Italienischer Jahresbeginn

Pietrangeli und Zurlini im Filmmuseum

04.01.2013

Kulturinstitution widmet sich dem Werk zweier Solitäre des Nachkriegsfilmschaffens.

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© Cinémathèque suisse/Valerio Zurlini
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Das Wiener Filmmuseum beginnt das neue Jahr mit zwei italienischen Retrospektiven. Nach Auslaufen der Buster-Keaton-Schau am 9. Jänner rückt man von 10. bis 30. Jänner das überschaubare Oeuvre des Nachkriegsfilmers Valerio Zurlini mit 13 Werken in den Blickpunkt. Ebenfalls von 10. Jänner bis zum 3. Februar widmet das Filmmuseum sich darüber hinaus den ungleich populäreren Arbeiten des früh verstorbenen Antonio Pietrangeli.

Zurlini - Unbekannter Vertretern des Nachkriegskinos
Valerio Zurlini gehört zu den unbekannteren Vertretern des italienischen Nachkriegskinos. Seine Werkgruppe steht als Solitär gegen die berühmteren Arbeiten von Pasolini oder Fellini. Der Einzelgänger rückte in seinen Werken die Themen Einsamkeit und Verlassenheit ins Zentrum, wobei ihm 1959 mit "Estate violenta" (Wilder Sommer) der Durchbruch gelang, einer Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des fallenden Faschismus mit Eleonora Rossi Drago und Jean-Louis Trintignant.

Raritäten im Filmuseum

Zugleich scheiterte Zurlini mit seinen monumentalen Vorstellungen immer wieder. Sein Opus Magnum sollte eigentlich die Trilogie "Il paradiso all'ombra delle spade" (Das Paradies im Schatten der Schwerter) werden. Realisieren konnte Zurlini lediglich den Schlussteil des geplanten dritten Teils: "La prima notte di quiete" (Oktober in Rimini; 1972). Seine Kompromisslosigkeit führte zu einer geringen Werkzahl. Bevor er mit dem Film begann, hatte der 1926 geborene Zurlini Erfahrungen beim Theater gesammelt. So war er Assistent an Giorgio Strehlers "Piccolo Teatro" in Mailand, bevor er sich 1949 in Rom dem Kino zuwandte.

Kurzfilme
Es folgten Kurzfilme und 1954 mit "Le ragazze di San Frediano" der erste Langfilm. Hierbei widmet sich Zurlini im herb-komödiantischen Ton der Vita eines Dorfgigolos. Fünf Jahre später erschien mit "Estate violenta" eine autobiografischere Arbeit. Noch größeren Erfolg zeitigte 1961 "La ragazza con la valigia" (Das Mädchen mit dem leichten Gepäck), eine Hommage an die Jugend am Höhepunkt des Italobooms. Sein Nachfolger "Cronaca familiare" (Tagebuch eines Sünders), in dem sich Marcello Mastroianni mit Klassenunterschieden konfrontiert sieht, wurde bereits im Jahr darauf gemeinsam mit Andrej Tarkovskijs "Iwans Kindheit" mit dem Goldenen Löwen in Venedig ausgezeichnet.

Geldnöte trieben ihn ins Theater und zum TV
Nach diesem Höhepunkt des 36-Jährigen sollten allerdings bis zu seinem Tod 1982 nur mehr vier weitere Spielfilme folgen. Dank vieler Absagen sah sich Zurlini aus Geldgründen zu Gelegenheitsarbeiten beim Fernsehen gezwungen und kehrte auch wieder zum Theater zurück. "Il deserto dei Tartari" wurde 1976 sein letztes Werk. Für die Parabel von in einer Bergfestung ausharrenden Soldaten konnte Zurlini Vittorio Gassman, Philippe Noiret, Max von Sydow und wiederum Jean-Louis Trintignant verpflichten.

Pietrangeli - Ein Monolith ides italienischen Filmschaffens
Auch Antonio Pietrangeli war ein Monolith im italienischen Filmschaffen, dessen Weg sich am Ende mit Zurlini kreuzen sollte, brachte der Kollege doch den letzten Film "Come, quando, perche" des 1968 Ertrunkenen zu Ende. Wie nur wenige andere setzte Pietrangeli sich mit dem in die Welt geworfenen Menschen auseinander, wobei er einem beinahe liebevoll-populärem Tonfall treu blieb.

Vom Mediziner zum Filmemacher
Nach dem Medizinstudium wandte sich der 1919 geborene Pietrangeli dem Kino zu und wurde als Kritiker Vorkämpfer für den Neorealismus. Als Drehbuchautor war er an epochalen Werken wie Viscontis "La terra trema" (Die Erde bebt) bis Rossellinis "Viaggio in Italia" (Reise in Italien) beteiligt. Erst Mitte der 1950er begann er mit eigenen Regiearbeiten, in denen er die sozialen und zwischenmenschlichen Verhältnisse seiner Zeit im Fokus behielt.

Immer mit Fokus auf Vergangenheit
"Fantasmi a Roma" (Das Spukschloss in der Via Veneto) mit Marcello Mastronianni rückt etwa einen Erben in den Mittelpunkt, der erkennen muss, dass er den Traditionen seiner Vorväter nicht entgehen kann. Auch in "La visita" sehen sich 1963 zwei Liebende mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Nicht anders erging es zuvor 1960 den Heldinnen von "Adua e le compagne", die beim Versuch, ein Restaurant zu betreiben, von ihrer Puffvergangenheit eingeholt werden, wobei Pietrangeli Stars wie Simone Signoret, Marcello Mastroianni oder Emmanuelle Riva inszenierte.

Info
Alle Informationen rund um die beieden italienischen Filmemacher finden Sie unter www.filmmuseum.at.

Hier gehts zu den aktuellen Kino-Filmtrailern.

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