Verdacht auf Urkunden- und Bilanzfälschung, Geldwäsche und Untreue.
Eine erste rechtliche Prüfung des dem Aufsichtsrat vorgelegten Endberichts in der Untersuchung der Vorwürfe gegen die entlassene Vizedirektorin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, hat u.a. den Verdacht auf Urkunden-, Beweismittel- und Bilanzfälschung, Geldwäsche sowie Untreue ergeben. Man werde den Bericht der Staatsanwaltschaft übermitteln, hieß es bei einer Pressekonferenz.
7 bis 8 Mio Euro Schaden
Die Vorwürfe des von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorgelegten forensischen Untersuchungsberichts gegen die ehemalige Kaufmännische Geschäftsführerin seien umfangreich, sagte Aufsichtsratsvorsitzender und Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer und wiederholte seine Formulierung, Stantejsky habe "dolose Handlungen" begangen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass durch das Verschulden der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführung ein Schaden von 7 bis 8 Mio. Euro entstanden sei.
Es sei unabdingbar, dass die Ermittlungsbehörden, bei denen auch eine anonyme Anzeige gegen Stantejsky eingegangen ist, tätig würden. Auch der Rechnungshof, dessen angekündigte Prüfung man ausdrücklich begrüßt, erhält eine Kopie des Berichts samt Sachverhaltsdarstellung.
"Ja, ich bin für das mitverantwortlich. Das ist überhaupt keine Frage", sagte Springer. Seit man jedoch am 11. November 2013 im Rahmen eines Erstentwurfs eines Gebarungsprüfungsberichts auf Ungereimtheiten aufmerksam gemacht worden sei, habe man gehandelt.
Hartmann ist "Ätsch-Bätsch-Spiel leid"
Direktor Matthias Hartmann wies jede Verantwortung von sich. Er habe mit seiner Unterschrift die künstlerische, nicht die kaufmännische Verantwortung übernommen. "Ich bin dieses Ätsch-Bätsch-Spiel leid", ärgerte sich Hartmann. Vielmehr sei von künstlerischer Seite alles geschehen, um die Zahlen zu verbessern. "Das Gerücht der hohen Produktionskosten stimmt nicht", so der Direktor, der das Bilanzminus ohne die künstlerischen Erfolge doppelt so hoch ansetzen würde. "Das Burgtheater muss für diese Leistung gewürdigt werden." Er habe an allen Stellschrauben gedreht, die ihm zugänglich seien. "Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand."
Vorwürfe bestätigt
Die bereits im Zwischenbericht enthaltenen Vorwürfe gegen die ehemalige Kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, wegen finanzieller Malversationen wurden im am Donnerstag präsentierten forensischen Untersuchungsbericht bestätigt. Die kaufmännische Direktion sei von Stantejsky "sehr zentralisiert gesteuert und wie eine Containerorganisation geführt" worden, heißt es.
Intransparentes Umfeld
"Frau Stantejsky hat ein intransparentes Umfeld geschaffen, welches es unmöglich machte, ein wirksames Internes Kontrollsystem einzurichten", heißt es in dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Sie habe ein System der Abschottung aufgebaut, in dem nur sie über maßgebliche Informationen und Dokumente verfügt habe. Sie habe Bilanzfälschungen begangen und ein System vorgetäuschter Liquidität aufgebaut, in dem die Kassa das zentrale Instrument gewesen sei.
"Diese Vorgehensweise widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung", so der Bericht, der bei einer Pressekonferenz von Burgtheater-Aufsichtsratspräsident Georg Springer am Donnerstagnachmittag in Auszügen der Presse übergeben wurde. In den unterjährigen Finanzberichten sei so die finanzielle Situation falsch widergegeben worden.
Hohe Einzahlungen verschleiern finanzielle Lage
Offenbar hatte das Burgtheater bei der BAWAG/PSK über einen Kreditrahmen verfügt, der mit 31. August 2011 7,5 Mio. Euro betragen habe, mit der Vorgabe, diesen jährlich um 750.000 Euro zu reduzieren. "Diese Vorgaben wurden auch zum jeweiligen Stichtag eingehalten", heißt es im Prüfbericht, der detailliert nachzeichnet, wie Stantejsky dies erreichte: Durch hohe Einzahlungen unmittelbar vor dem jeweiligen Bilanzstichtag am 31. August habe Stantejsky Geldmittel zugeführt, um die wahre finanzielle Lage des Hauses zu verschleiern.
2011 betrug die Summe der Einzahlungen in den drei Tagen vor dem Stichtag 70.743 Euro, 2012 183.728 Euro und 2013 54.409 Euro. Ob Stantejsky dabei auf eigene Mittel oder ihr treuhändisch zur Vermögensverwaltung übergebene Mittel von Dritten (wie Ensemblemitgliedern) zurückgegriffen habe, sei bisher nicht schlüssig geklärt, so die Prüfer, die anmerken, die gleichzeitige Wahrnehmung von Interessen als Geschäftsführerin des Burgtheaters sowie der Vermögensverwalterin von Dienstnehmern sei "äußerst kritisch zu betrachten". Die in den Folgemonaten wieder erfolgten Mittelentnahmen seien "durch gefälschte Belege und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen" erfolgt.
Bei zahlreichen durchgeführten Akontozahlungen habe die entsprechende Vertragsgrundlage nicht nachvollzogen werden können, da Verträge nicht auffindbar gewesen seien.