Aus welchem Grund schenkt ein Ehepaar Kunstwerke im Wert von 1,5 Mio Euro an ein Museum? Aus Liebe zur Kunst wahrscheinlich.
"Museen sind nicht aufgrund von Leihgaben zustande gekommen, da muss irgendwo ein Irrtum sein."
Dieter und Gertraud Bogner
Museumsplaner und Kunstsammler Dieter
Bogner wird heftig, wenn die Sprache auf aktuelle museumspolitische
Entwicklungen kommt. Er und seine Frau Gertraud gehen mit gutem Beispiel
voran und schenken zentrale Teile ihrer Kunstsammlung dem Museum Moderner
Kunst Stiftung Ludwig (Mumok).
"Ohne Wenn und Aber" heißt daher auch die
nur bis 7. Oktober laufende Erstpräsentation der Schenkung im Museum.
Größte Schenkung seit Gründung
Mehr als 100
Bilder, Skulpturen, Objekte und Rauminstallationen sowie 300 Zeichnungen,
Gouachen, Druckgrafiken, Autographen, Künstlerbücher und Archivalien umfasst
die Schenkung, deren Wert mit 1,5 Millionen Euro angegeben wird. Dies sei
"die größte Schenkung an das Museum seit seiner Gründung", erklärte
Mumok-Direktor Edelbert Köb, "Die Sammlung passt wunderbar ins Museum, weil
sie Lücken füllt. Vom Beitrag Österreichs zur kritischen Moderne hatten wir
praktisch nichts." Großartig sei außerdem, dass es "eine Schenkung in
progress" sei, denn das Ehepaar habe angekündigt, "dass es symbiotisch unser
Museum begleiten und weiter Werke für unser Haus erwerben wird.
Die Sammlung
Die Bestände reichen von Arbeiten des Wiener
Kinetismus, Publikationen von Otto Neurath und Erstausgaben der Wiener
Schule der Kunstgeschichte über Arbeiten und Texte von Johannes Itten und
Josef Matthias Hauer bis zu konstruktiven, strukturellen und konzeptuellen
Werken von Marc Adrian, Dan Graham, Roland Goeschl und Richard Tuttle. Auf
den Ebenen 1 und 8 sind einige Objekte in die Ausstellungen integriert, auf
Ebene 7 gibt es eine kleine, kompakte Sammlungspräsentation, in der neben
einem "Buchobjekt aus Fotokopien" von Heimo Zobernig auch ein
Wasserglas in einer Vitrine zu sehen ist: "Halbvoll / halbleer"
nennt sich diese aus 1975 stammende Arbeit von Frantisek Lesak.
Platznot
Während Gertraud Bogner die hervorragenden persönlichen
Kontakte zum Mumok hervorhob, betonte ihr Gatte, es nicht weiter schlimm zu
finden, dass aufgrund der Platznot des Hauses die Sammlung Bogner nicht
permanent gezeigt werden könne: "Es geht nicht darum, dass sie immer zu
sehen ist, sondern dass sie da ist und verwendet werden kann. Die Zeit der
Dauerausstellung ist vorbei. Ein gutes Depot ist wie eine Schmuckschatulle,
aus der man herausholt, was man zum jeweiligen Anlass trägt. Ich plädiere
für die Schmuckschatulle."
Mit dem von ihm entwickelten ursprünglichen Museumsquartier-Konzept habe auch die eigene Sammlung zu tun, erläuterte Dieter Bogner: "Ich hatte ja im Staatsratshof ein Museum für die Kulturgeschichte Österreichs im 20. Jahrhundert geplant. Hier ist nun der Nukleus dieses Konzepts. Österreichs Beitrag zum 20. Jahrhundert kann man nur kulturwissenschaftlich gerecht werden - nicht rein über Malerei oder Musik."
Kiesler-Stiftung
Den Sammlungsteil zu Friedrich Kiesler werde
allerdings nicht das Mumok, sondern die Kiesler-Stiftung erhalten, die in
Kürze zehnten Geburtstag feiere, erklärte Bogner, der betonte, dass die
fehlende steuerliche Absetzbarkeit von Kunstankäufen "oft als geschickte
Ausrede benutzt" werde. "Natürlich wäre es schön, wenn man etwas absetzen
könnte. Ich würde aber sagen: Schenke - und denke nicht darüber lange nach."
(Fast) ganz ohne Kulturministerium
Köb verwies darauf, dass der
Staat, wenn er schon nicht entsprechende Ankauf-Budgets zur Verfügung
stellen könne, durch Sicherstellung von entsprechenden Räumlichkeiten und
wissenschaftlicher Betreuung "zumindest die Grundlagen bieten müsste, dass
man für Sammlungen attraktiv ist." Österreich liege in einem von dem
Künstler Philippe Terrier-Hermann erstellten Ranking für Gegenwartskunst,
bei dem etwa die Präsenz von Künstlern auf Kunstmessen, Internationalität
der Galerienprogramme oder die Anzahl der Künstler eines Landes im
internationalen Ranking von artfacts.net berücksichtigt werde, am zehnten
Platz. "Dass wir da als Großmacht rangieren, daran ist das Kulturministerium
zum geringsten Teil beteiligt."
Ausstellung "Ohne Wenn und Aber. Die Schenkung Dieter und Gertraud Bogner", Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, bis 7. Oktober, Mo-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr, Symposium "Forschen-Sammeln-Schenken" am 5. Oktober, 15.30 bis 20 Uhr