Boaaah! Treffender konnten die Besucher ihre Empfindungen kaum ausdrücken, während sie sich von Schauspielern, Sängern, Musikern, Tänzern, Puppen und Projektionen verzaubern ließen. Den Salzburger Festspielen ist das Experiment einer großen Kinderproduktion vollends geglückt, die international gefeierte Londoner Truppe Theatre-Rites ist mit ihrem spektakulären Stück "Mojo" bei der Premiere gestern, Donnerstag, Abend auf der Halleiner Perner-Insel von Kindern und Erwachsenen tosend bejubelt worden.
Zu Beginn durchdringen ein blau leuchtender Querbalken und zwei Längsbalken die völlige Dunkelheit der Bühne. Sie werden sich bald zu einem magischen Tor weiten, durch das der virtuose brasilianische Percussionist Adriano Adewale die restlichen Mitglieder des zehnköpfigen Ensembles auf die Bühne trommelt. Seine Rhythmen und die Songs von Leo Altarelli sind ein treibender Motor der Produktion, ebenso die Projektionen, die sich auf wundersame Weise in plastische Realität verwandeln.
Erzählt wird das Heranwachsen der Puppe Betty vom kleinen Mädchen zur Pubertierenden. Diese Ich-Werdung zieht sich wie ein roter Faden durch die knapp 80 Minuten Spieldauer, doch die von unzähligen feinen Details getragenen Episoden wirken auch für sich und halten vor allem das junge Zielpublikum bei der Stange. Der Theaterleiterin Sue Buckmaster und ihren Akteuren sind höchst kreative Lösungen eingefallen, für die sie mehr und mehr die ganze Bühne zu nutzen beginnen. Eine Schrägfläche und eine zweite, ebenfalls von Leuchtbalken umrahmte Ebene dienen immer wieder der Transformation von Projektionen in Reales, von geometrischen Objekten zu komplexen Figuren. Peter Mumford hat nicht nur ein Bühnenbild geschaffen, das in seiner Reduktion stark an die Bauhaus-Ästhetik erinnert, sondern auch die ausgefeilte Farb-Licht-Regie, die all die Stimmungs- und Handlungswechsel optisch nachzeichnet.
Vieles davon hat der kleine Besucher möglicherweise auch im Theateralltag bereits gesehen, die Salzburger Festspiele ermöglichen der Truppe die Erweiterung dieser Magie auf das große Format. Alles wirkt größer und eindrucksvoller, ohne dass die unmittelbare Wirkung von gutem Kindertheater verloren geht. So sprießen Trichter aus dem Boden, formen sich zu einem unheimlichen riesigen Spinnen-Käfer-Wesen, das die Akteure bedrohlich einschließt. Doch wie ein kindlicher Albtraum löst sich das Insekt unvermittelt ins Nichts auf - treffender kann man die große Illusion der Kunstform Theater nicht darstellen.
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