Jubiläumsausstellung umspannt Bosch, Bruegel, Rubens und Rembrandt.
100 Ausstellungen in zehn Jahren: Pünktlich zum Jubiläum widmet sich die Wiener Albertina dem Kernstück des Hauses, nämlich der grafischen Sammlung. 170 Werke niederländischer Meister umfasst die Ausstellung "Bosch Bruegel Rubens Rembrandt", mit der die stilistische wie thematische Vielfalt dieser Größen und ihrer Zeitgenossen in den Fokus gerückt wird. "Sie sehen hier nicht nur ein Best-of der eigenen Sammlung, sondern ein Best-of der niederländischen Zeichenkunst überhaupt", erklärte Kurator Christof Metzger entsprechend selbstbewusst bei der Präsentation der Schau.
Niederlande ganz groß in Wien
Ein keineswegs zu hoch gegriffenes Statement, werden in der Basteihalle doch knapp zwei Jahrhunderte in lustvoller Art und Weise zusammengefasst und mit etlichen der wichtigsten Werken dieser namhaften Künstler illustriert. Von den frühen, ganz dem Religiösen gewidmeten Ausprägungen wie etwa Jan de Beers monumentalen Blättern "Wurzel Jesse" über ebenso mysteriöse wie skurrile Zeichnungen von Hieronymus Bosch ("Der Baummensch") oder Pieter Bruegel der Ältere ("Die großen Fische fressen die kleinen") bis zum "goldenen" 17. Jahrhundert rund um Rembrandt und seiner Schule: Durchwegs fesselt dieses "Wechselbad der Orte und Namen" (Metzger), das die künstlerische Position der Niederlande zu dieser Zeit als "federführend in Europa" unterstreicht.
Zeichnung rückt in den Vordergrund
Für Direktor Klaus Albrecht Schröder, dessen Vertrag erst gestern von Kulturministerin Claudia Schmied (S) bis Ende 2019 verlängert wurde, ist die Jubiläumsausstellung auch eine Referenz an die "alte Albertina" und den Gründer der grafischen Sammlung, Herzog Albert von Sachsen-Teschen (1738-1822). Sämtliche ausgestellten Arbeiten wurden von ihm persönlich erworben. Und nach Jahren, in denen große Ausstellungshallen errichtet, neue Sammlungen gegründet oder die klassische Moderne bearbeitet wurden, "rückt nun wieder die Zeichnung alleine in den Vordergrund", so Schröder.
Ausstellung Erdverbunden
Die mittels stark kontrastierender Blau-, Grün- und Rottöne gestaltete Schau führt auch die Ende des 16. Jahrhunderts vollzogene Trennung des calvinistisch geprägten Nordens vom von spanischen Habsburgern regierten Süden vor Augen. Hier fand eine "Auseinanderdividierung der Kunst" statt, wie es Metzger beschrieb. Trotz des Bürgerkriegs setzte sich aber in beiden Gegenden der künstlerische Höhenflug fort. Eindrucksvoll auch die schiere Anzahl neuer Arbeiten, wurden Schätzungen zufolge in den nördlichen Provinzen im 17. Jahrhundert doch bis zu 70.000 Arbeiten jährlich angefertigt. "Kunst war ein breit gefächertes Statussymbol, sie wurde zum Alltag", so Metzger, demzufolge die Qualität aber keineswegs darunter litt. "Es war eine durch und durch menschliche Kunst, im besten Sinne bodenständig und an den Menschen gebunden."
Große Meister vereinigt
Neben Rubens ebenso zarter wie liebevoller Porträts seiner Kinder oder den detailreichen Landschaftsbildern sticht besonders eine Intervention mit Brückenschlag zum Jetzt hervor: Der junge belgische Künstler Antoine Roegiers hat sich Bruegels "Sieben Todsünden" angenommen und diese in sieben Videoanimationen übersetzt. Im direkten Gegenspiel mit den Kupferstichen erweckt Roegiers hier die surreale Bilderwelt Bruegels zum Leben, während er für ein großformatiges Werk die Landschaften der "Sieben Todsünden" zusammenfasst, jedoch befreit von den Figuren. Ein Eingriff, der laut Schröder "zur Geschichte der Albertina passt und die Ausstellung reflektiert und ironisch unterläuft".
Erolgreich in die nächsten zehn Jahre "Albertina neu"
Neben der Farbgebung und Ausstellungsarchitektur, mit der man "bewusst keiner Regel" folgen wollte, sondern Abwechslung groß schreibt, trägt auch die reduzierte Beleuchtung zum mehr als gelungenen Gesamteindruck bei. "Diese Zeichnungen kann man ja wie Gemälde inszenieren", meinte Metzger gegenüber der APA. Angesichts solcher Schätze im eigenen Haus verwundert es nicht, wenn Schröder zehn Jahre nach der Wiedereröffnung der Albertina von einem "neues Standing" sprach. "Wir können krisenfest in die Zukunft blicken."
Info
Die Ausstellung "Bosch Bruegel Rubens Rembrandt. Meisterwerke der Albertina" läuft noch bis 30. Juni in der Basteihalle der Albertina. Alle Informationen dazu erhalten Sie unter www.albertina.at.