Seit zwei Jahren ist Franz Welser-Möst Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, wo er Mozart, Richard Strauss oder Janacek dirigiert hat, aber auf die Meisterwerke von Giuseppe Verdi hat er bisher verzichtet. Am Samstag leitete er seine erste Verdi-Premiere im Haus am Ring: Don Carlo.
Von sieben Don Carlo-Versionen wählte Welser-Möst die populärste: die kompakte, direkte, musikalisch perfekte vieraktige Mailänder Fassung von 1884, als Gegenentwurf zur fünfstündigen, fünfaktigen französischen Urfassung von 1867, die in Peter Konwitschnys sensationeller Regie ebenfalls in Wien zu begutachten ist.
Fortissimo Welser-Möst ließ das Staatsopernorchester laut und schnell spielen, mit kontrastreichem, geschärftem Klang, was zu Divergenzen mit den Solisten und dem Chor führte. Den ersten Akt peitschte er effektvoll im Fortissimo durch, wodurch er des Öfteren die Sänger zudeckte.
Der mexikanische Tenor Ramón Vargas war ein kraftvoller, lyrischer Infant mit forcierten Spitzentönen. Als nobler Posa bestach der englische Bariton Simon Keenlyside (in einem scheußlichen Robin-Hood-Kostüm) mit Stimmschönheit und perfekter Phrasierung. Der deutsche Bass René Pape war ein souveräner, ein wenig steifer König. Krassimira Stoyanova war eine himmlische Elisabeth.
Die wenig inspirierte, statische Inszenierung von Daniele Abbado spielt in einer doppelten Blackbox. Personenführung fand nicht statt; der einzige Sänger, der wirklich gut spielte, war Simon Keenlyside als Posa. Trotzdem: hundertprozentige Zustimmung des Publikums, Bravos für alle.
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