Die Säulen im Hauptraum der Secession sind jetzt wieder verchromt.
Nach 20 Jahren in weiß sind die Säulen im Hauptraum der Secession wieder verchromt. Dafür gesorgt hat der Schweizer Kurator Moritz Küng, der mit der Gruppenausstellung "Die fünfte Säule" (von 9.9. bis 20.11.) die Saison des Hauses eröffnet - um es dabei mit seiner Baugeschichte selbst in den Mittelpunkt zu rücken. "Der Umstand des Negierens eines architektonischen Elements hat mich neugierig gemacht", erzählte er heute, Mittwoch, bei einem Pressegespräch.
Krischanitz ' verchromte wieder "auferstanden"
Denn die von Adolf Krischanitz beim Secessions-Umbau 1986 verchromten Säulen des Hauptraumes wurden schon bald danach im Sinne eines White Cube neutralisiert. Zunächst verkleidete man sie, 1991 wurden sie schließlich weiß gestrichen. "Sie wurden von den Künstlern wohl als zu präsent empfunden", vermutet Küng. Er ließ sie restaurieren und wählte mit den Künstlern Luz Broto, Peter Downsbrough, Dora Garcia, Guillaume Leblon, Joelle Tuerlinckx, Cerith Wyn Evans und Heimo Zobernig eine Gruppe, die sich an die neuen alten Gegebenheiten anschmiegen würde.
Baugeschichte im Mittelpunkt komplizierte Querverweise
Entstanden ist ein kompliziertes Netz von Querverweisen. So bezieht sich Heimo Zobernig nicht nur auf eine eigene frühere Ausstellung in der Secession, sondern auch auf seinen ehemaligen Auftrag, das Corporate Design des Hauses zu gestalten - mit dem vom Vorstand nicht gewährten Wunsch, das "c" durch ein "z" zu ersetzen, eine Weiter-Referenz zu Friedrich Kiesler. Guillaume Leblon verweist mit seinen schmutzigen, schlampig in den Raum geworfenen Teppichfragmenten auf ein historisches Foto, das während eines Ausstellungsumbaus in der Secession gemacht wurde. Margherita Spiluttini hat für die Einladungskarte eine eigene alte schwarz-weiß Aufnahme aus 1986 (mit verchromten Säulen) mit einer heutigen zu einem fiktiven Treffen aus Vergangenheit und Gegenwart vereint.
Riesiges Spiegel-Mobile von Cerith Wyn Evans
Aber nicht alle Arbeiten erfordern ein lexikalisches Wissen über Geschichte und Geschichten der Secession. Die beherrschende Installation von Cerith Wyn Evans, der heuer auch den Eisernen Vorhang der Staatsoper gestaltet hat, setzt stattdessen auf Spiegeleffekte: Ein zentral gesetztes, riesiges Mobile mit 16 verchromten Scheiben bricht den Blick durch den Raum immer wieder, dazu ist ein irritierend zufälliger Remix verschiedener Musikstücke zu hören. An den Wänden prangen Dora Garcias Sinnsprüche aus Blattgold - etwa "Die Zukunft muss gefährlich sein" - als "Gegenthese" zum Secessions-Motto "Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit".
Nahezu unsichtbare Interventionen von Joelle Tuerlinckx und Luz Broto
Dass der Raum weiß und auch das eine künstlerische Intervention ist, merkt man da schon gar nicht mehr (Joelle Tuerlinckx hat in der Galerie im Untergeschoß auch einen grauen, silbernen und bräunlichen Raum ausgemalt) - und nur je nach Witterung könnte einem auffallen, dass auch die Temperatur durch Künstlerhand ging (Luz Broto lässt die Temperatur des Raums an die Außentemperatur anpassen). Er interessiere sich schon lange für "unsichtbare Ausstellungen", in denen "Exponat und Architektur eins werden", erklärte Küng. Der Secession ist es also ein weiteres Mal gelungen, sich selbst auszustellen.
- "Die fünfte Säule", mit Luz Broto, Peter Downsbrough, Dora Garcia, Guillaume Leblon, Joelle Tuerlinckx, Cerith Wyn Evans und Heimo Zobernig, Adolf Krischanitz, Margherita Spiluttini. Kurator: Moritz Küng. Von 9. September bis 20. November in der Wiener Secession, Ausstellungsgespräch mit Ferdinand Schmatz am 9. September, 18 Uhr. Di bis So 10 bis 18 Uhr)