Seefestspiele Mörbisch
Anatevka liegt am Neusiedlersee
12.06.2014
Proben für das beliebte Musical "Anatevka" haben auf der Seebühne begonnen.
Wenn Milchmann Tevje im Musical "Anatevka" sein Haus im gleichnamigen Dorf verlässt, findet er sich dieser Tage auf der Seebühne in Mörbisch wieder. Am Ufer des Neusiedler Sees wird schon seit einer Woche in der Kulisse für die am 10. Juli stattfindende Premiere geprobt.
Berührend und witzig
Nach dem Bühnenbild von Walter Vogelweider ist in Mörbisch das kleine, ukrainische Schtetl Anatevka entstanden, in dem man das Jahr 1905 schreibt. Im Zentrum stehen fünf bewegliche Holzhäuser, seitlich begrenzt von einer Militär- und einer Polizeikaserne als düsteren Vorboten der Revolution im russischen Zarenreich. Im Musical finden die drei älteren von Tevjes fünf Töchtern - gegen den Willen ihres Vaters und den Rat der Heiratsvermittlerin Jente - ihre Liebsten, was dem traditionsbewussten Tevje zunächst Kopfzerbrechen bereitet. Im Zuge der Pogrome im zaristischen Russland müssen die Juden schließlich Anatevka verlassen und wandern nach Amerika aus.
Kein neuer Kontext
Im Musical, das ja in der Ukraine spielt, direkt an gegenwärtige Ereignisse in der Ukraine anzuknüpfen, sei nicht beabsichtigt: Menschen, die sich damit befassten, könnten sich diese Frage selbst beantworten, meint Regisseur Karl Absenger: "Sie haben auch hier die Tragik des Überfalls" - die Hochzeitsgesellschaft in Anatevka wird von Soldaten überfallen - es gebe das Problem des Pogroms und der Vertreibung: "Wir können hier in diesem Fall nur eine Botschaft senden, und das ist die: die Hoffnung auf die Zukunft. Was Anatevka für mich bedeutet, ist ganz einfach nicht aufzugeben - das ist das Allerwichtigste - und in der Hoffnung eine neue Zukunft zu finden, alles zu überwinden, was einem im Wege steht."
Wie er den Tevje anlegt? "Er ist von allem etwas, er ist auch Philosoph", erzählt Gerhard Ernst. Tevje, der Milchmann, sei "in seiner Tradition ein sehr gefestigter Mann, er springt zweimal über seinen Schatten, wie die ersten beiden Töchter sich verheiraten." Als seine Lieblingstochter einen Goi - einen Nichtjuden - heiratet, verkrafte dies der der Tradition verpflichtete Tevje nicht: "Er ist da auch hart, auch wenn er daran zerbricht."