Bill brilliert als Hitler-Karikatur, stellt aber Inszenierung in den Schatten.
Die Redensart stimmt bedingt: Wer wagt, gewinnt. Im Fall von Michael Schottenbergs Inszenierung von Bertolt Brechts Parabel "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" war es ein Wagnis, Maria Bill als den an Hitler gemahnenden Gangsterboss zu besetzen. Sie hat gewonnen. Der Volkstheaterdirektor hingegen hat verloren, nämlich den Blick aufs große Ganze. So schrill Bill auch ist, die Handlung staubt.
Mehr Theatermuseum als Aufklärungsunterreicht
Dunkle Gassen, sehr viel Nebel und männliche Schatten mit Hut. So, wie sich die Bühne des Volkstheaters bei der Premiere präsentiert, als der Vorhang hochgeht, auf den eben noch der Vorspann projiziert wurde, macht allzu schnell klar: Der "Arturo Ui", der hier folgt, ist ein Theater gewordener Film noir ohne jeglichen Verweis auf eine Gegenwart, in der sich die Zuschauer im realen Leben befinden. Und so wähnt man sich im Laufe der zweieinhalb Stunden mehr im Theatermuseum denn im Aufklärungsunterricht.
Stück nach Brechts Tod uraufgeführt
Bert Brecht selbst nannte seinen "Ui", der zwar schon 1941 geschrieben wurde, aber erst nach dem Tod des Autors 1958 zur Uraufführung kam, einen "Versuch, der kapitalistischen Welt den Aufstieg Hitlers dadurch zu erklären, dass er in ein ihr vertrautes Milieu versetzt wurde". Nun, das damalige Milieu in Chicago mag durchaus noch von Gangsterbossen wie Al Capone geprägt gewesen sein und die im Stück beschriebene Absatzkrise des Karfiolgeschäfts mag als plausible Folie für die Struktur von Machtergreifung in Krisenzeiten gedient haben. In Zeiten, wo der Karfiol den faulen Krediten gewichen ist, verkommt die Handlung in den dunklen Gassen jedoch zur Karikatur.
Arturo Ui, Hitlers Karikatur
Dabei ist es ja Arturo Ui selbst, der eine Karikatur Hitlers darstellt und Maria Bill legt - durchaus eindrucksvoll und mit schier unmenschlichem Körpereinsatz - noch ordentlich was drauf. Ihre Darstellung eines fahrigen, von Ticks geplagten, zutiefst infantilen wie zugleich herzlosen Diktators zieht die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sie hat nicht nur Hitler selbst, sondern auch Chaplin und Bruno Ganz studiert und ihren ganz eigenen Diktator geschaffen. Dass man sich kaum vorstellen kann, wie dieses Rumpelstilzchen einzelne Menschen (und später Massen) derart in seinen Bann ziehen konnte, ist ein bewusster Schachzug.
Konfuse Inszenierung
Was bei all dem Fokus auf den Gangsterboss, der sich das Karfiolgeschäft schnell unter den Nagel reißt und die Szene bald durch Psychoterror und blanke Gewalt fest im Griff hat, allerdings untergeht, ist jene Dynamik, die einen derartigen (aufhaltsamen) Aufstieg erst ermöglicht. Schottenbergs Figuren werden zu Beginn bewusst als leblose Sprechpuppen etabliert, die ihre gestelzten Verse direkt ins Publikum sagen. Gepaart mit vielen Strichen im Textbuch und dem schnellen Szenenwechsel dank der Drehbühne (Hans Kudlich), die am Ende doch immer nur wahlweise dunkle Gassen, dunkle Garagen oder dunkle Wohnungen zeigt, verliert Brechts Text an Volumen. Das übrig gebliebene Skelett ist brüchig, ein paar Sehnen, an denen sich das Publikum an der Handlung festhalten kann, hätten nicht geschadet.
Neben Bill zu bestehen, scheint schwer
Und so bleiben Patrick O. Beck als Uis Leutnant Ernesto Roma oder Jan Sabo als Gangster Manuele Giri über weite Strecken farb- und motivationslos. Dass Thomas Kamper, Alexander Lhotzky oder Ronald Kuste keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, liegt an der radikalen Personalreduktion dieser Inszenierung, in der die Schauspieler in wechselnden Rollen an ihrer Verwechselbarkeit scheitern. Einzig Rainer Frieb gelingt es, als spät von der Moral abgefallener Greis Dogsborough einen glaubwürdigen Gegenspieler für Arturo Ui abzugeben. Nicht mehr als diffuses Personal bleiben Hanna Binder als weitgehend wortlose Dockdaisy und Matthias Mamedof als junger Dogsborough.
Fazit
Zum Finale darf Inge Maux als frisch gebackene Witwe Betty Dullfeet in einer quälenden Vergewaltigungsszene mit Maria Bill den einzigen Widerstand des Abends bieten, was ihr mit starkem Auftritt gelingt. Auch Günter Franzmeier als abgehalfterter Schauspieler Mahonney, der dem jungen Hitler/Capone/Ui das Gehen, Stehen und Reden beibringen soll, kann gegen die Übermacht der Maria Bill bestehen und hält den diffusen Abend am Ende als Ansager, der bei Brecht eigentlich zu Beginn auftritt und das Publikum auf den Inhalt des Stücks einstimmt, ein wenig zusammen. Nach zweieinhalb Stunden war das Publikum hörbar ausgelaugt. Der Versuch, Maria Bills kongenial umgesetztem, aber schwer zu folgendem Hitler-Sprachduktus den ganzen Abend über aufmerksam zu lauschen, ist anstrengend. Das gedankliche Brückenbauen über inhaltliche Lücken in der Handlung nicht minder. Und so plätscherte der Applaus für diesen eh brav inszenierten Brecht-Noir endenwollend dahin, einzig Maria Bill durfte sich ihre verdienten Bravos abholen.
(Von Sonja Harter/APA)
Info
"Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertolt Brecht im Volkstheater. Regie: Michael Schottenberg. Mit u.a. Maria Bill, Günter Franzmeier und Rainer Frieb. Weitere Vorstellungen: 26. und 28. Februar sowie 11., 18., 26., 30. und 31. März. Infos unter www.volkstheater.at
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Die Wiener Albertina wirft ein Schlaglicht auf ihre Entstehung und ihre Gründungseltern: "Zwischen Dürer und Napoleon" heißt die neue Ausstellung enormen Ausmaßes, mit der man nicht dem kunsthistorischen Kontext der einzelnen Werke nachspürt, sondern Herzog Albert und seiner Zeit. Dabei ist seit Jahren erstmals mit Albrecht Dürers "Feldhase" das "Wappentier" des Hauses wieder öffentlich zu sehen. Die Ausstellung läuft vom 14. März bis 29. Juni.
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Sie mögen Oper nicht, weil Sie sie für altmodisch halten? Dann auf ins Theater an der Wien! Jean-Philippe Rameaus barockes Gesamtkunstwerk "Platee" mutiert dort in der Regie von Robert Carsen zum poppigen Videoclip. Das mitreißende Ergebnis bombardiert fulminant alle Sinne wie ein Film von Baz Luhrmann. Am Ende stand bei der Premiere am 17. Februar zu Recht tosender Applaus für alle Beteiligten.
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"Zuviel Theater!", denkt man sich nach den ersten Minuten des "Quartett"-Spiels im Theater in der Josefstadt. Heiner Müllers strenges Endspiel der Liebe, das den Briefroman "Gefährliche Liebschaften" in eine variantenreiche und zynische Abrechnung mit bürgerlichen Moralvorstellungen überführt, wirkt in der Regie von Hans Neuenfels zunächst allzu betulich. Doch der Abend hält manche Wendung parat. Das Stück wird noch bis zum 19. Februar in der Josefstadt aufgeführt.
© APA
"Eine endlose Geschichte von Schmerz, Blut und Liebe" sei die Familiengeschichte der Truebas, heißt es in Isabel Allendes Roman "Das Geisterhaus" immer wieder. In der von Regisseur Antu Romero Nunes und Dramaturg Florian Hirsch erstellten Bühnenfassung, die am 30. Jänner Akademietheater uraufgeführt wurde, wird jedoch mit Leidenschaften und Gefühlen lange gespart. (Weitere Termine: 31.1., 4., 14., 19., 27., 28.2, Info www.burgtheater.at)
© Bernd Ertl, 2014
Einen pazifistischen Kontrapunkt setzt das Karikaturmuseum Krems dem allgemeinen Gedenken zum Ersten Weltkrieg entgegen. Am Samstagvormittag (25. Jänner) hat Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) die von Museumsdirektor Gottfried Gusenbauer im Ironimuskabinett des Hauses zusammengestellte Schau "Zeichnen für den Frieden. Die Friedenstaube in der Karikatur" eröffnet. Die Schau läuf bis Jänner 2014 in Krems.
© Herbert Schulze
Am 21. Jänner ist es endlich soweit! Wir bringen die größten ABBA Hits in die Wiener Stadthalle, denn das weltweit grassierende ABBA-Fieber ist ansteckender als je zuvor. Mit "A tribute to ABBA - ABBA the Show" lebt das Pop-Phänomen ABBA anb sofort in der Wiener Stadthalle live auf der Bühne weiter.
© René Burri / Magnum Photos
Das berühmte Foto, das Che Guevara mit Zigarre zeigt, ist von ihm. Er hat auch Alberto Giacometti, Le Corbusier oder Yves Klein in ihren Ateliers fotografiert und war mit Picasso beim Stierkampf. Der Schweizer Rene Burri hat den schwarz-weißen Blick auf das 20. Jahrhundert mitgeprägt. Dass der 80-Jährige ein Doppelleben geführt hat, zeigt nun eine Ausstellung in der Wiener Fotogalerie OstLicht. Bis 15. März kann man die einducksvollen Fotos besichtigen.
© APA/HERBERT NEUBAUER
170 Jahre hat es gedauert, bis Giuseppe Verdis Frühwerk "I due Foscari" erstmals in Wien szenisch zu erleben war. Am 15. Jänner hat sich nun das Theater an der Wien getraut und dieses Leidensstück auf die Bühne gebracht - mit Placido Domingo in der Titelpartie. Am Ende stand eine solide, wenn auch nicht berückende Gesamtleistung und die Erkenntnis, dass Verdis Libretti über die Jahre besser wurden. Weitere Aufführungen finden 20., 23., 25. (an diesem Tag wird Domingo von Louis Otey ersetzt) und 27 Jänner statt.
© Lupi Spuma
Nach dem Roman von Thomas Bernhard in einer Bühnenfassung von Krystian Lupa. Premiere am 10. Jänner.
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Die junge Autorin Vea Kaiser dramatisiert im Rabenhof die berühmte griechische "Argonauten"-Sage "Für Helden und die, die es noch werden wollen, ab 11 Jahren". Premiere am 12. Jänner..
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Dirigent Daniel Barenboim beim Neujahrskonzert 2014 der Wiener Philharmoniker am Montag, 1. Jänner 2014 im Wiener Musikverein.