"Accident" begeisternd, "Tetsuo the Bullet Man" enttäuschend
Eine große Affinität zu Asien hat den Direktor der Filmfestspiele von Venedig, Marco Müller, in den vergangenen Jahren ausgezeichnet. Heuer hielt er sich mit Beiträgen aus dem bevölkerungsreichsten Erdteil jedoch zurück: Zwar ist die Retrospektive dem großen japanischen Filmemacher Akira Kurosawa gewidmet, und der Jury sitzt heuer der in Taiwan geborene Oscar-Preisträger Ang Lee vor. Doch im Wettbewerb sind nur vier von 24 Filmen asiatischen Ursprungs, und während die Johnny-To-Produktion "Yi ngoi" (Accident) von Cheang Pou-Soi viele Kritiker zurecht schwärmen ließ, war "Tetsuo the Bullet Man" von Japans Kultregisseur Shinya Tsukamoto doch eine herbe Enttäuschung.
Zuschauer gingen in Scharen aus dem Kinosaal
Tsukamotos dritter
Teil seiner vor 20 Jahren begonnenen und schnell Kultstatus erlangt habenden
"Tetsuo"-Reihe wurde von Fans lange erwartet, jagte die Zuschauer aber in
Scharen aus dem Kinosaal. Erstmals in englischer Sprache gedreht, blieben
die holprigen retardierenden Dialoge nicht das einzige Problem des
Comic-basierten Sequels. Die Story stellt Anthony (Eric Bossick) als weißen,
in Tokio aufgewachsenen Vater in den Mittelpunkt, dessen Sohn mutwillig von
einem Auto überfahren wird und der sich dadurch vom Mann zur Maschine
verwandelt. Doch sowohl die altmodischen Special Effects, die manches Mal
wohl an David Lynch erinnern sollen, als auch die haarsträubende Story
lassen einen unbefriedigt und fast verärgert zurück.
"Accident" von Cheang Pou-Soi war spektakulär
Eine
der positivsten Erscheinungen im heurigen Wettbewerb bisher war dafür
"Accident" von Cheang Pou-Soi: Der Film beginnt spektakulär, ein bisschen
wie "Final Fantasy", nur ohne die metaphysische Ebene bemühen zu müssen. Für
den ungewöhnlichen Todesfall ist hier nämlich nicht der Tod, sondern eine
Spezialistentruppe für als Unfälle getarnte Morde verantwortlich. Als jedoch
bei der Erledigung eines Auftrags einer der eigenen Leute umkommt, wittert
der perfektionistische Anführer eine Verschwörung. Was folgt, ist ein
paranoides, beklemmendes Meisterwerk, das an Coppolas grandiosen Film "The
Conversation" erinnern mag. Der Hongkong-chinesische Regisseur Cheang
Pou-Soi bestritt in Venedig dagegen jeglichen Zusammenhang.
Im Wettbewerb von Venedig sind auch "Lei wangzi" (Prince of Tears) von Yonfan (China/Taiwan/Hongkong) sowie "Ahasin Wetei" (Between Two Worlds) von Vimukhti Jayasundara (Sri Lanka) am Start. Als Abschlussfilm des Festivals am 12. September wird in der Reihe "Fuori Concorso" zudem noch "Chengdu, wo ai ni" (Chengdu, I Love You) von Fruit Chan und Jian Cui zu sehen sein.