"Das Gschäft mit dem Tod"

Artensterben: NHM sieht dem Tod ins Auge

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Schau thematisiert "größte Verluste von Biodiversität in der Erdgeschichte".

Es sei "keine angenehme Ausstellung", warnte Reinhard Golebiowski vom Naturhistorischen Museum (NHM) vor der neuen Schau seines Haues. Unter dem Titel "Das Geschäft mit dem Tod - Das letzte Artensterben?" thematisiert sie einen der "größten Verluste von Biodiversität in der Erdgeschichte", so NHM-Chef Christian Köberl. Tatsächlich ist der Tod allgegenwärtig in der ab 23. Oktober geöffneten, Ausstellung. Sei es mit schockierenden Filmen, etwa von volksfestähnlichen Veranstaltungen, bei denen Klapperschlangen bei lebendigem Leib gehäutet werden. Oder mit stillen - ausgestopften - Zeugen längst oder jüngst ausgestorbener Arten.

Große Massensterben als Thema 

Mehrmals habe es in der Erdgeschichte bereits große Massensterben gegeben, bei denen bis zu 90 Prozent aller Pflanzen- und Tierarten verschwunden sind, betonte Köberl. Sie alle seien auf geologische Veränderungen zurückzuführen, etwa vulkanische Aktivitäten oder einen Asteroideneinschlag. Im Gegensatz dazu sei das derzeitige Artensterben vor allem vom Menschen verursacht, jede Stunde sterben zwei bis drei Arten aus, teilweise noch bevor sie entdeckt würden. "Wir möchten mit der Schau den Menschen einen Spiegel vorhalten. Es ist unsere Verantwortung, vernünftig mit unserem Planeten umzugehen", sagte der NHM-Direktor am Dienstag bei der Presseführung der in Kooperation mit der Umweltschutzorganisation WWF konzipierten Schau.

WWF unterstützt Schau
Die Biodiversität habe seit 1970 um 30 Prozent abgenommen, betonte Beate Striebel vom WWF - eine abstrakte Zahl, die sie mit Beispielen veranschaulichte: Für jedes Kilo Scholle oder Seezunge gehen 15 Kilo Beifang ins Netz, der einfach weggeworfen werde. Der Tiger, von dem es weltweit nur mehr geschätzte 3.200 Individuen gibt, habe bereits 93 Prozent seines Lebensraums verloren. Und die Wilderei rangiere mit einem wirtschaftlichen Gesamtvolumen von mehreren Mrd. Euro an vierter Stelle hinter dem Handel mit Drogen, Menschen und gefälschten Produkten.

Tod als Geschäftsfeld
Dieses Geschäft mit dem Tod bekommt auch der österreichische Zoll hautnah mit, wie Hans-Georg Kramer, Sektionschef für Steuer- und Zollverwaltung im Finanzministerium veranschaulichte. Der klassische Tourist, der aus Unwissenheit mit einer Koralle oder einem Lederprodukt am Flughafen Wien aufgegriffen und empfindlich gestraft werde, sei da noch relativ einfach. Schwieriger sei die überhandnehmende organisierte Kriminalität mit geschützten Arten - was angesichts von Schwarzmarktwerten etwa von 50.000 Dollar (36.584,47 Euro) für ein Kilo Nashorn-Pulver oder 15.000 Euro für ein Papageien-Ei kein Wunder ist. Hier sei es notwendig, die Sensibilität zu erhöhen und durch drastische Strafen viel präventiver vorzugehen, weshalb es im Herbst auch einen runden Tisch mit dem Justizministerium geben werde, so Kramer.

Sechs Aspekte des Artensterbens
In der Schau selbst werden in sechs Stationen verschiedene Aspekte des Artensterbens thematisiert. Diese reichen von der gezielten Ausrottung etwa über die Jagd und den Verlust von Lebensräumen über den "Tödlichen Luxus" wie Elfenbein oder exotische Tiere bis zur maßlosen Ausbeutung der Meere und zum Klimawandel. Dabei wird nicht nur unwiederbringlicher Verlust angesprochen, etwa die Ausrottung der Wandertaube, die mit geschätzten fünf Milliarden Individuen einstmals häufigste Vogelart der Welt, deren letztes Exemplar 1914 gestorben ist. Es gibt auch Erfolgsgeschichten des Artenschutzes etwa beim Bison, von dem es - einst auf 1.000 Stück dezimiert - durch strenge Schutzmaßnahmen wieder rund 300.000 Tiere gibt, oder Österreichs Wappenvogel, dem Seeadler, der hierzulande schon ausgerottet war und von dem es nach Wiederansiedlung nun erneut 150 Individuen gibt.

Ausstellung als Einstellungsänderung
Trotz dieser Lichtblicke sei dies ein Thema, das "extrem frustriert", sagte Getrude Schaller vom NHM, und man wolle nicht, dass die Besucher die Ausstellung mit der Einstellung verlassen, gar nichts davon wissen zu wollen, weil man ohnedies nichts dagegen machen könne. Deshalb haben die Ausstellungsmacher versucht, immer wieder Beispiele zu zeigen, wie man sein Konsumverhalten verändern kann, um die Biodiversität zu bewahren. Und so wird man ganz am Ende der Schau u.a. gefragt, ob man bereit ist, auf seine Lieblings-Knabberei zu verzichten, wenn man unter den Inhaltsstoffen Palmöl entdeckt. Denn für die riesigen Palmöl-Plantagen - mit 54 Mio. Tonnen ist Palmöl das am meisten produzierte Pflanzenöl - wird Regenwald gerodet und Lebensraum zerstört.

Info

Sonderausstellung des Naturhistorischen Museums Wien in Kooperation mit dem WWF: "Das Geschäft mit dem Tod - Das letzte Artensterben?" vom 23. Oktober bis 21. April 2014, begleitet von umfangreichem Vermittlungs- und Vortragsprogramm, www.nhm-wien.ac.at




 

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