Hartmann begeistert - Minichmayr als Lulu, Wuttke als Platonow.
"Den sensationellsten Spielplan, den man sich nur vorstellen kann", stellte Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann am Freitag, 7.Mai für seine zweite Burgtheater-Saison in Wien vor. "Der schönste, aber auch modernste Spielplan", den er je gemacht habe, umfasst u.a. fünf Uraufführungen, mit Option auf eine sechste: Neben neuen Stücken von Botho Strauß und Franzobel sowie neuen Projekten von Christoph Schlingensief, Jan Lauwers und dem Nature Theater of Oklahoma besteht auch Hoffnung darauf, dass Yasmina Reza mit ihrem neuen Stück rechtzeitig für die Saison 2010/11 fertig wird.
Auslastungssteigerung
Hartmann bedankte sich für die "gute, sehr
schöne, aber auch kontroversielle Aufnahme", die er bei Publikum und Presse
in seiner ersten Saison erfahren habe. Man habe die Auslastungszahlen
"nochmals um fast zehn Prozent" auf "fast 90 Prozent" steigern können. "Das
ist einzigartig im deutschsprachigen Kulturraum." Doch man sei nicht umhin
gekommen, die Kartenpreise um ein bis drei Euro zu erhöhen. "Der finanzielle
Druck ist größer geworden, überall, wir spüren das auch." Dies ermögliche
nun jedoch eine ausgeglichene Bilanzierung. Auch mit seinen Opern-Kollegen
Dominique und Robert Meyer habe er sich "sehr fair" über das Budget
auseinandersetzen können. "Wir haben festgestellt, dass wir ein
interessantes Team sind, und haben ein gutes Auskommen miteinander."
Leckerbissen
Als besondere schauspielerische Leckerbissen gibt es
in der kommenden Spielzeit u.a. Birgit
Minichmayr als Lulu (Jan Bosse inszeniert das Wedekind-Stück), Martin
Wuttke als Platonow (in der Regie von Alvis Hermanis) und als Protagonist
von "Die Kunst der Unterhaltung: Needcompany spielt den Tod von Martin
Wuttke" sowie Joachim Meyerhoff als Malvolio ("Was ihr wollt") und
Schnitzlers "Professor Bernhardi" (Dieter Giesing inszeniert) zu sehen.
Zeitenwende
Hartmann, der schon lange den Eindruck hat, "in einer
Zeitenwende zu leben" ("wie im Alten Rom") und seine Arbeit an Tolstois
"Krieg und Frieden" "eine unbeschreibliche, existenzielle Erfahrung für uns"
nannte, versucht sich mit "Was ihr wollt" noch einmal selbst an William
Shakespeare: "Ich war ja in der Vergangenheit nicht der erfolgreichste
Shakespeare-Regisseur und muss es mir noch einmal geben." Davor probt er
Schillers "Der Parasit", um ihn als Silvester-Premiere im Burgtheater
herauszubringen. Zusammen mit der Spielzeit-Eröffnung mit Racines "Phädra"
(mit Sunnyi Melles), die zuvor bei den Salzburger Festspielen zu sehen ist,
und der Botho-Strauß-Uraufführung "Das blinde Geschehen" (Hartmann: "Ein
Stück mit einem Cyber-Guru, eine Revue, ein Laboratorium der merkwürdigsten
Begegnungen") ergibt das vier Inszenierungen des Direktors. Das
Family-Business ergänzt die Erstaufführung von Neil LaButes "lieber schön"
durch Hartmanns Gattin Alexandra Liedtke sowie das Kindertheater-Projekt
"Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker" seiner Schwester Annette Raffalt.
Höhepunkte
Weitere Höhepunkte der kommenden Spielzeit:
Michael Thalheimer inszeniert Brechts "Die heilige Johanna der
Schlachthöfe", Roland Schimmelpfennig sein Stück "Peggy Pickit sieht das
Gesicht Gottes" (er schreibt auch ein weiteres Stück für das Burgtheater).
Andrea Breth "hat nach der Zeit der Dunkelheit auf der Bühne wieder mehr
Lust auf Licht bekommen" und inszeniert im Februar im Akademietheater "Die
ganz begreifliche Angst vor Schlägen" von Georges Courteline und Pierre
Cami. Franzobels "Zweite Luft oder Das Drama des Hans Orsolics" kommt nun in
der Regie von Niklaus Helbling im Kasino zur Uraufführung, der Belgier
Michael Laub macht in "Burgporträts" das Haus und sein Ensemble zum
Protagonisten, und schließlich wird Christoph Schlingensief kurz vor seiner
Bespielung des Deutschen Pavillons auf der Kunstbiennale Venedig unter
Einbeziehung des Burg-Ensembles "hier schon mal vorarbeiten", wie Hartmann
meinte.