Das große Interview über ihre Pläne, die Liebe und die Charity-Aktionen.
In Wien sang Anna Netrebko mit Lebenspartner Erwin Schrott Opernarien und Tangohits. Morgen steht sie mit Rossinis Stabat Mater und am 15. 8. als Tschaikowskys Iolanta in Salzburg im Rampenlicht. Das große Interview über ihre Pläne, die Liebe, das Restaurant und die Charity-Aktionen.
ÖSTERREICH: Erst kürzlich sind Sie mit Erwin Schrott auf dem Balkon des Hauses für Mozart erschienen. Und die Menge jubelte Ihnen zu. Schätzen Sie die Bäder in der Menge?
Anna Netrebko: Das ist Spaß … Zu Beginn meiner Kariere hat mir das Angst gemacht. Aber später lernt man, damit umzugehen. Ich muss da einfach raus … (lacht). Aber diese Popularität genießen Opernsänger nur hierzulande, in Salzburg, in Wien … Das ist erstaunlich, das ist lustig!
ÖSTERREICH: Am 15. August singen Sie in Salzburg „Iolanta“ und nächstes Jahr – zu Alexander Pereiras Start – „La Bohème“. Reizt es Sie, die Mimi wieder zu singen? Oder ist das nur noch Routine?
Netrebko: Na ja, diese Rolle ist eine der – ich würde sagen … leichtesten. Sie ist leicht zu singen, leicht zu spielen. Weil sie so natürlich ist. Ich muss mich da nicht sonderlich bemühen. Es macht einfach Spaß …
ÖSTERREICH: … und wenn Sie der Regisseur zu besonderen Mühen zwingt?
Netrebko: Das wäre doch gut! Ich bin für neue Dinge immer offen.
ÖSTERREICH: Gestern sangen Sie mit Erwin Schrott in der Wiener Stadthalle. Worin besteht für Sie die Herausforderung, in Hallen zu singen?
Netrebko: Normalerweise sind diese Konzerte Open Airs. Und es sollte auch in Wien ein Open Air sein. Aber offenbar gab es da Probleme mit der Location, deshalb waren wir in der Stadthalle … Normalerweise sind das große Sommer-Fest-Konzerte, mit netter Musik von verschiedensten Komponisten – aber immer mit einem seriösen Opernprogramm! Das macht Freude, und deshalb werden wir weitermachen!
ÖSTERREICH: Apropos Wien: Gibt es Neuigkeiten hinsichtlich Ihrer Restaurant-Pläne?
Netrebko: Es passiert, aber wir wissen noch nicht wann, da wir beide – Erwin und ich – zurzeit sehr beschäftigt sind. Dieses Projekt ist spannend, wir sind glücklich damit, und wir freuen uns darauf, es zu realisieren. Denn jedes Projekt, in das wir Zeit und Liebe investieren, wird wahr. Wie auch die Foundation, die wir heuer im Sommer noch starten …
ÖSTERREICH: … erzählen Sie uns davon …
Netrebko: Wir planen eine Menge Charity-Aktionen. Das ist für uns neben der Oper das Allerwichtigste. Als wir begriffen haben, was wir in dieser Hinsicht alles tun können, wollten wir es auch tun! Aber: Wir wollen genau wissen, wohin das Geld fließt. Wir haben Projekte in Österreich, Deutschland, Russland und Uruguay.
ÖSTERREICH: Sie helfen vor allem Kindern?
Netrebko: Vor allem Kindern. Wobei wir im Besonderen jene Spitäler unterstützen, die sich auf die Erforschung besonders schwerer Krankheiten spezialisiert haben. Ich habe ja schon längere Zeit Kontakt zu einem Spital in St. Petersburg, das sich auf Operationen an der Wirbelsäule und am Herzen konzentriert … Das ist uns – Erwin und mir – ausgesprochen wichtig.
ÖSTERREICH: Würde es Sie auch interessieren, junge Sänger zu unterstützen?
Netrebko: (lacht) … also bitte, ich bin selber noch jung!
ÖSTERREICH: In 40 Jahren …
Netrebko: (lacht) Ich weiß nicht, vielleicht bin ich dann eine alte, grantige Diva, die alle Newcomer hasst …! Nein, im Ernst, es ist immer toll, neue Talente zu erleben. Und, natürlich, wenn ich wo helfen kann, dann werde ich das tun. Vielleicht werde ich ja einmal eine Opernregisseurin?! Oder eine Kostümbildnerin – ja, das wäre etwas für mich!
ÖSTERREICH: Sie scheinen glücklich zu sein mit Erwin Schrott …
Netrebko: Ja! … Ich möchte jetzt nicht so daherreden: „Ah, er ist wunderbar! Er ist so großartig!“ Das ist mir zu cheesy! Deshalb fallen meine Kommentare etwas trockener aus … Aber, ja, ich bin glücklich! Ich bin glücklich, dass wir zusammen arbeiten. Er leistet eine ganze Menge. Ich leiste eine ganze Menge. Das Leben meint es gut mit uns. Und wir haben eine ganze Menge gemeinsamer Interessen. Die Charity-Aktionen, aber auch gemeinsame sängerische Projekte, was gut ist!
Nachtkritik - Netrebko, Schrott und Kaufmann in der Wiener Stadthalle >>>
Netrebko, Schrott und Kaufmann in der fast ausverkauften Wr. Stadthalle - Nachtkritik
(c) AP
Vor dem Gipfeltreffen kam der Produzent Peter Schwenkow auf die Bühne und berichtete von einer Panne: Das Programmheft wurde von der deutschen Spedition an die Wiener Spedition geliefert; diese schloss die Heftchen aber weg und ging auf Urlaub. Der guten Stimmung tat dies keinen Abbruch. Im Gegenteil: Erwin Schrott sagte augenzwinkernd vorher an, was er eingangs zu singen gedachte. Fast jeder in der beinahe ausverkauften Stadthalle hätte den „Opernhit“ erkannt: Leporellos Registerarie aus Don Giovanni. Es folgte Anna Netrebko, gut aufgelegt winkend, mit ihrer Leib-Arie aus Madama Butterfly. Der freundlich wirkende Jonas Kaufmann hatte zum melodiösen Auftakt La Gioconde gewählt. Die seriöse Fröhlichkeit der Show entwickelte sich zur sittsamen Ausgelassenheit, als Erwin Schrott auch Tangos sang. An die bisweilen fauchenden Mikros und blitzenden Hobbyfotografen hat man sich schnell gewöhnt.