Kaum zu glauben, aber wahr: Puccinis populäre Oper La Bohème wurde bisher bei den Salzburger Festspielen noch nie gezeigt. Schuld ist unter anderem ein Puccini-Verbot, das seinerzeit Ex-Intendant Gerard Mortier („das ist schlechte Musik“) ausgesprochen hat. Grund genug für den neuen Festspiel-Chef Alexander Pereira, zu seinem Einstand mit La Bohème zu punkten. Und zwar nicht irgendwie, sondern gleich mit der denkbar besten Besetzung und in einer hyper-radikalen Inszenierung.
„La Bohème“ im Milieu der Punker & Junkies Gestern war Premiere samt Übertragung im ORF mit Anna Netrebko als todkranker, unsterblich verliebter Mimì. Regisseur Damiano Michieletto siedelte die eigentlich im Paris des 19. Jahrhunderts spielende bittersüße Lovestory im heutigen Punker- und Junkie-Milieu jugendlicher Aussteiger an.
Während etwa Robert Dornhelms Bohème-Verfilmung mit Netrebko (2008) recht altbacken und plüschig wirkte, ist die Salzburger Mimì für die russische Operndiva eine echte „Herausforderung“: „Als 40-Jährige ein Punk-Girl zu spielen“, sei kein Kinderspiel. Sie habe größtes Augenmerk darauf gelegt, dass die Rolle „nicht peinlich wird“.
Netrebko als Mimì: Reinster Wohlklang
Zum ersten Mal in der Geschichte der Salzburger Festspiele kommt Giacomo Puccinis beliebteste Oper La Bohème, die herzzerreißende Liebesgeschichte Rodolfos und Mimìs, zur Aufführung im Großen Festspielhaus. Puccinis Oper erzählt von vier jungen Männern – Komponist, Maler, Philosoph und Dichter –, die im Pariser Quartier Latin der 1840er-Jahre in Armut leben und die Liebe lieben.
Magnet Publikumsmagnet der aktuellen Festspiel-Inszenierung ist die russische Primadonna Anna Netrebko als arme Näherin Mimì, die mit 20 Jahren an Schwindsucht stirbt. Diese Rolle liegt ihr viel mehr als die Salzburger Traviata von 2005, für deren heikle Koloraturen im ersten Akt ihr Sopran nicht beweglich genug war. Netrebko besitzt keine schnelle Attacke, sie „sitzt“ die Töne quasi aus, das Gefühlige ist ihre Sache, nicht die jubelnde Virtuosität.
Perfekt Wie schon in Robert Dornhelms Bohème-Verfilmung zu hören, verströmt Netrebko als Mimì ihr samtiges Timbre, abgedunkelt durch eine minimal gutturale Färbung. Damit erzielt sie reinsten Wohlklang. Ihr „Traumpartner“ ist allerdings nicht mehr, wie noch im Bohème-Film, Rolando Villazón, sondern der lyrische Tenor Piotr Beczala. Die Performance des Polen als Rodolfo ist schönstimmig und hochmusikalisch – einfach perfekt.
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