerikanischen Thema nähert.

Blutige Gangster-Film mit viel Liebe
Der sehr blutige und sehr sentimentale Gangsterfilm spielt um 1930, in der Zeit der Prohibition. . Im Zentrum stehen drei Brüder, die über Leichen gehen, wenn es gilt, ihr illegales Schnapsbrenner-Imperium gegen die Konkurrenz oder die Cops zu verteidigen. Doch im Umgang mit den Damen ihres Herzens werden diese harten Jungs ganz weich. „Eine klassische Love Story in Verbindung mit brutaler Gewalt – dass hat mich angeregt“, sagte Nick Cave am Samstag beim Pressegespräch in Cannes. „Wobei ich betonen möchte, dass mich Gewalt nicht per se interessiert. Aber die Art, wie John Hillcoat diese Szenen auf die Leinwand bringt, ist toll.“

Noch keinen Österreich-Starttermin
„Lawless“ (der Film hat noch keinen Österreich-Starttermin) ist kein Thriller, der Gewalt ästhetisiert. Wenn es zwischen den Schnapsbrennern und ihren Feinden zur Sache geht, fließt das Kinoblut in dicken Strömen. Doch der Regisseur nutzt die Gewalt auch, um auf den Hintergrund des Films hinzuweisen: „Die Prohibition war die Geburtsstunde des organisierten Verbrechens in großem Stil.“

Top-Besetzung
Als schussgewaltiges Brüdertrio treten Tom Hardy („Inception“), Shia Labeouf („Transformers“ und der Australier Jason Clarke an. Der fesche Guy Pearce („The King’s Speech“) spielt einen blutrünstigen Gesetzeshüter. Mia Wasikowska („Alice im Wunderland“) und Senkrechtstarterin Jessica Chastain („The Tree of Life“) machen das Luxus-Ensemble komplett.

Chastein als erotische Frau mit Vergangenheit
Jessica Chastain spielt eine erotische Frau mit Vergangenheit, die sich in Forrest Bondurant (Tom Hardy), den rauen Anführer der Schnapsbrenner, verliebt. Es ist eine Rolle, die sie amüsiert: „Dieser Forrest, der im Kampf  unglaublich aggressiv sein kann, wird auf geradezu feminine Art schüchtern, wenn es um Frauen geht. Da werden die Verhaltensmuster umgekehrt: Maggie, meine Figur, muss den aktiven Part übernehmen, damit zwischen den beiden etwas entsteht.“

Auch Seidl-Film behandelt weibliche Erotik
Auch in „Paradies: Liebe“, Ulrich Seidls kontroversiellem Film über weiblichen Sex-Tourismus in Afrika, geht es um erotisch aktive Frauen. Bei der Festival-Premiere des Dramas mit seinen drastischen Sex-Szenen gab es starken Applaus im Palais von Cannes. Kaum ein Kritiker, der nicht den Mut von Hauptdarstellerin Margarethe Tiesel in den sehr freizügigen Bett-Sequenzen lobte.

Kritiken
Die Kritiken der internationalen Filmpresse fielen, wie kaum anders zu erwarten, widersprüchlich aus. Das britische Magazin „Screen International“ etwa pries den Wiener Ulrich Seidl als „eindrucksvollen visuellen Stilisten“, der „eine balancierte Sicht darüber entwirft, wie der Sex-Tourismus auf beiden Seiten ein Gefühl der Ausbeutung entstehen lässt.“ Dem Kritiker des US-Fachblatts „Hollywood Reporter“ gefiel der Film nicht, den er als „oberflächlich provokant, aber letztlich ohne tieferen Sinn“ bezeichnete. Fazit über die Afrika-Expedition: „Diese Reise ist eine Strafe.“ Der Rezensent der Hollywood-Branchenbibel „Variety“ äußerte gemischte Gefühle: „Paradies: Liebe“ sei „abstoßend, subtil schön und meisterlich zugleich“.

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