ÖSTERREICH Kino-Chef Gunther Baumann traf den Regie-Meister in Cannes.
Woody Allen und sein „Staff“ glänzten am Sonntag, 16.5. auf dem Red Carpet in Cannes. Wir trafen die Regie-Legende zum Interview über Wahrsagerei, Kino als Flucht und Mindestlöhne.
ÖSTERREICH: Sie wählen für Ihre Filme immer wieder das gleiche
Thema: Männer & Frauen.
Woody Allen: Das ist das einzige
Thema, das uns wirklich beschäftigt. Männer und Frauen haben es immer schwer
miteinander und es ist nie leicht, jemanden zu finden, mit dem man eine
erfüllende Beziehung aufbauen kann.
ÖSTERREICH: In „You Will Meet a Tall Dark Stranger“ geht es um
Beziehungen, Gelüste und Wahrsagerei.
Allen: Ich kenne Leute
in New York, die zu Wahrsagern gehen. Sie wagen keinen Schritt, ohne sich
weissagen zu lassen. Dabei ist das so ein Betrug! Kein Mensch auf der Welt
kann einem sagen, was die Zukunft bringen wird. Jeder kleine
Variété-Zauberer versteht mehr von Magie als der erfolgreichste Wahrsager
der Welt.
ÖSTERREICH: Ist das Filmemachen für Sie Magie?
Allen:
Es ist eine großartige Flucht. Als Kind liebte ich das Kino, weil ich für
ein paar Stunden vor dem Leben oder der Schule flüchten konnte. Als
Filmemacher flüchte ich ebenfalls. Morgens, wenn meine Freunde ins Büro
gehen, dann stelle ich mich hinter die Kamera und treffe Scarlett
Johansson oder Penélopé
Cruz. Das ist doch wunderbar.
ÖSTERREICH: In Ihrem neuen Film spielen Stars wie Antonio
Banderas und Naomi Watts. Stimmt es, dass bei Ihnen alle Schauspieler
das gleiche Honorar bekommen?
Allen: Ja. Ich bezahle allen
Darstellern die gewerkschaftliche Mindestgage, das sind derzeit 5.500 Dollar
pro Woche. Wenn Naomi Watts oder Scarlett Johansson sechs Wochen bei mir
arbeiten, dann verdienen sie also circa 30.000 Dollar. Aber das ist ihnen
egal, denn bei ihrem nächsten Film bekommen sie vielleicht 20 Millionen.
ÖSTERREICH: Werden wir Sie wieder selbst vor der Kamera sehen?
Allen:
Ich hoffe, ja. Ich habe seit Jahren nicht mehr gespielt, dabei macht es mir
riesigen Spaß, mich zu verkleiden und vorzutäuschen, jemand anderer zu sein.