Konzert
Alanis: Ein Hoch auf die "Jagged"-Zeiten
03.07.2008
Die alten Zeiten kann Alanis Morissette nicht ganz wegwischen - nur etwas runder ist Madame M. geworden. Bilder hier!
Alanis Morissette war einmal ganz nahe am Puls der Zeit. Mit dem neuen Album "Flavors Of Entaglement" (Warner) versucht die Kanadierin nach mehreren spannungsarmen bis überflüssigen Platten dort wieder hinzukommen. Aber so durchwachsen wie eben jene, letztendlich überambitionierte CD erwies sich das Konzert der Singer-Songwriterin am Mittwochabend im gut gefüllten Wiener Gasometer. Die alten Stücke aus "Jagged Little Pill" stellten die einzigen wirklichen Höhepunkte dar. Auffallend: Alanis Morissette hat in den letzten Monaten und Jahren etwas an Speck zugelegt, das sollte sie aber nicht unsympathischer machen.
Stimmlich top, musikalisch lau
Zerfahren und nicht als Einheit
wirkte das Gebotene, zusammengehalten bloß von Morissettes toller Stimme,
die bei den lauteren Stücken allerdings gegen den Gitarren-Sound hart
ankämpfte. Fabriziert wurde dieser von einer guten Gruppe, deren Mitglieder
jedoch unpassend über die Bühne hüpften, als wurden sie bei einer Audition
für eine Glam-Metal-Poser-Band antreten. Mit "Head Over Feet",
dem ersten Beitrag von "Jagged Little Pill" erfüllten sich endlich
erstmals die Erwartungen.
Stimmung später
"Underneath" von "Flavors Of
Entaglement" mag ein ordentlicher Rocksong sein, andere, in der
Produktion von Guy Sigsworth (Björk) mit Elektronik angereicherte aktuelle
Nummern tun sich da live - auch ohne Samples und auf "echte"
Instrumente reduziert - schwerer. Es fehlt jener Biss, den das Material von "Jagged
Little Pill" hatte. Nichts kommt annähernd an "All I Really
Want", "You Oughta Know", "Hand In My Pocket", "You
Learn" oder "Ironic" heran. Das wurde beim Konzert
offensichtlich: Auch wenn das überaus gnädige Publikum immer wieder
klatschte, kam richtige Stimmung erst bei diesen Stücken auf.
Suche nach einer neuen "Jagged"
"Jagged" war
und ist der Soundtrack zu einem Lebensabschnitt vieler (vor allem
weiblicher) Fans. An diesem Über-Album muss sich Morissette wohl für alle
Ewigkeiten messen lassen, zumal es bis dato kein zweites Alanis-Werk dieses
Kalibers gibt. In zehn Jahren werden vermutlich wieder die meisten Leute nur
wegen "Ironic" und Co. kommen, falls das einstige Jungtalent nicht
doch noch zum Puls der Zeit zurückfindet.